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Über das Buch
Wenn der Tod vorbeikommt und vergisst, Bescheid zu sagen, sich hinter der Wohnungstür Müllberge türmen und die Mäuse auf dem Tisch tanzen, ist guter Rat teuer. Die Autorin Agnes Christofferson berichtet vom Alltag eines Tatortreinigers. In dem skurrilen Job putzt sie dem Tod hinterher, entrümpelt Messiewohnungen und beseitigt Spuren von Verbrechen. Dabei erhascht sie einen Blick auf die Schattenseite unserer Gesellschaft und menschliche Abgründe. Mit einer Prise schwarzem Humor und Charme schildert sie die eigentlich tragischen Erlebnisse aus dem Berufsalltag.
Über die Autorin
Agnes Christofferson, geboren 1976 in Deutsch Eylau, Polen, lebt seit ihrem 12. Lebensjahr in Deutschland. Sie ist verheiratet und zweifache Mutter. Seit 2008 ist sie als Autorin tätig und hat bereits mehrere Romane veröffentlicht. Sie arbeitete unter anderem auch als Tatortreinigerin. „Leichen im Keller, Maden im Speck und die Mäuse tanzen auf dem Tisch“ ist ihr erstes Buch über den Bereich Crime Scene. Sie lebt mit Ehemann, Kindern und zwei Hunden in Bochum, Nordrhein-Westfalen.
Leichen im Keller, Maden im Speck, und die Mäuse tanzen auf dem Tisch
Das Buch enthält mitunter detaillierte Einblicke aus dem Alltag eines Tatortreinigers und kann auf zartbesaitete Gemüter verstörend wirken.
Alle Namen sowie einige Details wurden geändert, um die Anonymität aller beteiligten Personen zu gewährleisten. Etwaige Ähnlichkeiten mit Lebenden und Verstorbenen sind deshalb rein zufällig und nicht beabsichtigt. Alles andere entspricht so weit der Wahrheit. Versprochen.
„Nehmen Sie meinen Arm. Halten Sie sich gut fest. Wir werden eine Reihe dunkler Orte besuchen.“
Stephen King
Vorwort
Das Leben ist manchmal eine launische Bitch mit miesem Humor, zumindest meiner Meinung nach. Womöglich kommt es mir nur so vor, weil die meisten Leute ein Happy End erwarten. Sie bekommen zwar ein Ende, aber es ist eben nicht immer so happy, wie sie denken. Aber versteht mich nicht falsch. Ich will das Leben jetzt nicht schwarzmalen. Manchmal ist es eben nur ein wenig grau.
Hallo.
Ich bin Agnes Christofferson. Angenehm. Ich bin 45 Jahre alt, zweifache Mutter und Autorin. Ich war bereits Autorin, bevor ich mich unter die Tatortreiniger mischte. Das hier ist allerdings das erste Buch, das ich über Dinge aus dem wahren Leben und über reale Personen schreibe. Ich werde mich langsam vortasten und mich bemühen, die interessantesten Fälle aufzuschreiben. Und ich werde versuchen, es auch noch halbwegs spannend zu machen.
Natürlich habe ich mir die Frage gestellt, warum ich mich überhaupt hinsetze und dieses Buch schreibe. Ich könnte jetzt sagen, wegen Geld und Ruhm, aber das ist natürlich Quatsch. Der Job als Tatortreinigerin war eine der lehrreichsten und interessantesten Erfahrungen meines Lebens. Man bekommt einfach eine ganz andere Sicht auf die Dinge, die man für ganz normal hielt, weil sie eigentlich ganz normal sind. Der Tod offenbart allerhand Kurioses, Trauriges und enthüllt Schattenseiten unserer Gesellschaft, die für die breite Masse unbemerkt bleiben. Ich habe Dinge gesehen, die ich lieber nicht gesehen hätte. Aber so ist es in diesem Job. Hier tun sich Abgründe auf.
Der Tod bringt einen auch ins Grübeln, und man denkt schon mal darüber nach, was man in seinem Leben alles vermasselt, verpasst hat oder gar besser hätte machen können. Mittlerweile habe ich eine To-do-Liste mit Dingen, die ich noch machen möchte, bevor ich tot umfalle.
Oh, und eine wichtige Sache habe ich als Tatortreinigerin gelernt: Menschen können richtige Ferkel sein.
Nichts für ungut. Das ist jedoch eine Tatsache.
Ich schüttele Menschen grundsätzlich nicht gern die Hand. Warum? Nicht, weil ich etwa eine Macke habe, sondern weil ich vorsichtig bin. Ich weiß einfach nicht, wo die Hand vorher gewesen ist und was die dort so gemacht hat. Und nachdem ich gesehen habe, was ich gesehen habe, behalte ich meine Hände gern noch einmal mehr in der Hosentasche. Während ich das Buch schreibe, befinden wir uns in der Coronapandemie. Pandemien finde ich natürlich nicht toll, doch eine Sache gefällt mir an der Gesamtsituation: Super, dass in Zeiten wie diesen alle zwangsläufig auf das Händeschütteln verzichten. Ehrlich. Für mich kann das nach der Pandemie ruhig so weitergehen. Ein nettes Lächeln hat bekanntlich noch keinen mit einer potenziell tödlichen Krankheit angesteckt.
Und abgesehen vom Händeschütteln habe ich auch den größten Respekt vor öffentlichen Toiletten und Hotelzimmern, weil ich eben weiß, was die Leute so treiben, wenn man nicht hinschaut. Sie ferkeln herum. Und zwar ungeniert. Die meisten Leute glauben ja, dass Tatortreiniger dem Tod hinterherputzen. Das stimmt nur bedingt. Tatortreiniger räumen auch dem Leben hinterher, und zwar öfter, als man glaubt. Auch das Leben hinterlässt wirklich eklige Spuren. Dabei spreche ich jetzt nicht nur von Messiewohnungen, Hausbesetzern oder Teenagern. So war ich mitunter im Knast im Einsatz. Der Renner dort waren mit Blut und Fäkalien verschmierte Zellen, weil ein Häftling kurz durchdrehte, sich langweilte oder den Wärtern eins auswischen wollte. Nicht wirklich kreativ, aber effektiv. Man schrubbt schon ein Weilchen an so einer kotverschmierten Wand.
Natürlich legt der Tod eine Schippe drauf. Wenn Tatortreiniger nach einem Todesfall gerufen werden, dann für gewöhnlich, weil irgendeiner beschlossen hat, klammheimlich zu sterben. Oder weil irgendeiner beschlossen hat, sehr blutig zu sterben. Oder weil irgendeiner beschlossen hat, dass ein anderer sehr blutig sterben sollte. Die Gründe sind vielseitig. Das Endergebnis dagegen fast immer gleich: Es ist unschön, und es stinkt.
Ich für meinen Teil habe teuflische Freude an dem Job. Möglicherweise hat es damit zu tun, dass mir der Tod bereits seit meiner Kindheit hinterherläuft. Wie ich ja am Anfang erwähnt habe, ist das Leben manchmal eine launische Bitch mit miesem Humor. So sah ich meine erste Leiche im Alter von sieben Jahren. Mein Nachbar erhängte bzw. strangulierte sich im Gartenschuppen, und ich fand ihn. Ein erhängter bzw. strangulierter Mensch ist wahrlich kein schöner Anblick. Auf Einzelheiten werde ich jetzt nicht eingehen, weil irgendjemand vielleicht getriggert werden könnte. Der Strick war aber so fest um seinen Hals geschlungen, dass die Rettungskräfte Mühe hatten, ihn davon zu befreien.
Es sollte jedoch nicht nur bei einer unschönen Leiche bleiben. Meine zweite unschöne Leiche sah ich im Alter von knapp elf Jahren. Ein Schulkamerad starb durch einen bösen Autounfall. Unsere Schule wollte ihm die letzte Ehre erweisen und schickte alle Klassensprecher und Klassensprechervertreter aus dem Jahrgang zu Beerdigung. Da ich Klassensprecherin war, blieb mir keine Wahl.
An dieser Stelle ist es sinnvoll zu erwähnen, dass in Polen, wo ich zu diesem Zeitpunkt lebte, Trauerfeiern am offenen Sarg üblich waren. Ich nenne es Trauerfeier mit Leiche zum Anfassen. In den USA wird das so ähnlich praktiziert. Ist jetzt aber Nebensache.
Da der Jugendschutz damals noch in den Kinderschuhen steckte, bugsierte man uns Kinder ohne jegliche Vorwarnung in die Kapelle zu dem toten Jungen. Ganz arglos stiefelte ich also rein. Der Anblick war nicht schön. Auch hier werde ich nicht auf Einzelheiten eingehen. Ein grober Einblick muss genügen: Die linke Gesichtshälfte des Jungen fehlte komplett und war blutverkrustet, und er hatte so viele Knochenbrüche, dass sein Körper ganz merkwürdig verrenkt im Sarg lag.
Ich glaube, diese Erlebnisse haben dafür gesorgt, dass aus mir ein True-Crime-Nerd wurde. Ich lese alles, was mit Tod und Gerichtsmedizin zu tun hat. Kenne fast jeden berühmt-berüchtigten Serienmörder, und brisante Kriminalfälle oder ungewöhnliche Todesfälle ziehen mich in ihren Bann. Für mein Leben gern schaue ich schaurige Reportagen, die alle mit Mord und Totschlag zu tun haben.
Genau durch so eine Reportage bin ich über den Tatortreiniger gestolpert. Ich saß auf dem Sofa, aß Popcorn und schaute mir einen Bericht