Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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zu verstehen ist, ob Karikatur, Kritik oder – da taucht plötzlich sein Bruder, der wahrscheinliche Oberboss, auf und brüllt rum, jagt mich fort, seine Leute wollen mir die Notizen nehmen, einer kriecht unter den Tisch, um was zu schnappen, ich renne, was das Zeug hält, zur nächsten S-Bahn, er ist scharf, und Nata wartet; dann hetze ich neben einer Frau die Treppen hoch, sehr hoch, gerade kommt eine Bahn und ich springe rein, obwohl ich keine Karte habe, und prompt sind dort Kontrolleure, aber ich gehe einfach auf sie zu und sage: »ich brauche auch noch eine Karte«, tue einfach so, als wäre es normal, sie schauen sich an, sind unsicher, merken aber wohl, dass ich von auswärts komme, und verkaufen mir aus ihren altmodischen Umhängedingern eine Karte, wir sind sehr hoch über der Stadt {die S-Bahn, die schwebte, bevor ich mit Sabine Bräuning vögelte}, aus dem Radio kommt Geläster über Brandenburg und einer liest die »BILD«-Zeitung, in der groß über die Sekte berichtet wird, die diesen Film, beziehungsweise die Performance gemacht hat, skandalös, mit Farbfoto von dem Blaugekleideten –

      – an der Straße vor einer Eisenbahn Brücke, darüber steht ein Penner-Pärchen mit einem Bus, der ein ehemaliger Bullenwagen ist, der Typ hat ein Funksprechgerät vor der Brust hängen, aus dem die Dialoge einer etwas weiter stattfindenden Straßenkontrolle dringen, und er hört muffig und sauer zu, Nata sagt: »ich als Bullin} würde sehen, dass aus dem Lautsprecher das kommt, was die drüben sprechen«, und man sieht tatsächlich Schallwellen herumwabern, und in diesem Moment sagt eine Bullin auch, indem sie auf Pärchen zeigt: »die da kontrollieren«, aber da schwingen sie sich in ihren Bus, ein 7,5-Tonner, und rasen auf die Bullen los, jagen durch die Menge, die gerade noch ausweichen kann –

      – Tim wird von Wanda geschimpft und geschlagen und kommt weinend zu mir, ich tröste ihn, und er spricht ein gepflegtes, intellektuelles Deutsch; ich wundere mich, wie schnell er sich entwickelt hat, selbst Fremdwörter benützt er, etwas zu Nata sagend, und neben uns steht seine Schwester im Kinderwagen – aber Karlheinz Grieger hat keine Zeit, wir steigen die Treppe in seinem hohen Zimmer hoch zur höheren Ebene, auf der er in einer Nische am Schreibtisch sitzt, also wieder zurück zu Deutsch, der sauer ist, dass wir Wiens’ens Dramaturgin, Gabriele Groenewald, mitgebracht haben, mit der wir zusammen auf dem Klo sitzen, sie hat nur einen zu leichten Rock und drunter nichts an, weshalb sie ihn nur hochzuheben braucht, um zu pissen, während ich nebendran scheiße und Renate sich wäscht, und sie hat einen erstaunlich schmalen Hintern, aber dann gibt es Essen, während die Dramaturginnen an einem kleinen Tisch im Nebenraum warten und anbieten zu gehen – was ich natürlich zurückweise, aber ich muss vorher noch das Klo putzen, die Pfützen weg, das kann man Deutsch ja nicht so hinterlassen, und dann sehen Nata und ich einen Videoclip, auf dem ein Laster die Straße runterfährt, in der Kurve kippt, wobei sein Sand ins Gebüsch fließt, seine blaue Alu-Ladeverschalung abkippt und auf die andere Seite ins Wäldchen fällt, sich dann aber im Rhythmus der Musik zusammenfaltet und aufstellt, Szenerien mit Häusern und Autos dazwischen bildet, wieder auseinanderklappt und sich in neuen Bildern neu zusammensetzt, dazu spricht jemand in tiefer Stimme – ich renne durch einen Fußgängerzonenplatz, um noch schnell ein Glas zu verkaufen, obwohl ich es eigentlich nicht eilig habe, da rennt eine Frau neben mich und fordert mich freundlich auf, doch langsamer zu sein: »wieso denn so eilig?«, und vor dem Laden sagt sie, ich solle meine Zungenspitze rausstrecken, berührt sie mit ihrer und spuckt darauf, wodurch ich tatsächlich ruhiger werde und in den Laden gehe, in dem aber niemand ist, bis eine Frau kommt, die offenbar die Besitzerin kennt, und ruft: »hallo, da steht ein Mann«, worauf sofort die Besitzerin erscheint – inzwischen sehe ich, dass die Frau, die draußen auf mich wartet, auf die andere Seite der Straße geht, um besser hineinsehen zu können, und mir zulacht – und ich frage, ob sie das Glas will, sie nimmt es und gibt es mir sofort zurück: »nein, das schenke ich Ihnen, machen Sie sich einen schönen Tag damit« – und ich renne beschämt hinaus zu der wartenden Frau, die aufspringt und mir freudig entgegenkommt –

      – wir warten in einem Zimmer auf den Beginn der Fete und spielen mit Gitarren, Redl sitzt rum, wir biegen die Saiten, bis sie fast reißen, und oben auf der Fete wollen wir in einer Band spielen; ich soll ans Schlagzeug, aber es gibt nur ganz kurze Schlagstöcke, und die anderen, die ich habe, sehen so − folgt Skizze − aus, außerdem müsste ich meinen Shit einem Alten geben, weil die Bullen zu erwarten sind, und gerade, als wir zu spielen anfangen – zu meiner Überraschung deutsche Schlager – kommt einer hereingestürzt und sagt, ruft in den Raum, der Alte sei tot, weil er meinen Shit gegessen habe, und so sitzen wir mit ihm im Büro, wo er einen diplomatischen Plan macht, und Nata sagt: »jetzt brauchen wir aber einen Schnaps« – wir sitzen mit Tana und anderen in einem dunklen Raum und Tana erzählt, warum sie ihre Seele nicht verkaufen würde, da stellt sich die Frage, was der – unterschiedliche – Impetus bei »Frost« und bei der »Begründung« war, auf jeden Fall ist die verkaufte Seele in Herne deponiert • vom zweiten Stock aus sehen Nata und ich, wie unten vor dem Haus in einem brachliegenden Stück Erde sich von der erhöhten Seite her eine Schlange dicht unter der Erde durchwühlt, und sie hört und hört nicht auf, ist mindestens zehn bis fünfzehn Meter lang, windet sich in einer Kurve durch die Erde und verschwindet wieder dicht daneben, wobei sie kam, und Nata sagt: »wenn die da unten die {Schlange} gefangen hätten, hätten sie ganz schön viel zu essen gehabt« –• wir schlafen mit vielen nebeneinander im Bett und zwischen Nata und mir liegt eine Frau, um die ich meinen Arm lege, der bis Nata reicht, aber sonst nichts, und morgens ist gerade der Auszug von Kuno aus der Gruppe, böse und wütend und von einer Kamera gefilmt, an der ich völlig verschlafen so nah vorbei gehe, dass ich ganz unscharf drauf sein werde, was mir letztlich aber egal ist; der Abschied von Kuno ist aber dann doch ohne Ressentiments, und die Frau aus dem Bett kommt mit in mein Appartement, unten bei der Concierge bekommt sie sogar einen kleinen Schlüssel, aber wie ich oben mit dickem Schwanz bäuchlings auf dem Bett liege, nackt, schüttelt sie nur den Kopf und sagt, dass wegen Nata nichts läuft • nach dem Dreh auf einer Baustelle, in deren Graben die Passagiere für den Flug, mit dem ich auch nach Hause will, sich sammeln; da ich aber kein Ticket habe, stellt mir der Aufnahmeleiter eines aus, mit Hand für 730,– DM, aber dann sind die Leute schon weg, und ich will mit dem Taxi los, aber der Taxifahrer weigert sich, weil er kein Abkommen mit der Filmfirma hat, also muss ich mit der Straßenbahn fahren, die auch gerade kommt und wie eine besenkte Sau losrast, es ist aber auch nur noch eine halbe Stunde Zeit, die Altstadt von München ist sehr pittoresk, und die Straßenbahn fährt durch enge Gassen, einmal rast sie dermaßen flott haarscharf um eine Ecke, dass Nata erschrickt und ich lache, weil das ja Schienen sind und alles genau berechnet, aber weil ich nackt bin, will ich endlich, es ist inzwischen schon dunkel und nur noch eine Viertelstunde bis zum Abflug, den Bedla Arabie in einer Einfahrt anziehen, Nata steht mit einem Kind von irgendwelchen Leuten auf dem Arm neben mir und mahnt zur Eile, weil die Straßenbahn schon wieder kommt, aber ich komme so schlecht in die Hose, und als ich es endlich geschafft habe, kommt sie wieder durch so eine enge Gasse, dass man gar nicht einsteigen kann, aber der Kontrolleur neben mir, der ein funkelnagelneues Gerät hat, beruhigt mich –

      − ich sitze im Freien mit einer jungen Frau, die erzählt, wie sie immer nähen musste, schon als Kind, um ihre Familie zu ernähren, ganz sachlich berichtet sie, und ich frage, ob und wenn, wann sie denn mal tanzen gehen könnte, woraufhin sie mich erstaunt ansieht, den Kopf schüttelt und sagt: »das war nie drin«, was mich so entsetzt, dass ich einen Heulanfall kriege, was sie nicht weiter zur Kenntnis nimmt, und so gehen wir zum Strand, einen Weg aufs Meer hinaus {wie wo mal ein Einlasshaus war}, es ist zwar nieselig bedeckt, aber wir wollen auch baden, wie all die anderen hier, wobei, beziehungsweise wozu ich mich demonstrativ langsam auszieht, und darauf achte, dass sie mich sieht, als ich nackt bin, das Problem ist aber, dass so viele Felsen hier herumliegen, dass man nicht richtig hineinhechten kann, also tauche ich erstmal, um die Lage zu sondieren − den Rat, es einfach zu probieren, lehne ich ab: »da könnte man sich ja ’nen blutigen Kopf holen« −, und entdecke etwas weiter eine runde felsenfreie Stelle »das ist ja wie ein Thing-Platz«, versuche ich zu scherzen, und aus Jux versuchen wir erst zu zweit, dann mit mehreren eine Art Sirtaki oder Ähnliches zu tanzen, bekommen aber keinen gemeinsamen Rhythmus, und so tanzt jeder für sich, und die Bewegungen und Sprünge steigern sich wild und elegant, wobei mich wundert, dass das im Wasser so gut geht, und wenn man so etwas drehen würde, käme Luftnot hinzu, ich würde halb ertrunken abtransportiert, während wir uns hier zu der wunderschönen heftigen Musik bis zur Extase steigern – und in dem Schnellboot, flach, aber mit Kajüte,