Jacob Burckhardt

Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt


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thracischer Hirt, Sohn eines Goten und einer Alanin, somit gänzlicher Barbar der Abstammung und überdies der Bildung nach (235–238). Aber die Armee, welche hier selbst die letzte Rücksicht beiseite liess, bestand auch aus lauter Barbaren von der Ostgrenze, denen gar nichts daran lag, ob ihr Kandidat von Antoninen abstammte, in hohen Ämtern sich gebildet hatte, Senator gewesen war oder nicht17. Dafür war Maximin achthalb Fuss hoch, riesenstark und ein Korporal, wie vielleicht im ganzen römischen Heere kein zweiter.

      Ob man klug daran tat, alle oder die meisten dieser Truppen nach Rom zu führen, können wir nicht mehr entscheiden; sie wären in den Provinzen auch gefährlich gewesen. In Rom aber waren schon des Korpsgeistes wegen zwischen dem vorzugsweise germanischen Heere der Senatskaiser und dem des Maximin heftige Reibungen zu erwarten; ohnehin musste das letztere, nach Art mancher besiegten Heere und geschlagenen Parteien, seinem Missmut irgendwo Luft machen. Das Opfer hievon wurden die beiden Senatskaiser, nach deren Ermordung Soldaten und Pöbel den noch sehr jungen Gordian (238–244) in wildem Tumulte zum Augustus ausriefen. Der Senat war überwältigt, vergab sich aber, wie es scheint, durchaus nichts; Soldaten, welche in die Senatssitzung (damals auf dem Kapitol) eindrangen, wurden am Altar der Victoria durch Senatoren niedergehauen.

      Die bewusste, grosse Gefahr des Reiches rief nun noch einmal den Genius Roms wach. Die zweite Hälfte des dritten Jahrhunderts ist einer von den Zeiträumen, welche in der Wertschätzung gewinnen müssten, wenn wir die Persönlichkeiten und die Beweggründe ihres Handelns besser kennten, als uns die vorhandenen Quellen gestatten. Sind auch die leitenden Männer meist keine Stadtrömer, sondern Illyrier, das heisst aus den Gegenden zwischen dem Adriatischen und dem Schwarzen Meere, so hat doch römische Bildung und Tradition, namentlich in Betreff des Krieges, sie zu nochmaliger Rettung der alten Welt befähigt. Es war jetzt kein Vergnügen mehr, sondern ein verhängnisvolles Amt, römischer Imperator zu sein; ganz Unwürdige nehmen den Purpur meistens gezwungen, und auch die Bessern drängen sich nicht mehr dazu, sondern erkennen darin Pflicht oder Schicksal. Eine gewisse sittliche Erhebung ist nicht zu verkennen.