Magda Trott

PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band


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doch nicht die Anna,« bat die Kleine, »ich möchte das alleine fertig machen.«

      »Nein, mein Liebling, du hast jetzt genug getan, und der liebe Gott ist mit dir zufrieden. Aber in Zukunft fragst du vorher, ob du solch eine Arbeit übernehmen darfst. Wenn du das tust, freut sich der liebe Gott noch mehr darüber.«

      Dann nahm Frau Bender ihr kleines Pflegetöchterchen an der Hand und führte es hinunter. Sie rief nach dem Hausmädchen und gab ihm den Auftrag, die Wasserpfützen fortzuwischen, die Pommerle auf dem Boden hatte erstehen lassen.

      Anna brummte zwar ein wenig, aber auch sie hatte das kleine Pommerle von Herzen gern, und so leistete sie willig die ihr übertragene Mehrarbeit.

      Am Abend aber lag Pommerle in seinem Bettchen, sprach sein Abendgebet und setzte fromm und gläubig hinzu:

      »Lieber Gott, ich habe heute viel gearbeitet, nun mache auch, daß ich recht rasch an die Ostsee komme. Du wirst das schon können, lieber Gott!«

      Pommerles Sehnsucht wird gestillt

       Inhaltsverzeichnis

      Pommerles Erwartung stieg von Tag zu Tag. An jedem Morgen strich es gewissenhaft einen Tag aus und berichtete Jule, daß es nun nicht mehr gar so lange sei, bis es wieder an die See käme.

      Jule wurde immer kleinlauter. Im geheimen hoffte er auch jetzt noch, daß er mitgenommen werden würde. Weil aber der Professor so gar nichts sagte, beschloß er, sich bei seiner kleinen Freundin einmal deswegen etwas genauer zu erkundigen.

      »Wenn du an die Ostsee fährst, kann ich dir ja keine Blumen mehr bringen.«

      »Nein, Jule, dort spiele ich mit Sand.«

      »Ist das sehr schön, mit Sand zu spielen?«

      »Wunderschön.«

      »Ich habe noch nie mit Sand gespielt. Ich möchte auch mal gerne mit dem Sande spielen.«

      »Ach, Jule, es wäre so schön gewesen, wenn du mitgekommen wärst.«

      »Der Professor wollte mich doch mitnehmen.«

      Pommerle schüttelte den Kopf. »Du warst unartig, Jule.«

      »Aber nun bin ich doch schon so lange artig. – Du könntest deinem Onkel doch sagen, daß er mich mitnehmen soll.«

      Die Kleine überlegte.

      »Frag ihn doch mal,« drängte der Knabe.

      »Ja, Jule, ich will den Onkel fragen.«

      »Du mußt ihn schön bitten.«

      Auch das versprach Pommerle und benutzte die erste Gelegenheit, um Jules Wunsch vorzubringen. Da der Onkel gerade in seinem Zimmer saß und arbeitete, ging Pommerle zu ihm, schmiegte sich zärtlich an ihn an und sagte, indem es die blauen Augen bittend zu ihm aufschlug:

      »Du – Onkel, – der Jule möchte auch gerne mal mit Sand spielen. Wie wäre es, wenn wir ihn mit an die Ostsee nähmen?«

      »Dich hat wohl der Jule zu mir geschickt, Kleine?«

      »Ja, – er hat gesagt, ich möchte dich doch mal fragen.«

      »So – na, dann sage dem Jule, daß ich ihn nicht mitnehmen werde. Er soll sich daran erinnern, daß er in Krummhübel fortgelaufen ist. Ich habe einmal gesagt, daß ich ihn nicht mitnehme, daß er zur Strafe daheim bleibt, und wenn ich etwas sage, halte ich mein Wort.«

      Pommerle nickte. »Sein Wort muß man halten, lieber Onkel, da hast du recht.«

      »Der Jule bleibt hier und macht sich nützlich, indem er Gepäck den Fremden trägt und sich das Geld, das er dafür bekommt, für einen neuen Anzug zusammenspart. Im Herbst geht er dann zu Meister Reichardt in die Lehre, und nach drei Jahren ist er ein tüchtiger Tischler.«

      Das kleine Mädchen eilte wieder davon und suchte den Spielgefährten auf. Erwartungsvoll scheute der Knabe ihr entgegen.

      »Darf ich mit?«

      »Nein, Jule, du sollst daran denken, daß du unartig warst, und da Onkel einmal gesagt hat, daß er dich zur Strafe nicht mitnimmt, muß er jetzt sein Wort halten. – Du mußt also hierbleiben.«

      »Dann wirst du mich ganz vergessen,« jammerte der Knabe.

      Pommerle legte beide Arme um den Hals des Knaben. »Nein, Jule, dich vergesse ich nicht. Weißt du, ich habe dich doch so furchtbar gern, genau so gern wie die Trude Götsch oben an der Ostsee.«

      »Nur? Du sollst mich doch viel lieber haben als die dumme Gans!«

      »Das ist keine dumme Gans!«

      »Wenn die nur mit Sand spielen kann, – wenn die nicht mal die Berge kennt – – und du mußt mich lieber haben, Pommerle!«

      »Wenn du erst ein Tischler bist, habe ich dich noch viel lieber.«

      »Heiratest du mich auch?« fragte Jule.

      »Ja, freilich, ich heirate dich.«

      »Hurra – –« brüllte Jule, »dann bist du also meine Braut, und ich kann dir 'nen Kuß geben!«

      Jule preßte das kleine Mädchen so fest an sich, daß es leise aufschrie.

      »Du mußt mich nicht so sehr drücken, Jule, eine Braut faßt man immer ganz leise an.«

      »Und wenn wir erst groß sind, machen wir Hochzeit.«

      »Aber erst, wenn du genau so ein Tischler geworden bist wie unser Meister Hinsche.

      »Dann mache ich die ganze Einrichtung für unsere Wohnung, Tische und Stühle, Schränke und Bettstellen. Au, Pommerle, das wird fein!«

      »Und ich lerne kochen, und dann kochen wir uns genau so gute Sachen wie beim Onkel, oder« – des Kindes Augen leuchteten plötzlich auf. »Du, Jule, ich koche dir ganz was Besonderes,– – Flundern!«

      »Schweinebraten ist mir lieber.«

      »Du weißt ja gar nicht, wie gut Flundern schmecken, aber es müssen solche aus der Ostsee sein. – Ach, Jule, wenn ich erst wieder an der See bin, esse ich den ganzen Tag Flundern!«

      »Nee, da bleiben einem ja die Gräten im Halse stecken.«

      »Ach – wenn ich doch erst wieder an der Ostsee wäre! Aber es sind noch siebenundzwanzig Striche auf meinem Zettel.«

      Dann trennten sich die Kinder. Jule beschloß, noch jetzt auf die Wiese zu laufen, um seiner neuen Braut einen Strauß Feldblumen zu pflücken. Er fühlte sich heute sehr glücklich, denn nun würde er sein Pommerle immer behalten, und wenn der Otto Jäger mal kam, der oben an der See wohnte, und das Pommerle heiraten wollte, mußte es sagen, daß es bereits mit dem Jule Kretschmar verlobt war. Das beruhigte den Knaben sichtlich, denn nun konnte er das Pommerle ruhig ziehen lassen.

      Tag auf Tag verging. Im Hause des Professors begann man mit den Reisevorbereitungen. Als Pommerle den Koffer sah, den es schon aus dem Fischerdorfe her kannte, schrie es laut auf. Blitzschnell kamen alle Erinnerungen an die Heimat wieder zurück. Es kniete an dem Koffer nieder und schlang die kleinen Arme darum.

      »An die See,« rief es unter Lachen und Weinen, »nun geht es wirklich an die Ostsee! Nun werden mir die Wellen wieder alles erzählen, ich werde im Sande liegen, und die Sonne wird wieder so rot sein und ins Wasser untertauchen!«

      In Tränen aufgelöst fand sie Frau Bender.

      »Du mußt nicht so aufgeregt sein, mein Kind, schließlich wirst du noch krank, und wir können nicht fahren. Du darfst dich freuen, mußt aber nicht gar so wild dabei sein.«

      »Ach, Tante,« rief das kleine Mädchen, »mir ist es, als ob in mir alles entzwei ist. Es knackst und kracht an allen Stellen, und dann wird mit heiß und kalt, so, als ob ich glühendes Wasser getrunken habe. Das kommt immer