Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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nur noch wenige Minuten und das Wehr an dem Fluss vor dem Haus, in dem der Rollstuhlfahrer wohnt, die vielen Gusseisenräder, Zahnräder und Schiebetüren überspringe/fliege ich gerade noch, sehe aber dann auch schon Heiner und Erika, die noch warten –

      – bevor ich in die Dichterausstellung reingehe {nachdem ich aus dem Tunnel kam {wie ich Rosemarie Fendel traf, im Tunnel in Tirol!}}, führe ich noch einen Smalltalk mit einem Fachmann, und drinnen kann ich ein dickes, halbgebrauchtes Notizbuch des Dichters haben und weiterführen, mindestens zehn Zentimeter dick, einige Seiten bedruckt, einige mit Bildern beklebt, die zum Teil wieder rausgerissen sind, eigentlich nur wenig frei, aber Angelika Müller, die kurz vor mir da war, hat zwei andere Bücher bekommen, in denen viel mehr frei ist, und ich bin ein wenig eifersüchtig –

      – wir machen einen Spaziergang mit Inge, Johannes und Ruth, und Ruth hängt sich an der anderen Seite bei mir ein, so dass ich zwischen ihr und Nata gehe, die spitz sagt, dass es auffällig sei, wie nett ich Ruth fände, worauf ich sage: »ja, jedesmal netter«, worüber sich Ruth freut, was Nata kokett findet, und der Streit steigert sich, bis ich sage: »okay, dann gehen wir jetzt schon nach Hause«, und alle kehren um, kriechen mühsam einen Berg hoch, auf allen Vieren, und zuhause bei Inge und Johannes müssen wir erstmal Wäsche aufhängen, bevor wir den Honda aus dem Parkhaus holen können; Johannes gähnt, und will erstmal ins Bett, wenn wir weg sind, wozu ich sage, dass es dann ja gut ist, wenn wir schon abhauen, und dass er Flo, den ich ja neulich beinahe besucht hätte, einen schönen Gruß sagen soll, worauf Johannes sagt, dass Flo sehr sauer gewesen sei, alleine kalten Kaffee zu trinken, sei nun mal nicht so attraktiv, und er habe drei Stunden gewartet –

      – ich komme zu einer RAF-ähnlichen Gruppe in die Berge; es gibt Häuser, eins im Tal und eines oben, und unten rede ich erstmal mit der sehr netten Frau, die gerade eine Filmzeitschrift durchblättert, und ich biete an, für alle zu kochen, Spaghetti mit Champignonsauce, beschreibe es genau, und sie findet es sehr lecker, und dann suche ich nach der Ankündigung des »Bettenstudent« und zeige sie ihr und den anderen, erkläre den Film, aber ohne zu sagen, dass ich derjenige, welcher bin, sie zeigt mir ihre nackten Schenkel bis zum Ansatz, und während wir weiter blättern, macht ein anderer Typ mit einem Revolver mit langem Rohr rum, spielt rum und macht sich wichtig; ich kritisiere das scharf und sie stimmt mir zu, wendet aber ihre Knarre, als sie sie weglegen will, auch an ihm vorbei und ich ermahne sie, eine Knarre niemals gegen Menschen zu richten, wozu sie mir bepflichtet, aber noch sagt: »außer auf meine Sekretärin« und lacht, aber dann muss ich hoch zur oberen Dependance, wo Kohl fett an einem Tisch sitzt und auch nichts zu kiffen da ist, beinahe wäre was da, und Kohl sinniert darüber, was er nach der Pensionierung macht, welchen Wagen er fährt, ob eventuell S-Klasse; ich sage scharf: »so was tut man nicht«, und er stimmt mir zu, ich wiederum gestehe zu, dass er so was als Dienstwagen ruhig fahren kann, aber danach nicht, und er geht seufzend und fett raus • Speitel hatte bis vor Kurzem was zu rauchen, raucht aber nie wieder und ist reuig, und ich beruhige alle anderen, dass ich unten was zu essen koche, weswegen wir dann auch gehen; ich überlege lange, ob ich den braunen oder den weißen Mantel anziehen soll, habe aber auch noch den dünnen weißen, den mir einer hinwirft, weshalb ich beide weißen Mäntel übereinander anziehe, und in dem einen finde ich glatt einen Knubbel in Silberpapier, aber es ist ein Stück Gemüse, kein Shit, und während wir den Bergweg runtergehen, würde einer am liebsten einen Film drehen, ich muss ihm aber erstmal erklären, wie umständlich das ist, dann beschließen wir, ein Spiel zu spielen, das man drehen könnte, eher ein tanzartiges Ritual, bei dem man umeinander kreist und Büschel und Äste auf den Boden schlägt, die einen machen es rechts von uns in einem umzäunten Bereich, wir links vom Weg neben weiten, abschüssigen Berg-Feldern, und im Hintergrund kommen zwei Pferde auf Rollschuhen, balgen miteinander um ein Tuch, rasen mit irrer Geschwindigkeit den steilen Hang hinauf und hinunter, bremsen vor einer Hütte am Hang, und ich denke, dass das ein schönes Hintergrundbild gewesen wäre, wenn wir gleichzeitig gedreht hätten, aber so was lässt sich ja nicht rekonstruieren, und da erstarren die drei auf der eingezäunten Wiese Stehenden, in der Mitte eine Frau, die Typen rechts und links, und sie nackt und breitbeinig; eine in eine Menschin verwandelte Pferdefrau, streichelt ihre Vulva mit einem dünnen Ast, das Gesicht verzückt, mit geschlossenen Augen gen Himmel gerichtet und sie schiebt den Stock ein bisschen in ihre Vagina rein und raus rein und raus, und ich denke, das kann doch nicht so guttun, das ist doch viel zu dünn –

      – ich drehe, sitze im Restaurant des Schiffes und Nata macht Vorwürfe übelster Art, wir verkrachen uns so, dass ich, obwohl gerade Maren kommt und sich an den Tisch setzt, aufstehe und aufs Zimmer gehe und mir die Zähne putze, plötzlich legt Nata ihre Hände um meine Hüften und fährt runter, lacht, aber ich gehe trotzdem, weiter zähneputzenderweise, raus, sie sagt »Schatz«, findet es aber selber blöd, und auf dem weiten Hotelgang sehe ich den Regisseur mit seiner Frau, die auch die Hauptdarstellerin ist, was ich problematisch finde; er muss gleich ins Bett, weil er schon alt − fünfzig − ist und am Ende des Ganges kommt ein Whirl-Swimmingpool, ist aber ein Zimmer, Doppelzimmer hintereinander, dessen Tür offen war, und ein Mann im Bademantel liegt in der Badewanne und protestiert gegen mein Reinkommen; ich, immer noch zähneputzend, entschuldige mich, was er akzeptiert, wir wiederholen das • Nata, sturzbetrunken, prügelt sich mit einem, alle anderen sind auch betrunken, ich steige vom Hochbett und reiße sie auseinander und schimpfe • in einer Art Schauspielhaus auf der Probebühne oder einem Dreh, will ein Journalist was von mir, aber wir gehen lange hin und her, ich weiche aus, andere Schauspieler sagen aber, der sei ganz wichtig und toll, und ich verabrede mich mit ihm in einem anderen Raum, weil ich vorher Nata holen will, komme aber nicht dahin, weil alle Durchgangsräume und Hallen von Proben eines Regisseurs, der Massenszenen arrangiert und selber ein Faschist und Reaktionär ist, besetzt sind, Anzenhofer und Wittman gehen vorbei, mit Knarren, als Wachbeamte, die aber echt sind, danach sehe ich dann endlich den Journalisten nochmal, wie er mit seiner Assi auf und ab geht, und tut plötzlich ganz desinteressiert und abweisend, was aber eine Taktik zu sein scheint, aber dann kommt er, fragt, sich vertraulich zu mir wendend: »in welchem Orden sind Sie denn«, muss aber noch seine Schreibmaschine holen; ich bespreche schon mit Nata die Antwort: »nein, kein Orden mehr …, aber Kampf gegen Ungerechtigkeit«, was mir blöd vorkommt wegen des Komitees gegen Ungerechtigkeit, »Schweinereien«, wie primitv, Nata verzieht das Gesicht, »Korruption der Politiker etc.« – inzwischen hat er seinen Schreibcomputer ausgepackt, der nicht ganz in Ordnung ist, weswegen er einen Teil innen rausnimmt, der eine normale Reiseschreibmaschine ist, und er stellt die Frage neu: »besteht der Orden fort?«, was ich blöd finde, sowohl wegen der Tendenz, als auch, weil dann die Antwort nicht mehr ganz stimmt, zumal ich inzwischen Wut habe: »gegen alles, was Skandal ist«, was ich dann noch genauer definieren will –

      – nach der Umgestaltung der Speisewagen muss man aufpassen, sonst kommt man neben Rechten zu sitzen • neben mir geschälte Steine, teilweise geschält und die geschälten Stellen leuchten • ich lerne eine sehr sympatische Frau kennen, wir tändeln, reden, zum Teil tanzen, und es kommt zu Annäherungen, und es stellt sich heraus, dass sie zu einer Amsterdamer elitären Szene gehört, in deren Haus sie mich führt, wo wir nur noch tanzen, wobei sie sich auszieht, ich ihren Körper küsse während des Tanzens und noch mehr, aber dann kommt ein anderer Typ und will auch was von ihr, wird aber von ihr abgewiesen, ich finde ihn auch blöd, schmierig und knirpsig, aber die Drumrum-Stehenden mischen sich ein, haben zum Teil Gasmasken-artige Brillen an und diskutieren den Fall, der schwierig, unlösbar ist, weil der Schiedsgerichtstyp nicht da ist, und meine Sicht, nach der explizit und freundlich gefragt wird, auch akzeptiert wird: dass ich den anderen Typ blöd finde und nichts von ihr will, wenn sie ihn nimmt, vor allem nicht zu dritt, aber jetzt gehen wir alle eh in einen anderen Saal, weil der WDR Aufnahmen über diese Szene machen will, und während ich mit ihr die Treppe hochgehe, wundere ich mich, dass der WDR so etwas exotisch findet, dass ich zum Beispiel einen Kaftan trage, sei doch völlig normal, und ihr fast durchsichtiges Kleid an sich auch; das ist ihr aber egal, man macht es eben, Hauptsache, wir können uns weiter küssen und streicheln und anfassen, wobei sie erzählt, dass ihr Freund und dessen Freund Fußball so sehr lieben, sie aber gar nicht, weshalb es Probleme gibt, und es insofern doppelt schlimm wäre, wenn sie z. B, plötzlich eines morgens in der Sonnenleite aufwachte, was ich verstärke dadurch, dass es dann mit Renate auch eine Katastrophe gäbe, will halt jetzt so lange noch schmusen, wie es geht, aber dann will eine in dem Raum, der wie ein Hörsaal aussieht, eine