Jacob Burckhardt

Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt


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bei gänzlichem Mangel an Aufsicht die Bevölkerung von neuem auf diese Lebensweise geriet, jedenfalls waren die Isaurier im dritten Jahrhundert eine der Landplagen des südlichen Kleinasiens. Zur Zeit der Dreissig Tyrannen202 fanden sie es am zweckmässigsten, einen ihrer Anführer, Trebellian, zum Imperator zu erheben, der zu Isaura Hof hielt, Münzen schlug und sich in den wilden Gebirgen eine geraume Zeit hindurch behauptete. Es ist nicht bekannt, auf welche Weise es dem Causisoleus, einem der Feldherrn des Gallienus, gelang, seiner habhaft zu werden, jedenfalls war mit seiner Tötung das Land noch nicht besiegt, vielmehr hielten die Isaurier aus Furcht vor der weitern Rache des römischen Kaisers nur um so fester zusammen. Unter Claudius Gothicus wurde ein neuer Angriff gegen sie unternommen, scheinbar mit viel grösserm Erfolge; der Kaiser konnte bereits die Absicht fassen, sie aus ihren Gebirgen herab nach Cilicien zu führen und daselbst anzusiedeln, während ein vertrauter Diener das leere Isaurien zum Eigentum erhalten und jede Rebellion auf diese Weise unmöglich gemacht werden sollte. Allein der frühe Tod des Claudius scheint das Projekt vereitelt zu haben, und die Isaurier regen sich bald wieder so keck als je zuvor. Unter Probus203 machte einer ihrer Räuberhauptleute, Lydius, Lycien und Pamphylien unsicher; gegen alle Angriffe hatte er sich in dem unzugänglichen Kremna (in Pisidien) nicht bloss befestigt, sondern auch durch Aussaat und Ernte gegen Aushungerung gesichert; die unglücklichen Einwohner, welche er fortgejagt hatte und welche der römische Kommandant ihm wieder mit Gewalt zuschicken wollte, liess er von der Stadtmauer in die Schluchten hinabstürzen. Ein unterirdischer Gang führte aus Kremna unter dem römischen Lager hindurch an ferner, verborgener Stelle ins Freie hinaus; diesen benutzte die Mannschaft, um zu Zeiten geraubtes Vieh und Lebensmittel in die Stadt zu schaffen, bis die Feinde der Sache auf die Spur kamen. Von da an sah sich Lydius genötigt, seine eigene Mannschaft durch Ermordung zu verringern bis auf die unentbehrliche Zahl; auch einige Weiber blieben am Leben, und zwar als ein gemeinschaftlicher Besitz. Endlich ging sein bester Wurfmaschinenmeister, mit dem er sich entzweit hatte, zu den Römern über und schoss aus deren Lager auf die Maueröffnung hin, durch welche Lydius zu spähen pflegte. Der Räuberhauptmann, tödlich getroffen, liess noch die Seinigen schwören, das Kastell nie zu übergeben, was sie nicht hinderte, ihr Wort zu brechen, sobald er den Geist aufgegeben hatte. Allein mit diesem Siege war höchstens Pisidien auf einige Zeit gesichert, das östlich daranstossende Isaurien selbst dagegen blieb in den Händen der Räuber nach wie vor. Eine Aufzeichnung aus der Zeit Diocletians204 spricht hierüber so klar als möglich: »Seit Trebellian gelten die Isaurier als Barbaren, und da ihr Land mitten im römischen Gebiet liegt, so werden sie mit einer neuen Gattung Schutzwachen wie eine Feindesgrenze umzäunt. Die Örtlichkeit allein schützt sie; denn sie selber sind weder stattlich von Wuchs, noch gefährlich durch Tapferkeit, noch in ihrer Bewaffnung ausgezeichnet, noch besonders klug; ihr einziger Trotz ist die Unzugänglichkeit ihrer Wohnsitze in den Gebirgen.«

      Unter den unglücklichsten Ländern des Römerreiches finden wir auch jetzt wieder Ägypten, wo sich Diocletian einen traurigen Namen machen wird durch grausame Unterdrückung eines jener Aufstände, an welchen die ägyptische Geschichte seit der Eroberung durch den Sohn des Cyrus so reich ist.