James Fenimore Cooper

Der Kettenträger


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er war es, Mordaunt,« antwortete Kate mit leiser Stimme.

      »Und Du warest es, die jene Andeutung fallen ließ?«

      »Ganz recht – wir sprachen eines Tages von Dir; und ich drückte meine lebhafte Hoffnung aus, Du werdest Priscilla mit eben den Augen ansehen, wie, das versichere ich Dich, unsere ganze übrige Familie; das war Alles.«

      »Und das war gerade genug, Kind, um Tom Bayard dazu zu bringen, sich zu erhängen, falls er ein Liebender vom ächten Schrot und Korn ist.«

      »Sich zu erhängen, Bruder! Wahrhaftig, ich verstehe nicht, warum?«

      »Ha, einfach, wegen der handgreiflichen Entmuthigung, welche ein solcher Wunsch ganz natürlicher Weise in sich schließt für den Bruder der jungen Dame, da er doch sehen mußte, daß Du Lust habest, die zwei Familien auf eine andere Weise zu verbinden, als dadurch, daß Du ihm Deine Hand reichest.«

      Kate lachte; aber da sie nicht sehr verwirrt und gar nicht unruhig schien, veranlaßte mich dies zu glauben, es sey dem Mr. Tom doch wohl eine bedeutendere Aufmunterung zu Theil geworden, als ihr Wunsch, mich mit der Schwester ihres Anbeters vermählt zu sehen, enthielt, und mein etwaiges Mißfallen an dem genannten Gentleman würde ihr mehr Kummer verursachen, als sie gestehen mochte. Wir ritten jedoch eine Strecke weiter, ohne daß Eines von uns einen Versuch machte, das Gespräch wieder anzuknüpfen. Endlich sprach ich, wie es meinem Geschlecht zustand.

      »Wann soll ich dies Musterbild von einem jungen Mann und dies Musterbild von einem jungen Frauenzimmer zu sehen bekommen, Kate, wenn ich doch Beide sehen soll?«

      »Kein Musterbild von einem jungen Mann, Bruder, gewiß habe ich ihm doch keinen solchen Namen gegeben! Tom Bayard ist ein guter Junge; aber ich wüßte nicht, daß er irgend wie ein Musterbild und Ideal wäre.«

      »Er ist überdies auch ein gutaussehender Junge, das sehe ich' als ausgemacht an?«

      »Nicht in dem Maße wie Du, wenn das Deiner Eitelkeit schmeichelt.«

      »Das muß es wohl, aus einem solchem Munde. Aber meine Frage ist doch noch nicht beantwortet.«

      »Dir die Wahrheit zu gestehen, Mordaunt, ich erwarte, daß wir Tom Bayard und Pris zu Satanstoe treffen und daß sie bei unserer Großmutter zu Mittag essen werden. Sie schrieb mir vor ein paar Tagen, Beide seyen eingeladen, und sie hoffe, Beide würden es annehmen.«

      »Also ist die alte Lady auch im Complott und beabsichtigt mich zu verheirathen, ich mag wollen oder nicht! Ich hatte diesen Besuch ganz für einen Einfall von mir selbst gehalten!«

      Kate lachte wieder und sagte mir, ich möge über diesen Punkt meine eignen Beobachtungen machen und für mich selbst urtheilen. Was den Besuch betreffe, so hätte ich nur zufällig ein Projekt von Andern begünstigt. Das Gespräch nahm jetzt eine andere Wendung, und wir ritten einige Meilen weiter und unterhielten uns von den Auftritten des Krieges, ohne der Bayard's und der Heirathen weiter zu erwähnen.

      Wir waren eine halbe Meile vom Thore des Landhalses und eine Meile vom Hause entfernt, als uns Jaap begegnete, der nach Lilaksbush zurückkehrte und meiner Mutter einiges Obst brachte, nachdem er seinen Auftrag als avant-courrier erfüllt hatte. Aus Kate's Bemerkung hatte ich erfahren, daß wir durch einen Brief eingeladen worden waren, diesen Ausflug zu machen, wiewohl die Förmlichkeit, den Neger mit seiner Botschaft hinüber zu schicken, beobachtet worden war, aus Gründen, die mir unter den obwaltenden Umständen nicht sehr einleuchteten. Ich äußerte jedoch Nichts und beschloß, selbst zu sehen und zu urtheilen.

      Natürlich zogen wir unsern Pferden die Zügel an und hielten, um einige Worte mit dem Schwarzen zu sprechen.

      »Nun, Jaap, wie sah der Landhals aus nach so langer Abwesenheit?« fragte ich.

      »Er aussehen, Sah, gar nicht so gut wie alte Missus, welche kapital aussehen für eine solche Lady. Machen Wunder groß Aufhebens mit Landhals, Sah, wenn Ihr Alles glaubt, was junge Neger sagen. Aber was meint Ihr, Masser Mordy, daß ich gehört in Schenke, wo ich nur anhielt, alten Dick saufen zu lassen?«

      »Und eine Schluck Cider für den alten Jaap zu bestellen,« – hier lachte der alte Neger herzlich, hatte aber die Unverschämtheit, die Anschuldigung weder zuzugestehen noch zu läugnen, da seine Schwäche für derlei Genüsse ein allbekannter Fehler war. – »Nun, was habt Ihr gehört, während Ihr Euren gewohnten Krug verschlucktet?«

      »Ich habe dießmal nur einen halben Krug getrunken. Sah, gar alte Missus nie vergessen, mir so viel zu geben als ich mag. Nun, Sah, während der alte Dick saufen, sagen die neue Wirthin die von Connetick kommen, wißt Ihr, Sah, wohin Ihr gehen, alter farbiger Gentleum? Das war jedenfalls höflich.«

      »Worauf Ihr antwortetet – –«

      »Ich antworten ihr, Sah, und sagen, ich gehen nach Satanstoe, woher ich gekommen, vor langer Zeit.«

      »Worauf sie irgend eine Bemerkung machte – nun, und was war es? Wie lange soll Miß Littlepage auf Euch warten!«

      »Gott segnen sie, Sah – es seyn mein Geschäft aufzuwarten Miß Katrinke, nicht ihr Geschäft zu warten auf mich – Warum Ihr sprechen jetzt so drollig. Masser Mordy?«

      »Laßt das Alles, Jaap – was sagte die neue Dame aus Connektikut, als Ihr antwortetet, Ihr gehet nach Satanstoe, einem Ort, woher Ihr vor langer Zeit gekommen?«

      »Was sie sagen, Masser Mordy, Sah? – Sie sagen große Thorheiten und machen mich toll. Was nennt Ihr mit dem schauerlichen Namen? Sie sagen und ein Gesicht machen, wie wenn sie gesehen ein Gespenst. ›Ihr meinet wohl Dibbleton?‹ sie sagen – das die Art, wie alle Leute die genteel seyn, nennen den Landhals! Habt Ihr je dergleichen gehört, Sah?«

      »O ja, ich hörte dergleichen schon von meiner Geburt an; das Bestreben, den Namen unseres alten Sitzes umzuwandeln, ist jetzt schon dreißig Jahre alt. Ja, manche Leute nennen Hellgate jetzt Hurlgate: nach dieser Probe kann man sich auf Alles gefaßt machen. Wißt Ihr das nicht, Jaap: ein Yankee ist nie zufrieden, wenn er keine Aenderungen machen kann? Die Hälfte seiner Zeit ändert er an der Aussprache seiner eigenen Namen und die andere Hälfte an den unsrigen. Laßt ihn das Gut nennen wie er will, Ihr und ich wir bleiben bei Satanstoe.«

      »Das wollen wir, Sah; geben auch dem Teufel seyn gebührend Theil, das seyn ein altes Wort. Ich gewiß seyn, Jeder der Augen hat, kann sehen, wo seine Zehe den Boden aufgerissen und ihn gestaltet nach sich – kein Dibble da, Sah.«

      Mit diesen Worten ritt Jaap weiter, und meine Schwester und ich thaten dasselbe, das Gespräch weiter fortsetzend, in das wir so zufällig hineingerathen waren.

      »Ist es nicht sonderbar, Bruder, daß Fremde diesen Kitzel haben den Namen des Guts unsrer Großmutter zu verändern?« sagte Kate, nachdem wir den Schwarzen verlassen hatten. »Es ist allerdings ein gemeiner Name; aber er ist jetzt weit über hundert Jahre im Gebrauch und die Zeit wenigstens sollte ihm das Recht verleihen, ungehudelt zu bleiben.«

      »Ja, meine Liebe; aber Du weißt noch Nichts von den Wünschen und Begehrungen und Anstrengungen und dem Ehrgeiz von ein ›wenig Gelehrsamkeit.‹ Ich habe auf meiner kurzen Laufbahn schon genug gesehen, um zu wissen, daß ein Geist unter uns rege ist, der sich den anspruchsvollen Namen: ›Geist des Fortschritts‹ gibt, welcher wahrscheinlich Wichtigeres umstürzen wird, als den Namen unseres alten Landhalses. Es ist ein Geist, der den achtbaren Charakter der Liebe zur Freiheit anzunehmen sucht; und unter dieser Maske läßt er der Bosheit, dem Neid, der Begehrlichkeit, der Habgier und den niedrigsten Leidenschaften unserer Natur freies Spiel. Unter andern nimmt er auch die provinzielle Anmassung