Jacob Burckhardt

Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt


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Probus nochmals in Ägypten Krieg führen lassen, weil der schon längst gefährliche nubische Stamm der Blemmyer einen Teil des obern Landes, namentlich das schon erwähnte Ptolemais am Nil, eingenommen hatte, und zwar mit Konnivenz der unheilbar aufrührerischen Einwohner. Diese Blemmyer, ein hageres, braunes, flüchtiges Wüstenvolk239, hatten den Transport von den Hafenstädten des Roten Meeres nach dem Nil in ihre Hände bekommen; sie zu unterwerfen oder zu vertilgen war von jeher gleich untunlich gewesen, und so musste man von Zeit zu Zeit mit ihnen abrechnen. Auch diesmal wurden die römischen Generale Meister, gewiss nicht ohne Anwendung harter Strafen. – Aber unter Diocletian fällt ganz Ägypten von neuem ab, und zwar für eine Reihe von Jahren, indes die Kaiser von dem kaum gebändigten Gallien aus zugleich Britannien wieder erobern, einen Usurpator in Karthago bekämpfen, die Einfälle maurischer Völker zurückweisen und sonst fast überall an den Grenzen Krieg führen mussten. Während die Blemmyer sich abermals Oberägyptens bemächtigten, erhob sich (286) in Alexandria ein sonst ganz unbekannter Mensch, L. Elpidius Achilleus240, zum Augustus. Erst nach zehn Jahren (296) war Diocletian imstande, auch hier einzuschreiten. Durch Palästina zog er nach Ägypten, mit ihm241 der 22jährige Constantin, dessen grosse, majestätische Gestalt in den Augen der Menschen den Imperator verdunkelte. Abermals eine lange, achtmonatige Belagerung von Alexandrien, nebst Zerstörung der Aquädukte und, nach der Tötung des Achilleus, eine abermalige, schreckliche Züchtigung. Die Hauptstadt wird dem vermutlich höchst erbitterten Heere zur Plünderung überlassen, der Anhang des Thronräubers geächtet und eine Menge Menschen hingerichtet. Als Diocletian eintritt, meldet die Sage, gebot er zu morden, bis das Blut seinem Ross an die Knie reichen würde; aber nicht weit vom Tor glitt das Tier auf den Leichen aus und wurde am Knie blutig, worauf dem Mordbefehl sogleich Einhalt getan wurde242. Ein ehernes Pferd bezeichnete noch lange die Stelle. In Mittelägypten wurde die Stadt Busiris gänzlich zerstört. Nicht besser ging es den Oberägyptern; hier hatte der reiche Stapelplatz Koptos, wo die Blemmyer sich vorzüglich mochten festgesetzt haben, dasselbe Schicksal wie Busiris243. Bei diesem Anlass aber traf Diocletian (wie Eutrop sagt, sein christlicher Bearbeiter Orosius dagegen verschweigt) auch viele umsichtige Anordnungen, die nachher eine bleibende Geltung behielten. Er schaffte, ohne Zweifel aus guten Gründen, die alte Bezirkseinteilung und die von Augustus herstammende Einrichtung des Landes ab und teilte dasselbe in drei Provinzen, entsprechend der Organisation der übrigen Reichsgebiete244. Für die Sicherheit des Handelsverkehrs wurde dadurch gesorgt, dass er, den Blemmyern gegenüber, einen andern afrikanischen Stamm von der grossen Oase her, die Nobaten, in den bleibenden Sold des Reiches nahm und ihnen ein bisheriges, wenig einträgliches Stück römischen Gebietes oberhalb Syene abtrat, wo sie fortan als Grenzhüter wohnen sollten245. Es war nicht seine Schuld, dass dergleichen Auskunftsmittel bei der Erschöpfung der Heere und der Kassen zur Notwendigkeit geworden waren, und dass man den Nobaten und den Blemmyern gleichwohl noch eine Art von Tribut bezahlen musste. Ganz diocletianisch ist aber die Art und Weise, wie man sie in Eid und Pflicht nahm; auf der Grenzinsel Philae, welche übrigens neue, starke Befestigungen erhielt, wurden Tempel und Altäre für gemeinschaftliche Sacra zwischen ihnen und den Römern neu erbaut oder doch die vorhandenen neu geweiht und mit beiderseitigen Priesterschaften bestellt. Die beiden Wüstenvölker waren ägyptischen Glaubens, die Blemmyer mit besonderer Neigung zu Menschenopfern; sie erhielten oder behielten jetzt auch das Recht, zu gewissen heiligen Zeiten das Isisbild von Philae in ihr Land abzuholen und es dort eine bestimmte Zeit zu behalten. Noch schildert uns eine Inschrift246 den feierlich auf dem Nil sich bewegenden Barkentempel mit dem Bild der Göttin.