Bernhard Kempen

Europarecht


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Beitrag zur Abwendung oder Eindämmung von Systemrisiken für die Finanzstabilität in der Union leisten (Art. 3 Abs. 1 VO [EU] 1092/2010). Dem Verwaltungsrat des ESRB gehören als stimmberechtigte Mitglieder der Präsident und der Vizepräsident der EZB, die Präsidenten der nationalen Zentralbanken, ein Kommissionsmitglied, die Vorsitzenden der drei Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA, der Vorsitzende und die stellvertretenden Vorsitzenden des Beratenden Wissenschaftlichen Ausschusses aus 15 Sachverständigen (ASC) und der Vorsitzende des Beratenden Fachausschusses an (Art. 6 Abs. 1 VO [EU] 1092/2010). Bestandteile des ESFS sind schließlich noch die einschlägigen Behörden bzw. Aufsichtsbehörden der verschiedenen Mitgliedstaaten (vgl. Art. 1 Abs. 3 Buchst. f) VO [EU] 1092/2010).

      620

      

      Die einzelnen Elemente des ESFS wurden auf Grundlage von Art. 114 AEUV (s. Rn. 609) gegründet. Zu den Aufgaben der verschiedenen Einrichtungen zählt insbesondere die Normkonkretisierung durch Mitarbeit an qualitativ hochwertigen gemeinsamen Regulierungs- und Aufsichtsstandards (wozu insbesondere auch technische Regulierungs- und Durchführungsstandards gehören, vgl. etwa Art. 8 Abs. 1 Buchst. a) VO [EU] 1095/2010) und ein Beitrag zur kohärenten Anwendung des einschlägigen EU-Rechts durch die Schaffung einer gemeinsamen Aufsichtskultur (vgl. etwa Art. 8 Abs. 1 Buchst. b) VO [EU] 1095/2010). Um ihre Aufgaben ausführen zu können, wurden den Einrichtungen verschiedene konkrete Befugnisse übertragen, die in bestimmten Einzelfällen auch den Erlass konkreter Beschlüsse gegenüber Behörden und sogar gegenüber einzelnen Finanzmarktteilnehmern umfassen können (vgl. etwa Art. 8 Abs. 2 Buchst. e) und f) VO [EU] 1095/2010). Eine in der Öffentlichkeit viel beachtete konkrete Befugnis etwa der EBA ist, in Abstimmung mit dem ESRB die Durchführung von Stresstests für Finanzinstitute (insbesondere Banken) zu veranlassen und zu koordinieren, um die Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten und die von diesen ausgehenden Systemrisiken gegenüber ungünstigen Marktentwicklungen beurteilen zu können (Art. 32 i.V.m. 23 VO [EU] 1093/2010).

      E › Empfehlungen und Stellungnahmen (Daniela Schroeder)

      I.Allgemeines621, 622

      II.Rechtsnatur623 – 627

       1.Empfehlung624 – 626

       2.Stellungnahme627

      III.Zuständigkeit für den Erlass628, 629

      IV.Adressaten630

      V.Merkmale631 – 636

       1.Rechtliche Unverbindlichkeit632

       2.Rechtliche Relevanz633 – 636

      Lit.:

      A. Arnull, The Legal Status of Recommendations, in: ELR 1990, 318; J. E. Dickschen, Empfehlungen und Leitlinien als Handlungsform der Europäischen Finanzaufsichtsbehörden, 2017; W. Frenz, Handbuch Europarecht, Band 5, 2010, 439; Ch.-A. Morand, Les recommandations, les résolutions, et les avis du droit communautaire, in: CDE 1970, 623; M. Zahlbruckner, Die Empfehlung im EWG-Vertrag – Rechtswirkung und Kontrolle durch den EuGH, in: JBl 1993, 345; s. a. die Literatur zum Begriff → Rechtsakte.

      EEmpfehlungen und Stellungnahmen (Daniela Schroeder) › I. Allgemeines

      621

      Empfehlungen und Stellungnahmen sind → Rechtsakte, die sowohl im Bereich des außenwirksamen Handelns als auch im Bereich der Binnenorganisation der Union zum Einsatz kommen. Sie werden in Art. 288 UAbs. 5 AEUV in Bezug auf ihre Wirkungen dahingehend beschrieben, dass sie nicht verbindlich sind. Als nicht verbindliche Handlungsformen haben die Empfehlung und Stellungnahme gleichwohl eine erhebliche praktische Relevanz in der Union.

      622

      Wie für alle Rechtsakte der Union gilt der → Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung prinzipiell auch für die Empfehlung und Stellungnahme. Der Erlass einer Empfehlung oder Stellungnahme kommt hiernach nur in Betracht, wenn und soweit die Union die Verbandskompetenz und dasjenige Unionsorgan, das die Empfehlung oder Stellungnahme erlassen möchte, die Organkompetenz nach Maßgabe des → Primärrechts hat. Etwas Abweichendes gilt allerdings für den → Rat (Ministerrat) und die → Europäische Kommission. Gem. Art. 292 S. 1 bzw. S. 4 AEUV können der Rat und die Kommission – unabhängig von einer konkreten Ermächtigungsgrundlage – jederzeit Empfehlungen abgeben.

      EEmpfehlungen und Stellungnahmen (Daniela Schroeder) › II. Rechtsnatur

      623

      Als unverbindliche Handlungsformen haben die Empfehlung und Stellungnahme keine rechtliche Bindungswirkung. Sie entfalten aber eine politische oder psychologische Wirkung.

      624

      Die Empfehlung wird von einem Unionsorgan (→ Organe und Einrichtungen) aus eigenem Entschluss erlassen. Dies erfolgt prinzipiell nach Maßgabe einer entsprechenden Ermächtigungsvorschrift im Primärrecht; Kommission und Rat können allerdings aus eigener Initiative auch ohne eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage Empfehlungen abgeben (s. Rn. 622).

      625

      Die Empfehlung dient in erster Linie dem Zweck, einen bestimmten Vorgang zu beurteilen und dem Adressaten der Empfehlung ein bestimmtes Verhalten nahezulegen, ohne ihn aber rechtlich zu binden.

      626