inne wurde, verlor Aper, wie es scheint, die Fassung und liess sich bemeistern und vor ein Kriegsgericht in Gegenwart des ganzen Heeres stellen. Nachdem hier »durch Wahl der Generale und Offiziere« einer der bedeutendsten Feldherrn, Diocletian, zum Kaiser proklamiert worden war, stürzte dieser auf den noch unverhört am Fusse des Tribunals harrenden Aper los und durchbohrte ihn. Man würde wohl mit Unrecht dem Diocletian deshalb Mitwissenschaft an Apers Verbrechen beilegen; die einfache Erklärung der auffallenden Tat liegt darin, dass einst eine Druidin in Gallien dem Diocletian das Kaisertum geweissagt hatte, wenn er einen Eber (aper) erlegen würde. Auf allen Jagden hatte er seitdem Ebern nachgestellt; jetzt riss ihn die Ungeduld hin, weil er den rechten vor sich sah.
Es blieb noch übrig, mit Carinus um die Weltherrschaft zu streiten. Derselbe war keineswegs ohne kriegerische Begabung; einen Usurpator Iulianus scheint er unterwegs in Oberitalien (285) mit Leichtigkeit überwunden zu haben; der Krieg mit Diocletian zog sich ein halbes Jahr hin, und selbst in der Schlacht bei Margus (unweit Semendria), welche gewöhnlich als die entscheidende gilt, siegte vielleicht Carinus. Aber persönliche Feindschaft, die er sich durch seine Ausschweifungen zugezogen, kostete ihm das Leben. Dass Diocletian nun sofort von beiden Heeren anerkannt wurde, niemanden absetzte noch des Vermögens beraubte und selbst den Gardepräfekten Aristobul in seinem Amte liess, könnte man auf vorhergegangene Einverständnisse im Heere Carins beziehen, doch wollen wir es eher mit dem ältern Aurelius Victor der besondern Milde und der höhern Einsicht des neuen Kaisers und seiner Umgebung zuschreiben. Den Tod Carins selber hatte er laut seiner Beteurung nicht aus Ehrgeiz gewünscht, sondern aus Mitleid für das gemeine Wesen. Wer sonst mit so unerhörter Schonung verfuhr, dem darf man auch dieses glauben.
Fußnoten
1 Hist. Aug., Clod. Alb. 13, 14.
2 Hist. Aug., Florian. 5.
3 Sept. Severus mit seiner Rede bei Dio Cass. 75, 8 darf uns hier nicht täuschen (vgl. unten, S. 23). So konnte der Senat der Antonine nicht aussehen, selbst nach der Zwischenregierung eines Commodus.
4 Eine gründliche Erörterung namentlich der politischen und dynastischen Fragen in dem halben Jahrhundert von Commodus abwärts s. in dem Art. Gordianus, bei Ersch und Gruber, Encycl. (von Emil Müller).
5 Hist. Aug., Pescenn. 2. Aquilium centurionem notum caedibus ducam.
6 Hist. Aug., Sept. Sev. 2.
7 Hist. Aug., Clod. Alb. 12.
8 Die lange Gegenwehr der Besatzung erklärt sich nicht sowohl aus einer Anhänglichkeit an den längst umgekommenen Pescennius, als vielmehr daraus, dass die höheren Offiziere den Charakter Severs und demnach auch ihr Schicksal im Fall der Einnahme kennen mochten und auf einen Sieg des Albinus warteten. Auffallender ist die eifrige Teilnahme der Einwohnerschaft, welche zu ahnen scheint, dass ihre Stadt gar nicht hoch genug im Preise stehen könne. Die bereits gegen die Antiochener als Anhänger des Pescennius verhängte Strafe wirkte wohl erst in zweiter Linie mit.
9 Dio Cass. 75, 4.
10 Dio Cass. 76, 15. Anders bei Zonaras 12, 10.
11 S. die Hist. Aug., in den meisten Biographien.
12 Zonaras XII, 10.
13 Dio Cass. 78, 6.
14 Welche freilich auch ihre kleinliche Seite hatte. Man sehe, Hist. Aug., Al. Sev. 27, das Projekt eines Kleidermandates.
15 Zosim. I, 12.
16 Aurel. Victor, Caes.: vitio temporum . . .
17 Man vergleiche hiemit Sueton., Vespas. c. 6, wie noch im J. 69 die empörten Legionen in Aquileia ihren Kaiser nur aus der Zahl der legati consulares wählen wollen.
18 Vgl. besonders Hist. Aug., Gord. 13, Pupienus 1–3 u. 10, Maximin. 23 etc.
19 Sein voller Titel Hist. Aug., Gord. 27: eminenti viro, parenti principum, praetorii praefecto et totius urbis, tutori rei publicae.
20 Zonaras XII, 18 wird hier vor der Hist. Aug., Gord., 31 den Vorzug haben müssen. Vgl. auch Zosim. I, 19.
21 Hist. Aug., XXX Tyr. 13. – Septim. Severus hatte das Grab Alexanders schliessen lassen, »damit niemand mehr dessen Leichnam sehe«. Dio Cass. LXXV, 13.
22 Mit der dunkeln Darstellung des Ioh. Antiochenus (Fragm. 148) sind die bisherigen Annahmen über diese Ereignisse gar nicht zu vereinigen.
23 Hist. Aug., Valerian. 1 u. 2.
24 Aur. Vict., Epit.
25 Τὸ Ρωμαιων αξιωμα. Zosim. I, 22.
26 Zonaras XII, 21.
27 Zosim. I, 29; Zonar. XII, 22.
28 Einen Teil dieses kaiserlichen Stabes lernt man Hist. Aug., Aurelian. 12 u. f. kennen, bei Anlass des feierlichen Kriegsrates in den Thermen zu Byzanz. Es waren darunter (trotz der Andeutung bei Aurel. Vict., Caes., sub Valeriano) mehrere von altrömischem Adel. Bei diesem Anlass sieht man wie der Kaiser das Konsulat an einen armen, aber tüchtigen General als eine Pfründe vergibt, ihm zur Bestreitung der Zirkusspiele aus der eigenen Schatulle nachhilft und einen reichen Römer zu seiner Adoption überredet.
29 Was Zonaras 12, 23 erzählt, sieht ganz nach bösartiger Erfindung eines Zurückgesetzten aus; wie weit vollends dem Dionysius bei Euseb., Hist. eccl. VII, 23 über Macrian zu glauben ist, zeigt der Ton seiner Rede sattsam.
30 Das Nähere bei Zonar. XII, 23.