Bernhard Kempen

Europarecht


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Erweiterungen der Gemeinschaft die bis heute geltende Höchstmitgliederzahl von 350 vorgegeben. Entsprechend Art. 263 Abs. 1 EGV bestand der AdR aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die entweder ein auf Wahlen beruhendes Mandat in einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sind.

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      Im Vertrag von Lissabon sind die Regelungen zum AdR in Art. 13 Abs. 4 EUV, Art. 300 und Art. 305–307 AEUV überführt worden. Anders als in den Vorfassungen ist die Zahl der Mitglieder aus den jeweiligen Mitgliedstaaten gem. Art. 305 UAbs. 2 AEUV mittlerweile nicht mehr Gegenstand des → Primärrechts. Sie wird vielmehr durch Beschluss des → Rates (Ministerrates) festgelegt. Die Formulierung zur Zusammensetzung des AdR in Art. 300 Abs. 3 AEUV ist gegenüber der Fassung des Art. 263 Abs. 1 EGV hingegen unverändert.

      AAusschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › III. Aufgaben und Befugnisse

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      Der AdR hat vornehmlich die Aufgabe, die Interessen der gewählten Vertretungen in den Mitgliedstaaten zur Geltung zu bringen, insbesondere i.R.d. Rechtsetzungsprozesses der Union (→ Rechtsetzungsverfahren). Er hat dabei rein beratende Funktion. Sein zentrales Instrument ist die Stellungnahme gem. Art. 288 UAbs. 5 AEUV (→ Empfehlungen/Stellungnahmen). Stellungnahmen sind ihrem Wesen nach nicht verbindlich. Ist in den Verträgen aber die Stellungnahme des AdR obligatorisch vorgesehen, so ist ein Rechtsakt nichtig, wenn er ohne eine Aufforderung zur Stellungnahme an den AdR ergeht.

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      Der AEUV sieht an verschiedenen Stellen obligatorische Stellungnahmen des AdR vor. Obligatorische Stellungnahmerechte sind enthalten in:

      Art. 91 Abs. 1, Art. 100 Abs. 2 (Verkehrspolitik); Art. 148 Abs. 2 S. 1, Art. 149 UAbs. 1 (Beschäftigungspolitik); Art. 153 Abs. 2 UAbs. 2 (Sozialpolitik); Art. 164 (Europäischer Sozialfonds); Art. 165 Abs. 4, 1. Spstr., Art. 166 Abs. 4 (Bildungspolitik); Art. 167 Abs. 5, 1. Spstr. (Kulturpolitik); Art. 168 Abs. 4 S. 1, Art. 168 Abs. 5 (Gesundheitspolitik); Art. 169 Abs. 3 (Verbraucherschutz); Art. 172 UAbs. 1 (Transeuropäische Netze); Art. 175 UAbs. 3, Art. 177 UAbs. 1 S. 1 und 2, UAbs. 2, Art. 178 UAbs. 1 (Kohäsionspolitik); Art. 192 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2, Abs. 3 S. 1 (Umweltpolitik); Art. 194 Abs. 2 UAbs. 1 S. 2 (Energiepolitik).

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      Der AdR darf obligatorische Stellungnahmen gem. Art. 304 UAbs. 1 S. 1 AEUV nicht verweigern. Dies folgt aus der beratenden Funktion des AdR, wie sie in Art. 13 Abs. 4 EUV angelegt ist, sowie aus dem Grundsatz der Organtreue (→ Organkompetenzen). Allerdings führt eine verweigerte Stellungnahme nicht zur Nichtigkeit des betreffenden Rechtsaktes.

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      Der AdR kann daneben gem. Art. 307 UAbs. 1 AEUV fakultativ zu Stellungnahmen aufgefordert werden; hier wird ihm ein Ermessen für die Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Daneben wird der AdR gem. Art. 307 UAbs. 3 AEUV in allen Fällen, in denen der WSA gem. Art. 304 AEUV gehört wird, hiervon in Kenntnis gesetzt und kann seinerseits eine Stellungname abgeben, sofern er regionale Interessen betroffen sieht.

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      Art. 307 UAbs. 2 AEUV sieht für obligatorische wie für fakultative Stellungnahmen ein Recht zur Fristsetzung vor. Die Frist kann durch das → Europäischen Parlament, vom Rat und von der → Europäischen Kommission gesetzt werden. Die Mindestdauer der Frist beträgt einen Monat. Gibt der AdR die Stellungnahme nicht innerhalb der – abhängig vom Umfang der Sache angemessen zu setzenden – Frist ab, kann die Stellungnahme unberücksichtigt bleiben, weshalb dann wiederum keine Nichtigkeit des Rechtsaktes eintritt. Ist für die Abgabe einer – obligatorischen oder fakultativen – Stellungnahme eine Frist gesetzt, muss das Organ, das zur Abgabe der Stellungnahme aufgefordert hat, diese Frist abwarten.

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      Der AdR kann Stellungnahmen im Anwendungsbereich der Unionsverträge gem. Art. 307 UAbs. 4 AEUV auch initiativ abgeben. Die Initiativstellungnahmen sind Ausdruck des Selbstbefassungsrechts des AdR nach Art. 307 UAbs. 5 AEUV, das alle Themen betrifft, die in den Aufgabenbereich der Europäischen Union fallen.

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      Neben den Stellungnahmen kann der AdR in Entschließungen seine Ansicht zu aktuellen Fragestellungen der Union darlegen, sowie Studien zu Themen mit regionalem Bezug veröffentlichen.

      AAusschuss der Regionen (Heinz-Joachim Pabst) › IV. Zusammensetzung

IV. Zusammensetzung

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      Der AdR besteht gem. Art. 305 UAbs. 1 AEUV aus höchstens 350 Mitgliedern. Die Verteilung der Mitglieder nach den Mitgliedstaaten erfolgt grundsätzlich nach Bevölkerungszahlen, folgt dabei aber – noch weitergehend, als dies im Europäischen Parlament der Fall ist – dem Grundsatz degressiver Proportionalität, wonach die relativ größeren Staaten eine gemessen an ihrer Bevölkerungszahl relativ geringere Mitgliederzahl entsenden dürfen.

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      Die Höchstmitgliederzahl wurde wegen des Beitritts Kroatiens (2013) kurzfristig um drei Sitze überschritten; zu den zu diesem Zeitpunkt vergebenen 344 Sitzen kamen neun Sitze zugunsten Kroatiens hinzu.

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      Der Verteilungsschlüssel beruht gem. Art. 305 UAbs. 2 AEUV auf einem Beschluss des Rates. Dieser ist für die Amtsperiode von 2015 bis 2020 am 14.12.2014 (Beschluss über die Zusammensetzung des Ausschusses der Regionen [B 2014/930/EU]) ergangen. Zur Verteilung der Sitze der aktuellen Amtsperiode des AdR s. die Webpräsenz des AdR (http://cor.europa.eu/de/Pages/home.aspx).

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      Die Ernennung der Mitglieder erfolgt durch den Rat. Dieser nimmt dazu eine gemäß den Vorschlägen der Mitgliedstaaten erstellte Liste von Mitgliedern sowie einer gleich großen Zahl von Stellvertretern an.

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      Die Mitgliedstaaten müssen sich bei der Ausübung ihres Vorschlagsrechts i.R.d. Vorgaben des Art. 300 Abs. 3 AEUV bewegen. Sie müssen also sicherstellen, dass es sich