und ruft laut seiner Frau zu: „Biana, wir bekommen Besuch! Bitte kommen Sie doch herein. Sie sind unser erster Besuch hier im neuen Heim. Wir sind sehr erfreut.“ Da er Englisch spricht, verstehen ihn nur Mama und Papa. Die Kinder stehen staunend daneben.
Vater Andi stellt seine Familie vor und dann kommt auch schon die neue Nachbarin mit einem Kind auf dem Arm. Ein anderes Kind hat sie an der Hand. „Das ist meine Frau Biana und meine Kinder Sabia und Lucas. Wir kommen aus Namibia. Es war eine weite Reise hierher. Ich habe hier in Deutschland eine gute Arbeit gefunden als Ingenieur und meine Frau ist Lehrerin. Vielleicht kann sie demnächst hier in der Schule Englischunterricht geben. Wir müssen uns noch an Vieles gewöhnen. Alles ist neu für uns. Auch der Schnee und die Kälte.“
Die Kinder laufen gleich ins Kinderzimmer. Alle Spielsachen werden ausgiebig angeschaut. Sie verstehen sich auch ohne gemeinsame Sprache.
Die Erwachsenen gehen ins Wohnzimmer. „Ich heiße Sie als unsere neuen Nachbarn herzlich willkommen“, sagt Vater Andi. Sie geben sich freundschaftlich die Hände und lächeln dabei. Sie reden noch eine Weile zusammen, unter anderem auch über das bevorstehende Weihnachtsfest. Weil die Kinder ins Bett müssen, verabschieden sie sich bald.
Zu Hause angekommen meint der Vater: „Da haben wir nette Nachbarn bekommen, was meinst du, Iris?“
Nun mischen sich die Kinder ein: „Uns fragst du gar nicht. Wir haben schon Freundschaft geschlossen und ihnen versprochen, sie nach Weihnachten mit in den Kindergarten zu nehmen.“
„Ja, dann ist ja alles gut. Nun ab mit euch ins Bett, morgen reden wir weiter.“
Am anderen Morgen sitzen alle um den Frühstückstisch und beratschlagen, was noch zu tun ist, denn heute ist Heiligabend.
„Ich hole gleich den Tannenbaum und ihr helft mir beim Schmücken. Mama backt den Weihnachtskuchen und bereitet das Weihnachtsessen vor. Um fünf Uhr gehen wir alle in die Kirche. Was meint ihr zu meinem Vorschlag“, fragt der Papa.
„Ach, wir haben uns doch mit unseren neuen Freunden verabredet“, ruft Henning.
„Ja, du kannst ja rübergehen und sie fragen, ob sie mit uns in die Kirche gehen“, meint Mama Iris.
„Gute Idee“, ruft Papa und die Kinder laufen los.
Als sie zurück sind, strahlen sie und Mama sieht ihnen schon von Weitem an, dass sie Erfolg hatten.
Zwei Familien aus ganz verschiedenen Welten gehen zusammen in die Kirche. Sie verstehen sich gut und die Kinder hören den Vater sagen: „Wollen Sie nicht bei uns den Heiligen Abend verbringen? Das würde uns sehr freuen. Und die Kinder werden begeistert sein, wenn Sie Ja sagen.“
„Danke, wir nehmen Ihre Einladung gerne an“, antworten beide wie aus einem Mund. Und so feiern sie fröhlich den Heiligen Abend zusammen. Als die Lichter am Weihnachtsbaum angezündet werden, strahlen die Augen der Kinder. Sie sehen kleine Päckchen unter dem Baum liegen. Der Vater bückt sich und verteilt sie. Das ist für die Kinder der schönste Augenblick an Heiligabend. Danach werden viele Weihnachtslieder gesungen und Geschichten erzählt. Die neuen Nachbarn erzählen, wie man in Namibia Weihnachten feiert. „Bei uns ist es Weihnachten sehr heiß, wir haben oft 40 Grad im Schatten und die Kerzen müssen im Kühlschrank gelagert werden“.
„Oh, und wir ziehen dicke Pullover an und freuen uns, dass wir eine Heizung haben“, antwortet Vater Andi.
Alle sind glücklich, besonders die Kinder. Herzlich umarmen sich die beiden Familien und wünschen sich gegenseitig eine gesegnete Weihnacht. Gemeinsam singen sie, jeder in seiner Sprache: Stille Nacht, heilige Nacht.
Lore Buschjohann aus Gütersloh schreibt gerne Kindergeschichten. Einige dieser Geschichten wurden bereits in Anthologien veröffentlicht.
*
Weihnachtsbasar
Wenn es etwas gibt, worüber sich alle Kinder auf der Welt einig sind, dann bestimmt darüber, dass die Weihnachtstage zu den schönsten Tagen des Jahres gehören. Während jedes Kind an einem anderen Tag Geburtstag hat, so gibt es beim Weihnachtsfest einen Grund, sich gemeinsam zu freuen, Geschenke zu bekommen und selbst welche zu verschenken.
An diesen besonderen Tagen ist kaum ein trauriges Gesicht zu sehen. Es gibt mehr Kekse, als ein Kindermagen verträgt, funkelnde, selbst geschmückte Weihnachtsbäume und farbenfrohe Lichter, die jedes Fenster schmücken. Wer könnte auch nur daran denken, da Trübsal zu blasen?
„Wahrscheinlich bin ich im Moment das einzige traurige Kind auf der Welt“, dachte Kai missmutig, während er auf seinem Bett saß und aus dem Fenster hinaus in die Finsternis starrte.
Vor Kurzem hatte es angefangen zu schneien. Bestimmt kamen ihn morgen früh seine Freunde besuchen, um ihn zur ersten Schneeballschlacht des Winters abzuholen. Sein Blick verfolgte die dicken weißen Flocken, die stetig zu Boden fielen. Nicht sehr spannend, aber immer noch besser, als das große pinke Ungetüm anzustarren, das auf der anderen Seite seines Bettes auf ihn wartete.
Vor wenigen Stunden noch, als er mit seiner Familie unten im Wohnzimmer saß und darauf wartete, dass die Bescherung endlich anfing, hatte er an nichts anderes denken können. Das riesige Paket, auf dem in fetten schwarzen Buchstaben sein Name stand, zog seine Blicke magisch an. Vielleicht hätte ihn das rosa Geschenkpapier mit den aufgedruckten Feen stutzig machen sollen. Doch er dachte, es handle sich nur um einen kleinen Scherz, den sich der Weihnachtsmann erlaubt hatte.
Ha! Von wegen!
Anstatt der coolen Playmobil-Ritterburg oder des knallroten ferngesteuerten Autos, das ganz oben auf seiner Wunschliste stand, hatte er ein Pony geschenkt bekommen. Ein pinkes Stofftier-Pony mit riesigen blauen Glupschaugen und goldener Mähne. Schnell hatte sich das erwartungsfreudige Grinsen in eine enttäuschte Grimasse verwandelt.
„Das ist das letzte Mal, dass wir dein Geschenk beim Weihnachtsmann bestellen“, versuchte sein Vater ihn zu trösten. „Nach den Feiertagen fahren wir in den Spielzeugladen und du darfst dir ein neues Geschenk aussuchen.“
Das nutzte Kai in der jetzigen Situation überhaupt nichts! Was war nur passiert? Er hatte sich so bemüht, den Wunschzettel ordentlich zu schreiben. Konnte der Weihnachtsmann etwa seine Schrift nicht lesen? Oder gab es eine Verwechslung? Vermutlich würde er es nie erfahren.
Während er dasaß und in seinen traurigen Gedanken versank, sah er aus seinen Augenwinkeln, wie auf einmal ein gleißendes Licht mitten in seinem Zimmer auftauchte. Erschrocken zuckte er zusammen, zwang sich jedoch, genau hinzusehen, was geschah. Eine kleine rundliche Gestalt trat aus dem Lichtkreis hervor, schnaubte mehrmals und blickte den Jungen aus großen waldgrünen Augen an. Sie trug eine spitze Zipfelmütze und ein grünes Jäckchen. An ihren Beinen ringelte sich eine weiß-rote Strumpfhose empor, die aus spitzen, nach oben gebogenen Schuhen entwuchs.
„Ein Weihnachtself!“, entfuhr es ihm, ehe er sich beherrschen konnte. Hastig schlug er sich eine Hand vor den Mund, um das fremdartige Wesen nicht aus Versehen zu verärgern. Doch der Elf lächelte nur und verbeugte sich vor ihm.
„Ganz recht. Ich bin ein Weihnachtself“, verkündete er mit heller Stimme. „Und ich bin zu dir geschickt worden, um mich im Namen des Weihnachtsmannes zu entschuldigen. Uns ist ein schlimmer Fehler bei der Zuteilung der Geschenke unterlaufen.“ Sein Blick fiel auf das pinke Pony. Er blinzelte. „Ein wirklich schrecklicher Fehler“, fügte er hinzu.
Kai rümpfte die Nase. „Ist auch egal. Jetzt ist es zu spät, um etwas daran zu ändern.“ Aber ihm tat es schon leid, dass irgendwo auf der Welt ein kleines Mädchen vergeblich auf sein Stofftier gewartet hatte.
„Keinesfalls!“, rief der nächtliche Besucher aus. „Du ahnst ja gar nicht, wie anstrengend unser Job ist! Wir müssen jedem Kind auf der Erde ein Geschenk bringen. Wir arbeiten hart daran, unser System zu verbessern, aber der Weihnachtsmann ist auch nicht mehr der Jüngste und Fehler passieren eben. Auch bei uns. Deswegen möchte ich dich herzlich auf den Weihnachtsbasar einladen!“
Der