gestalten Sie die Preise und woher beziehen Sie die Tickets?
Wir haben über 40 verschiedene Bezugsquellen. Die Preise werden von drei meiner besten Leute festgelegt und richten sich nach den jeweiligen Marktverhältnissen.
Wenn Sie irgendwo Tickets besonders günstig einkaufen können, geben Sie dann die grossen Margen an den Konsumenten weiter?
Das ist verschieden. Aber wie gesagt, wir sehen keine Veranlassung, den Markt in jedem Fall mit Billigstpreisen zu verunsichern. Wir verkaufen das, was für den Kunden am besten ist. Oft beziehen wir für eine Weltreise die Billette für die verschiedenen Streckenabschnitte an drei bis fünf verschiedenen Orten.
Diese Dienstleistung bietet mittlerweile jedes andere Reisebüro auch an.
Unser Vorteil ist, dass wir die Ersten waren, die das ganz offen taten.
Haben Sie keine Angst, dass beim Konsumenten irgendwann ankommen wird, Globetrotter sei nicht mehr der billigste Anbieter?
Generell sind wir noch immer die Billigsten. Und unsere Stärke, die umfassende, ehrliche und total unabhängige Beratung, bleibt. Darin sind wir kaum zu schlagen. Unseren Beratern ist es egal, was sie verkaufen und wie viel wir daran verdienen. Wir kennen auch keine Umsatzbeteiligung oder Ähnliches. Die meisten Verkäufer in der Reisebranche versuchen doch, vor allem die Reisen eines wichtigen Vertragspartners zu verkaufen, um dadurch Superkommissionen zu erreichen. Dazu kommt noch eine Umsatzbeteiligung. Diese grundlegende Unfairness in der Kundenberatung gibt es bei uns nicht. Wir haben sogar Kunden, die sich bei uns nur beraten lassen und dann die Tickets woanders kaufen. Das ist uns aber egal. Und kommt wohl doch nicht allzu häufig vor. Ein weiterer Pluspunkt für unsere Kunden besteht darin, dass ich als Chef nicht dort sitze, wo verkauft wird. So kann und will ich unsere Reiseberater nicht für Produkte beeinflussen, die für uns speziell rentabel wären. Die Beratung muss das beste Gesamtergebnis für die Kunden priorisieren.
Sie unterscheiden sich von den anderen Büros vor allem darin, dass Sie sich für die Beratung viel mehr Zeit nehmen. Würden Sie deshalb der Branche in dieser Beziehung ein Fehlverhalten vorwerfen?
Nein. Was die andern tun, berührt mich relativ wenig. Auf dem Reisesektor bin ich ein Aussenseiter, obwohl ich mich für die Branche aus einer gewissen Distanz interessiere und sie auch überblicke. Ich nehme an, dass die anderen wissen, was ethisch gut und was schlecht ist. Mich stört vor allem Verkaufstaktik: den Kunden immer das zu empfehlen, was die höchsten Kommissionen einbringt.
Lassen Sie uns noch ein wenig über Ihre Kunden sprechen. Was sagen Sie zu dem Vorwurf, Traveller verhielten sich gegenüber gewöhnlichen Touristen überheblich?
Leider ist dieser Vorwurf in einigen Fällen richtig. Ich versuche gerade auch in unserer Zeitschrift dieser irregeleiteten Meinung so viel wie möglich entgegenzuwirken. Meiner Meinung nach sind sie alle Touristen – die Globetrotter, die Neckermänner, die Traveller, die Rucksacktouristen.
Gewisse Tipps im Globetrotter-Magazin haben uns erstaunt. So kann man zum Beispiel darin nachlesen, dass Reisende schon vor dem Antritt der Reise das nötige Kleingeld zur Hand haben sollten. Das habe unter anderem den Vorteil, dass vom Fernweh Geplagte die dementsprechende Landeswährung schon von allem Anfang an kennen. Ist dieser Tipp nicht eher lächerlich, wenn man bedenkt, dass gerade Traveller für sich in Anspruch nehmen, Land und Leute zu kennen?
Jeder sollte die Eigenheiten des Landes vor dem Antritt der Reise kennen. Wir können das aber nicht in jeder Ausgabe von vorne bis hinten schreiben. Auch kleine Schritte führen zum Ziel. Grundsätzlich muss ich aber festhalten, dass die Reisebranche bezüglich Aufklärung der Touristen bis anhin versagt hat. Niemand ist bereit, aufzuklären. Kennen Sie zum Beispiel eine Schule, in der die Völkerverständigung in irgendeiner Form gefördert würde? Die einzigen Anstrengungen in dieser Richtung werden vom Arbeitskreis für Tourismus und Entwicklung unternommen, der von uns schon immer unterstützt wurde. Leider gehen diese Leute meiner Meinung nach aber manchmal etwas zu missionarisch vor.
Wie treiben Sie die Aufklärung voran?
Wir machen alles, was uns möglich ist. Leider unternimmt aber der «grosse Rest» der Branche viel zu wenig für diese Anliegen. Ich erinnere mich an einen Fall, der zu meinen traurigsten Erlebnissen gehört. An einer Versammlung aller Vertreter der grösseren Reiseunternehmen wurde über das tourismuskritische Büchlein Reisen in die Dritte Welt und dessen Verteilung an die Konsumenten diskutiert. Es gab nur faule Ausreden; die Reisebürovertreter hatten offensichtlich Angst vor geschäftlich negativen Auswirkungen. So quasi als Alibiübung bestellten dann die Grossen zwischen 10 und 20 Exemplaren für den Pauschalbetrag von vielleicht 20 Franken. Nur der SSR kaufte 1000 Broschüren. Darauf hielt ich den Anwesenden eine Art Standpauke. Trotzdem sah sich niemand veranlasst, auch nur ein Exemplar mehr zu bestellen. Globetrotter hat in der Folge mehrere Tausend gekauft und diese an seine Kunden abgegeben. Ebenso haben wir vom neuen Buch von Ueli Mäder, Wärme in der Ferne?, 3500 Exemplare gekauft und gratis abgegeben.
In Ihrem Magazin gibt es Passagen, die die Aufklärung in ein etwas komisches Licht rücken …
… kann sein. Auch wir machen Fehler. Einige tourismuskritische Artikel haben wir dementsprechend durchdiskutiert und würden sie in dieser Form nicht mehr veröffentlichen. Auch wir müssen Erfahrungen sammeln. Schliesslich sind erst vier Ausgaben erschienen.
In einem Artikel Ihres Magazins lesen wir folgenden Satz: «Die weitverstreuten Inseln werden noch längere Zeit ein Paradies für Vollblut-Traveller bleiben.» An einer anderen Stelle heisst es: «… der Gastgeber wird in nächster Zukunft ein bis zwei Häuser für die Reisenden zur Verfügung stellen.» So werden die Traveller zu Vorboten der grossen Masse und geben dem Kommerz die letzten heilen Flecken unserer Erde preis. Wie stellen Sie sich zu diesem Vorwurf?
Diese Tatsache bringt mich in ein grosses Dilemma. Doch ich glaube, dass der Gang der Dinge nicht aufgehalten werden kann. Irgendwann, auch wenn mir das nicht gefällt, wird der letzte Flecken unseres Planeten verwestlicht sein. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er forschen und entdecken will. Ist Kolumbus ein Verbrecher, weil er Amerika entdeckt hat und später in der Folge die Indianer fast völlig ausgerottet wurden? Der Wissensdurst ist eine unabdingbare Eigenheit des Menschen. Und eines der Grundbedürfnisse des Menschen ist, seinen Horizont zu erweitern – indem er reist und dadurch stets sein Wissen erweitert. Ebenso wichtig ist die Heilwirkung, die das Reisen auf den Menschen hat. Leute, die zum Beispiel mehrere Monate in einem anderen Land unter anderen Menschen waren, kommen meist mit einer gesunden Seele zurück.
Dem entgegenzuhalten wäre eine Feststellung von Edith Marfurt, die in einem Artikel in der NZZ zu diesem Problem schreibt: «Die Dritte Welt hat andere Sorgen, als von der Ersten Welt zum Therapieraum umfunktioniert zu werden.»
Die Autorin kann mit dieser Aussage durchaus recht haben. Aber was ist die Lösung für das aufgeworfene Problem? Soll Reisen verboten werden? Natürlich nicht; eine solche Einschränkung der persönlichen Freiheit wäre völlig unzulässig. Eine grundlegende Änderung ist nur auf freiwilliger Basis möglich, vielleicht eines Tages, wenn sich der Mensch grundlegend geändert hat, dann, wenn sich unsere Bedürfnisse verlagern. Dazu ist leider zu sagen, dass die Menschheit immer zuerst schlechte Erfahrungen machen muss, bevor sie sich ändert. Deshalb glaube ich, dass wir noch «eins grauenhaft auf den Näggel» bekommen werden. Vielleicht besinnen wir uns dann wieder auf die simplen, wahren Werte des Lebens, «müssen» dann möglicherweise nicht mehr reisen und können hier glücklich und zufrieden sein.
Was könnten wir bis zu diesem Zeitpunkt tun?
Die einzige Möglichkeit zu einer grundlegenden Verhaltensänderung ist, mehr Bewusstheit zu schaffen und die Reisefans über alle positiven und negativen Aspekte und Auswirkungen des Tourismus in Drittweltländern zu informieren. Deshalb vertreten wir den sogenannten «sanften», völlig dem besuchten Land angepassten Tourismus.
Herr