David Goliath

The Outlaw


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de Fierro. Haben Sie von dem Unglück gehört?« Er inspizierte die Einschusslöcher, die die Sonnenstrahlen ungefiltert hereinbaten.

      »Ja«, spuckte Sherman Mayor, »meine Emma ist weg und Paradise City hat ein Banditenproblem. Wenn Sie meinen Engel nicht als blinden Passagier aufgegriffen oder diese Gaulgauner überfahren haben, wüsste ich nicht, was Sie hier suchen.« Seine verächtlichen Blicke trafen vor allem die beiden Gefährten.

      »Nein, ich meinte das Zugunglück etwa 50 Meilen östlich von hier«, verbesserte Jeffrey Steam verhandlungssicher.

      »Was reden Sie da?«, meckerte Sherman Mayor.

      »Schauen Sie aus dem Fenster«, zeigte Jeffrey Steam zu selbigem.

      Der Bürgermeister, der City Marshal, der Deputy und der Prediger kamen dem nach.

      »Um Gottes willen!«, hauchte Godfrey Parson beim Anblick der vielen fremden Neuankömmlinge und des dunklen Rauches, der sich zum Himmel hin wulstig auffächerte und in den höheren Sphären allmählich verblasste.

      »Paiute?«, fragte Ed Five aufgeschreckt. Seine Hand langte automatisch an den Revolver im Holster, auch wenn kein Gefecht bevorstand.

      »Nein. Ein Zug der Pacific Salt Lake Railroad Company auf dem Weg nach Sacramento. Er wurde überfallen und in Brand gesteckt«, erklärte Jeffrey Steam nasal. »Die Gleise sind blockiert. Die nördliche Ost-West-Verbindung ist dadurch gekappt. Ein enormer Wettbewerbsnachteil gegenüber der South Western Railway Limited weiter im Süden, die sich nicht mit den White Horses herumschlagen muss.«

      »Die White Horses?« Ed Fives Gesicht gefror.

      »Unsinn!«, winkte Sherman Mayor ab. »Die Gleise sind außerhalb von Whiteland.«

      City Marshal und Deputy City Marshal schauten ihn entsetzt an. »Allein die Verwendung dieses Begriffs ist verboten«, sagte Ed Five.

      Sherman Mayor öffnete die Hände. »Welchen Namen soll ich sonst verwenden? Doppel-U-Tal? Schweinebucht oder Bienenstock?«

      »Reiten Sie sich lieber nicht noch weiter rein, Bürgermeister«, warnte Ed Five und nickte zu den leeren Zellen: »Für Sie haben wir immer einen Platz frei.«

      »Ist Ihnen der fehlende Nachschub an Whiskey noch nicht aufgefallen?«, fragte Jeffrey Steam. »Ein Teil der Ladung war für«, er suchte wieder nach dem Namen dieser unbedeutenden Stadt.

      »Paradise City«, half Fred Gamble erneut.

      »Hier gedacht. Jetzt schmilzt das Zeug Zug und Schienen und wird uns um Tage zurückwerfen.«

      »Und Sie sind hier, um uns zu sagen, dass wir unsere Waren wieder selbst abholen sollen?«, brummte Sherman Mayor. »Mit meinen Bisons vor den Kutschen.« Seine Hände rieben aneinander.

      »Nein, ich bin hier, um die Strecke zu sichern«, widersprach Jeffrey Steam.

      »Mit welcher Armee?«, fragte Ed Five kritisch.

      Jeffrey Steams Daumen zeigten auf seine beiden Begleiter. »Ich hoffe auf Ihre Gastfreundschaft und Unterstützung.«

      »Wie sollen wir unterstützen?«, gellte Sherman Mayor.

      »Lassen Sie uns in Ruhe arbeiten. Wir benötigen freien Zugang zu allen wichtigen Geschäften und könnten ein paar Lasttiere gebrauchen.«

      Sherman Mayor taxierte den Neger und den Mexikaner. »Ich kann Ihnen hundert Lasttiere anbieten, aber für Ihren Coon und Ihren Bohnenfresser werden wir hier die Gesetze nicht ändern.«

      Ed Five stimmte dem mimisch zu.

      Jeffrey Steam lächelte siegessicher. »Und was ist mit den hundert Chinesen, die bald hier eintreffen, um die Strecke frei zu räumen und instand zu setzen?«

      »Gesetz ist Gesetz«, schmetterte Ed Five durch seinen Schnauzbart ab.

      Der Scout trat einen Schritt heran. »Dann eröffnen wir unsere eigenen Geschäfte.«

      »Nur zu«, wedelte Sherman Mayor mit dem Arm und zeigte herabwürdigend hinter sich, wo in Wurfweite die Second Street dahingammelte. »In der Second Street gibt es ein paar leere Häuser. Dort können Sie Ihre Räucherhöhlen reinpacken, oder sie gleich im Dead Creek vergraben.«

      Ed Five sah zum Bürgermeister – schockiert. »Unsere Gesetze gelten auch auf der anderen Straßenseite«, sagte er ungerichtet in den Raum, obwohl er das gern dem Ortsvorsteher direkt an den Kopf geknallt hätte.

      »Und wenn wir den Saloon nicht Saloon nennen, sondern«, Jeffrey Steam überlegte.

      »Stall«, warf Fred Gamble ein.

      Porter Point verkniff sich ein Gurgeln. Godfrey Parson sprach heimlich zum Herrgott. Ed Five verschluckte sich an seinem Speichel. Sherman Mayor lachte, wodurch John erwachte.

      »Meinetwegen«, jauchzte der Bürgermeister.

      »Keine Waffen auf der Straße und Probleme müsst ihr selbst lösen«, ergänzte Ed Five.

      »In Ordnung«, schlug Jeffrey Steam ohne Handschlag ein. »Sie werden uns weder sehen noch hören, und irgendwann fahren unsere Züge wieder vorbei an diesem weißen Fleck und unsere … Ställe … werden aus dem Schlamm herausragen.«

      Jeffrey Steam und Gefolge gingen.

      »Zur Hölle, was war das denn?«, fragte Porter Point, als die Fremden gegangen waren.

      Godfrey Parson sah ihn wegen des Ausdrucks wirsch an.

      »Fliegen, die Scheiße riechen«, zeterte Ed Five. Er widmete sich John und zeigte hinaus zum schwarzen Rauch, meilenweit weg: »Weißt du was darüber?«

      John schüttelte den Kopf.

      Der City Marshal gab seinem Deputy ein Signal, woraufhin dieser John von den Handschellen befreite.

      »Bring ihn raus hier«, schickte Ed Five Claire Taylor samt John hinaus.

      Sie stützte den Verletzten und nahm seine Waffe beim Gehen mit.

      »Sollte Ihr neuer Deputy nicht hierbleiben?«, frotzelte Sherman Mayor.

      »Noch entscheide ich, wer hier Deputy ist, und wer nicht«, konterte Ed Five.

      »Und die Verurteilung?«, wollte Godfrey Parson erzürnt wissen.

      »Aufgeschoben«, winkte Sherman Mayor zufrieden ab.

      Ed Five winkte nur ab.

      Grantig verließ Godfrey Parson das Büro noch vor Claire Taylor, die mit dem hinkenden John kaum Yards machte. Beim Passieren von John flüsterte der Prediger lateinische Flüche, eindeutig gegen ihn gerichtet.

      Nach einem schweren Gang über die First Street erreichten Claire Taylor und John das Textilgeschäft. Sofort brachte sie ihn nach hinten, um ihn erneut zu versorgen. Die Wunde war wieder aufgerissen. Tinktur und Kauterisation folgten.

      »Idiot!«, schimpfte sie.

      John sah sie stumm an.

      »Du wärst da drüben fast verreckt.«

      »Danke«, stöhnte er.

      »Dank nicht mir, dank Porter. Er holte mich, als sie dich gegenüber der Kirche fanden. Frag mich nicht, warum er das tat. Vielleicht wollte er heute nur einen Toten begraben.«

      Sie pflegte ihn eine Weile, ohne ein Wort zu sagen.

      »Hast du Sam gesehen?«, fragte sie schließlich.

      »Sam?«, spielte John den Unwissenden.

      Claire Taylor schnaufte laut aus. »Onkel Sam.«

      John mimte weiter den Dummen.

      Sie ballte die Fäuste und knurrte: »Sam White.«

      »Bei der Kirche. Ein Whiteman? Carl nennt ihn Onkel?« John hatte Probleme, zu sprechen, aber er tat es trotzdem. Heiser. Leise. Langsam.

      »Ich