Rose Bloom

Rage


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fragte ich deshalb und wartete ab.

      »Ich erinner mich nur an Musik«, antwortete er mit geschlossenen Augen, und ich musste lächeln. »Zwischendurch ganz schön lahme, kitschige Musik …«, sagte er amüsiert.

      »Haha, wie witzig. So was nennt man Popmusik. Und ich mag sie.« Er gluckste leise als Erwiderung.

      Ich sah in sein Gesicht, prägte mir seine Züge ein. Die Lider waren geschlossen, und ich bewunderte seine langen, dichten Wimpern, für die jede Frau morden würde. Zart fuhr ich mit den Fingern über die langen Stoppeln, die schon fast ein ausgewachsener Bart waren.

      »Der muss definitiv morgen runter«, murrte er.

      »Ich bringe dir deinen Rasierer mit.«

      »Sam soll das machen, du bleibst hier.«

      »Aber die Schwester schmeißt mich raus, wenn sie mich nach der Besuchszeit bei dir erwischt.«

      Er öffnete die Augen und sah mich einige Sekunden ernst an. Sein intensiver Blick ließ heftige Gefühle in meinem Inneren hochbrodeln, und ich musste die Tränen herunterschlucken, weil die Angst, die ich um ihn gehabt hatte, noch viel zu präsent war. Wahrscheinlich würde ich es nie schaffen, sie ganz abzulegen. »Ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, was du die letzten vier Tage durchgemacht hast. Wenn du es gewesen wärst, die hier …« Er brach ab. »Du bleibst bei mir. Die Schwester bekomme ich schon um den Finger gewickelt.« Er zwinkerte mir zu und versuchte damit, seinen Worten Leichtigkeit zu verleihen, was nicht vollständig funktionierte.

      Drei kleine Worte lagen mir auf der Zunge. Ich hatte es nur einmal aus seinem Mund gehört, selbst nur zweimal zu ihm gesagt, davon das eine Mal im Affekt. Ich hatte mir ausgemalt, was ich ihm sagen würde, wenn er aufwachte, aber jetzt kroch wieder Angst in meinen Kopf. Was, wenn ich es ihm sagte und er wollte trotzdem weiter kämpfen? Was, wenn er wieder verletzt würde? Sollte ich mich so tief in unsere Beziehung hängen, wenn ich jedes Wochenende Angst haben musste, ob es noch ein Danach gab? Doch egal ob ich es aussprach oder nicht, es änderte nichts an meinen Gefühlen für diesen Mann.

      »Ich liebe dich«, wisperte ich, und sein linker Mundwinkel zuckte nach oben.

      »Ich liebe dich«, erwiderte er, senkte ganz langsam seinen Mund auf meinen und hauchte mir einen zarten Kuss auf die Lippen. Shawn löste sich von mir, und ich kuschelte mich seufzend an ihn. Er fuhr mit den Fingern durch mein Haar, und eine Gänsehaut kroch mir den Nacken hinab. Trotzdem stand noch etwas zwischen uns. Ich musste ihm sagen, was Malone und Sawyer getan hatten. Und ich hatte Angst, was seine Wut danach wieder mit ihm anrichten würde.

      Ich räusperte mich. »Es wird eine Gerichtsverhandlung geben. Wegen Malone und Sawyer.« Wie gedacht, spannte er die Muskeln an. »Sie haben den Typen für die Kontrollen bestochen und …« Ich atmete tief ein. »… Sawyers Handschuhe manipuliert. Außerdem wurde Malone von Gini wegen Körperverletzung angezeigt.« Stille herrschte im Raum. Man hörte Gelächter vom Flur, und etwas rumpelte über den Boden. Danach wieder Totenstille.

      »Sie kriegen das, was sie verdienen … Die Polizei hat gesagt, mindestens einige Jahre Gefängnis«, meinte ich hastig.

      Nach ein paar Sekunden erwiderte er endlich etwas, aber das gefiel mir ganz und gar nicht. »Du weißt, was danach ist, oder? Einige Jahre reichen nicht aus.«

      »Bitte, sie werden vom Sport ausgeschlossen, wir haben nie wieder etwas mit ihnen zu tun!«

      »Es reicht nicht aus«, wiederholte er erneut leise.

      Ich sah ihn flehend an. »Bitte nicht. Bitte lass das doch andere entscheiden. Du …«

      Er drückte meinen Kopf sanft zurück auf seine Brust, und ich verstand, dass er sich nicht umstimmen ließe. Nicht jetzt. Nicht heute. Niemals hätte ich gedacht, dass es jemanden gab, der einen noch größeren Dickkopf hatte als ich. Wir ergänzten uns ganz wunderbar, und wer gewinnen würde, stand noch in den Sternen.

      5

      Die Sonne schien mir direkt ins Gesicht und weckte mich. Mein Rücken tat vom Liegen weh, mein Kopf glich einem Totalschaden, und mein Hals war trocken wie die Sahara. Doch ich war trotzdem glücklich, weil in meinen Armen Laurens anschmiegsamer, perfekter Körper lag. Wir hatten uns die ganze Nacht nicht bewegt, lagen eng aneinandergekuschelt, und ich traute mich auch jetzt kaum, zu atmen, weil ich sie nicht wecken wollte. Obwohl ich nichts lieber getan hätte, als endlich zu duschen.

      Ihre weichen, rötlich braunen Haare lagen über meinem Arm ausgebreitet, ihre zarte Hand ruhte auf meiner Brust, direkt auf der Stelle, unter der mein Herz wild schlug. Sie hatte immer noch diese Wirkung auf mich, selbst wenn sie nichts tat. Zum Teufel, der einzige Gedanke, den ich hatte, als ich im Käfig umgefallen war, galt ihr. Meinem Licht, meiner Sonne, meiner Liebe. Genauso wie der erste, als ich die Augen aufgeschlagen und ihr Gesicht gesehen hatte. Ich hatte immer über Sam gelacht, wenn der liebeskranke Idiot in solchen kitschigen Tönen von seinen Freundinnen sprach. Sogar richtig ausgelacht hatte ich ihn und nur darüber den Kopf geschüttelt, wie man so dämlich sein konnte, sich nur einer Frau zu widmen. Nun konnte ich nachvollziehen, was er meinte. Nie hatte ich stärker für jemanden empfunden, und alles drumherum verblasste. Fast alles. Leider konnte ich den heftigen Drang, mein Training wieder aufzunehmen, kaum unterdrücken. Ich hatte mein gesamtes Leben darauf ausgerichtet, von Anfang an so gelebt. Trainiert, gekämpft, gesiegt, auch einmal verloren. Aber nun so taten- und planlos hier zu liegen und nichts zu tun … das konnte ich kaum ertragen. Was sollte ich tun, wenn nicht das Einzige, wofür ich geschaffen war? Mein Körper und mein Geist waren darauf ausgelegt, niemals käme etwas anderes für mich infrage.

      Lauren bewegte sich in meinen Armen, und ich strich ihr durchs Haar.

      »Morgen«, brummte sie.

      »Morgen, Bambi.« Allein ihr Lächeln war es wert, dass ich weiterhin diesen Spitznamen benutzte.

      »Du bist noch da«, stellte sie leise fest.

      Ich grinste sie an. »Ehrlich gesagt konnte ich mich unter deinem Gewicht auch nicht bewegen. Ich hätte nicht wegrennen können, selbst wenn ich es gewollt hätte.«

      Sie verengte die Augen zu Schlitzen und erhob langsam ihren Oberkörper. Ich sah ihr jedoch an, dass sie genau verstand, wie ich es meinte. Niemals wäre sie mir zu schwer gewesen, was für ein lächerlicher Gedanke.

      »Vielen Dank auch, Mister Charming! Sie schaffen es immer wieder, dass sich eine Frau wunderschön und begehrenswert fühlt!«

      »Ach komm, tu nicht so, als wüsstest du nicht, wie sehr du mir den Kopf verdrehst.« Ich zwinkerte ihr zu, rutschte ein Stück nach oben und zog sie an ihrem Nacken zu mir herunter. Meine Lippen fanden ihre in einem fast keuschen Kuss, und ich ließ sie wieder los. Mit einem Grinsen stieg sie von meinem Bett, und ich sah ihr hinterher, wie sie in dem angrenzenden Badezimmer verschwand. Fuck, ich war wegen der Infusionen und des verdammten Katethers immer noch an dieses Bett gefesselt und hasste das Gefühl, mich nicht frei bewegen zu können. Prompt ging die Tür auf, und eine Schwester kam in Begleitung des Arztes herein.

      »Guten Morgen, Mister Dawson!«, flötete sie. Ihre grauen Haare trug sie, wie bereits gestern, hochgesteckt, und die Brille mit dem roten Gestell hing an einem Band um ihren Hals. Sie erinnerte mich an eine Lehrerin aus meiner Highschoolzeit. Ich mochte sie irgendwie.

      »Mister Dawson, wie geht es Ihnen heute?«, fragte der Arzt und blieb vor dem Bett stehen. Es hatte schon Vorteile, wenn man ein erfolgreicher Sportler war. Chefarztbehandlungen und Einzelzimmer. Durchaus angenehm.

      »Gut.« Abgesehen von den Kopfschmerzen der Hölle und meinem gesamten Körper, der sich anfühlte, als hätte mich eine Dampfwalze überrollt. Mehrmals.

      Lauren kam aus dem Badezimmer und sah ertappt zwischen dem Arzt und der Schwester hin und her. Sie schmunzelten beide nur, weil sie genau wussten, dass die Besuchszeiten noch nicht begonnen hatten, und wandten sich wieder mir zu.

      »Wann darf