Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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worden sein soll, Wasserpfeifenartig, aber ich kann nicht sehen, wie man damit rauchen soll, ohne dass das Plastik schmilzt – Ausstellungseröffnung, daneben steht noch eine andere Ausstellung mit normalen Bildern, alles recht lieblos, und im ersten Stock wird nur noch Sekt serviert, von muffigen Kellnern, ich ziehe Mantel etc. aus, will aber noch Sabine und Heiner dazuholen, die unten warten, um zu gehen, aber dann finde ich den Raum mit dem Sekt nicht mehr; wir irren durch die Geschosse, oben ist ein Krankenhaus und unter dem Dach finde ich eine Privatwohnung, in der jemand ist, aber der Professor isst gerade und will mich – Reste im Mund kauend und schluckend – wegschicken, da erkläre ich mein Problem und er sagt sofort, ich soll warten, telefoniert, um das für mich zu regeln, währenddessen setze ich mich auf den Treppenansatz, der leicht geschwungen nach unten führt, und stelle fest, dass die Treppe ziemlich kaputt ist, was ich auch sage, als er zurückkommt und bedauernd mitteilt, dass er mir nicht helfen kann; er sagt, dass er das schon lange reparieren lassen wollte, nur gleichzeitig noch die schmalen Dachfenster über der Treppe auch noch vergrößern bis zum Dachrand unten, was ich eine gute Idee finde, und im Vorraum unten an der Treppe, wo Heiner und Sabine warten, sage ich, wie nett der Professor war und dass er ähnlich wie Hauer war, was völlig verrückt ist, denn Sabine hat inzwischen im Telefonbuch nachgeschaut und sagt, dass er Holzhauer heißt –

      – »Der endliche Sieg« wird auf einer Waldlichtung gegeben, in der Nähe von München, aber es sind überhaupt keine Zuschauer da, was an den Veranstaltern liegt; wir spielen trotzdem, aber Nägele kapiert nicht, dass ein eingeschobener Monolog noch zu seinem Text gehört, weshalb ich dafür einspringe und im Zelt den Text lese, wobei ich mal sehen kann, was für eine Arbeit das ist, sich so schnell umzuziehen, aber als ich rauskomme, ist alles abgebaut, leer, weg, dafür Zuschauer da, die sich wundern, Nägele zieht sich um, ich flippe aus, tobe rum, Sigrid ist verlegen, Julia tröstet mich und ich gehe scheißen, aber kaum sitze ich und drücke, ohne dass was kommt, kommen plötzlich lauter Leute in die Halle, der erste mit einem Paket, andere, die auch mit dem Stück zu tun hatten, eine Frau unterhält sich mit einem Mann über ihre Blagen, die um sie herumtollen – ein beleidigter Abschied von Nata und mir, aber ich bekomme noch vom Kneipier einen Druckbleistift geschenkt, was mich versöhnt, auch wenn es leicht peinlich ist, wie die Fotografen uns knipsen, und der Kneipier und noch ein anderer stellen sich daneben, um noch aufs Foto zu kommen, je einmal bei Nata, je einmal bei mir, und bei einem Blick zum Fenster raus sehe ich, dass auf der anderen Seite des grünen Hofs ein Mann an einem Tisch sitzt und die Hände hochwirft und mit dem Oberkörper auf den Tisch sich senkt, und wiederholt runter etc., offenbar ein Muslim, der betet, und ich frage Türcke, der in einem großen, altmodischen Bett liegt, ob er ein Stück von meinem dunklen Seidenkaftan schlucken will, um etwas schreiben zu können, was er gerne probieren will, allerdings tollpatschig ein Stück des unteren Teils, das allerdings lose hing, abreißt, ich denke noch, dass das wohl Ärger mit Nata geben wird, und gehe, während Türcke beginnt, sich das Tuch in den Hals zu stopfen, ins Bad, da höre ich schon sein Würgen und Keuchen, und wie ich in den Raum zurückkomme, sehe ich, wie er noch krampfhaft versucht, das Kotzen zu verhindern, und sich vorbeugt bis ans Fußende des Bettes, im letzten Schwung schon anfängt, zu kotzen, allerdings nur Tropfen; ich denke noch: oh Gott, das gibt eine Sauerei, aber es kommt nur ein braunes Klößchen, das neben das Bett fällt, ansonsten dunkelbraune Galle, bis er sich beruhigt hat; zum Glück wollte er das Experiment machen, sonst hätte ich ein schlechtes Gewissen und er steht auf und sagt auf dem Weg zum Bad: »das kommt alles von meiner Gier beim Schlucken«, was ich, das Lachen unterdrückend, natürlich versuche zu dementieren –

      – nach langem Hin und Her auf einem Bauernhof kommen die Bullen zu einer Durchsuchung, ich verschwinde vorher, indem ich lange spazieren gehe, ganz knapp an einem Steilhang entlang in einen bewaldeten Abhang hinab, an dessen Ende ein Haus an einer Straße steht, in dem ich eine Frau nach der Uhrzeit und dem Weg frage; die Frau kommt gerade in ihr Haus zurück in dessen Eingang ich stehe, ist aber nicht verärgert, sondern sehr freundlich –, aber über der Straße ist ein Kindergarten, in den ich erstmal gerate, aus dem ich wieder raus will, aber wieder reingerate, und dann sehe ich am Ausgang am Boden am Rand eine längliche Kiste mit der Aufschrift: »Frisches Sperma«, und frage mich, was das hier im Kindergarten zu suchen hat, und auch, an dem Hang neben dem Haus ist alles unzugänglich und voller Zäune • ich ziehe in ein Reihenhaus am Ende einer Straße, die an eine Uni oder Ähnliches; grenzt; ein großes, vielschichtiges Gebäude, ein Nachbar regt sich auf, ist sofort da und diskutiert lange mit mir; auch der andere Nachbar kommt sofort, aber dann muss ich wieder weg und die schmale Stiege runter, am Aufenthaltsraum vorbei, in dem die Nachbarn gebannt sitzen und zum Fenster hinaus in eine dunkelblaue Szenerie blicken; es wird so etwas ähnliches wie Fußball gespielt, da fällt mir ein, dass ich den Schlüssel vergessen habe, und eile nochmal hoch zu mir; ein strenges Proben beziehungsweise schon Aufführungsritual, aber dann will Hauer mit mir reden, aber wir müssen einen Raum suchen, während eine Frau mich wegen »Ins Blaue« lobt, wobei mir einfällt, dass ich Dimitroff ja an Willi Seidler vom ZDF und Mengershausen schicken könnte • ich renne mit Lutz, Renate und noch einer Frau durch die Straßen und suche das Auto, es ist schon Dämmerung und wir geraten in einen verrückten Bau, der etwa so aussieht, wobei er in diesen Kurven gekachelt abwärts geht, wo auch Gänge mit Geländer sind, über deren eines Lutz flott springt, was Nata und ich uns nicht trauen; außerdem will ich, innen an ein Geländer gelehnt, den Namen des Architekten von der Frau wissen, aber als sie ihn mir diktiert, sehe ich, dass er schon mit Adresse und Telefon bei uns im braunen Büchlein steht, weswegen ich sie einfach überschreibe und versuche, das Buch so zu halten, dass die Frau es nicht merkt, aber dann will ich über die Straße und sehe ein weißes Auto ranrasen, überlege kurz, ob ich es vorher noch schaffe, riskiere es aber dann doch nicht, und schon rast es auf der regennassen Kopfsteinpflasterstraße an mir vorbei, mitten in der Stadt, mit mindesten hundertachtzig Sachen, aber vor dem nächsten Auto komme ich rüber und in eine echte Drehszene neben einem Hochhaus auf einem brückenartigen Vorsprung, über den einer geworfen wird, der fällt und fällt und fällt und in einen wilden Fluss platscht, von dem er in den Tunnel unter dem Haus gerissen wird, oben geht es turbulent weiter, aber ich denke, dass ich träume und mir deshalb nichts passieren kann; selbst wenn ich auch runtergeworfen würde, und in dem Tunnel im Wasser verschwände, passierte mir nichts, was ein regelrechtes Glücksgefühl erzeugt, und neben mir bricht das Haus mit einem tiefen Erdriss weg, überhaupt ist der ganz unterirdische, mehrstöckige Beton, auf dem ich gehe, brüchig und morsch und bricht unter Getöse weg; ich aber bin immer dicht neben den entstehenden Erdspalten, die aufbrechen und neben denen immer größere Teile wegbrechen und auch davonfliegen, die Menschen fallen hinein und werden mit weggerissen, bis rechts von mir alles abgebrochen ist, und ganze Teile der Erde wegbrechen und ins All treiben, die Erde bebt und fließt, zerfließt in steinernen Hängen, die wie Lawinen oder flüssig-kalte Lava kaltflüssige Lavagesteinsmassengeröll sich verschieben, grauschattierend sich verändernde Flüsse ergeben, zwischen denen ich auf dem Rest der Erde höhersteige auf den Berg, und ich weiß jetzt, dass das das Ende der Erde ist, die einfach auseinanderbricht, zerfällt, und ich frage mich, wie ich noch atmen kann; ich müsste doch längst erfroren sein und erstickt, da sehe ich im Gebirgerest, der noch nicht zerflüssigt ist, die weiße Spitze einer Rakete, malerisch, zwischen Hügeln auf der Bergkuppe und ich denke: vielleicht kann ich damit noch weg ins All, wenn ich noch reinkomme, und renne über die dunkelgrünen Bergwiesen darauf zu, aber beim zweiten Hinsehen ist es ein indisch-nepalesisches Mayadenkmal, ein steinerener Bau, groß; ein hoher, schlanker, verzierter, mit Kanten, Treppen, Zeichen, eine drohende Erinnerung an die Menschheit, seit Jahrtausenden verlassen; vielleicht bin ich der erste Mensch, der es seitdem sieht, vielleicht bin ich der letzte, und der Wind peift mir ins Gesicht, ich sehe Vögel aufsteigen, die Berggipfellandschaft ist wunderschön, und es wird so schlimm nicht sein, wenn die Vögel auch noch leben; nur der Wind ist so stark, so deutlich im Gesicht spürbar, dass ich mit Schrecken vermute, dass ich doch nicht träume, alles real ist, ich hier alleine in dieser wilden Schöheit – da sehe ich weiter unten auf der Bergkuppe eine Gruppe Menschen um ein Holzhaus und renne zu ihnen hin, taumle in ihre Mitte, sie sehen mir freundlich, aber ohne zu reagieren, entgegen, stehen nur so rum, und wie ich erleichtert zusammenbreche, beziehungsweise mich fallen lasse, höre ich einen sagen: »ja, ja, so ist es, wenn man gerettet wird«, und Kinder kommen zur mir und streicheln mich und küssen mich; ich habe die Augen geschlossen, es ist, als ob ich nur kurz weg gewesen wäre, und die Kinder flüstern mir Geheimnisse zu,