da noch viel mehr Geschenke, doch die interessierten den Jungen nicht. Er hoffte, dass jetzt alles nach Plan lief.
Als das Lied zu Ende war, begrüßte Paul seine Großeltern und sagte noch ein Gedicht auf.
„Jetzt aber Geschenke!“, drängelte Opa.
Natürlich gab es für jeden etwas. Oma sprühte ihr neues Parfum in die Luft und packte ein Seidentuch aus. Opa warf sich einen selbst gestrickten Schal um den Hals und hielt ein Paar Wollsocken in Rot und Grün in die Höhe. Mama freute sich über eine neue Backform und ein kunterbuntes Tuschebild. Schließlich blickten alle Paul an, der sich daranmachte, ein ziemlich großes Paket auszupacken. Es dauerte einen Moment, doch dann öffnete er den Deckel und erstarrte. Er glaubte seinen Augen nicht! Da drinnen saß der kleine Max und blickte ihn an.
„Da ist ja noch ein Geschenk“, rief Mama und holte das Paket mit der roten Schleife. „Das ist bestimmt auch für dich.“
In Pauls Kopf purzelten die Gedanken wild durcheinander. Der Max war gar nicht abgehauen, der saß hier unter dem Weihnachtsbaum. Und nun würde Paul auch noch den Moritz auspacken! Denn der saß ja in dem letzten Paket.
„Sieh an“, lachte Opa, „gleich zwei Stück. Das ist sehr gut, denn Meerschweinchen sollten niemals alleine sein.“
„Das sind Max und Moritz“, sagte Paul ganz leise. „Das sind Engelsgeschenke.“
„Ja“, schmunzelte Mama, „und Engelsgeschenke kann man nicht umtauschen!“
Ramona Stolle lebt in ihrer Heimatstadt Berlin. Sie schreibt Geschichten und Gedichte für kleine und große Leserinnen und Leser. Die Weihnachtszeit ist für sie die schönste Zeit des Jahres.
*
Der Elch Mirko
Es war einmal ein Elch, der lebte in einem tief verschneiten Zauberwald, in dem sich noch der Hase und der Fuchs „Guten Tag“ sagten.
Es war ein kalter Wintertag, die Schneeflocken rieselten leise vom Himmel und der ganze Wald war in Schweigen gehüllt. Da! Auf einmal gab es ein lautes Geräusch. Mirko, der Elch, ließ ein lautes Stöhnen von sich, das den gesamten Wald vor lauter Schreck erstarren ließ.
Ein kleiner Hase steckte seine Nase aus einem Kaninchenloch. „Was ist denn los, lieber Elch?“
„Ich hab solche Schmerzen“, antwortete Mirko und zeigte dabei auf seine Zähne.
„Oh nein, du armer Elch“, sagte der kleine Hase und hüpfte auf ihn zu. „Kann ich mir den Zahn mal ansehen?“ Und schon steckte der kleine Hase seinen kleinen Kopf in das Maul des Elchs und besah sich die Zähne. „Oh oh, das sieht nicht gut aus.“ Der kleine Hase schüttelte den Kopf und sah den Elch mitleiderregend an. „Da ist ein großer Zahn, der ist ganz entzündet.“
Während die beiden beschäftigt waren, näherte sich Linus, ein Vogel, der am anderen Ende des Waldes auf einem Baum hoch über den Wipfel gesessen hatte und von dem Schrei des Elchs fast vom Baum gefallen wäre. „Was ist hier los?“, zwitscherte er.
„Ich hab solche Zahnschmerzen“, gab der Elch zur Antwort.
„Ja, und es sieht echt übel aus“, merkte der kleine Hase an.
„Lass mal sehen“, sagte der Vogel Linus und schon quetsche er seinen Kopf in das Maul vom Elch. „Oh weh, das sieht wirklich nicht gut aus. Der Zahn muss raus.“ Mitfühlend legte er einen Flügel auf Mirkos Kopf und setzte sich auf seinen Rücken.
„Der Zahn muss raus? Nein, nein das geht nicht.“ Mirko, der Elch, machte einen Satz nach hinten und Linus wäre fast hinuntergefallen.
Da gesellte sich ein freches Eichhörnchen zu ihnen. „Was war denn das für ein Geschrei?“, fragte es und knabberte an einer Nuss weiter.
Der kleine Hase, Mirko, der Elch, und Linus, der Vogel, gaben gleichzeitig eine Antwort und man konnte vor lauter Aufregung kein Wort mehr verstehen.
„Einer nach dem anderen, bitte“, sprach das freche Eichhörnchen. Und so erzählten ihm die drei von dem Unglück.
„Ich verstehe.“ Nachdenklich kaute das Eichhörnchen an seiner Nuss weiter. „Der Zahn muss raus.“ Und frech wie es war, schmiss es eine der Nüsse direkt auf den Zahn des Elchs Mirko zu. Die Nuss prahlte laut ab, aber der Zahn war immer noch da.
„Einen Versuch war es wert“, lachte das Eichhörnchen und verschwand in seinem Baumversteck.
Da kam ein schlauer Fuchs dazu, der auf seiner Nase eine runde Brille trug. „Ich weiß, was wir machen. Danach wirst du keine Schmerzen mehr haben, lieber Elch.“ Der schlaue Fuchs nahm einen dicken Faden, wickelte ihn um den schmerzenden Zahn und gab das andere Ende Linus, dem Vogel.
„Linus, du fliegst so hoch, wie du kannst, und bindest den Faden am obersten Ast eines Baumes fest.“
So wie geraten, so getan.
Linus flog so weit hoch, wie er konnte, und machte den Faden fest. „So, und jetzt, lieber Mirko, musst du auf den untersten Ast klettern und dann in den Schneehaufen hüpfen.“
„Ich soll auf den Baum klettern? Aber das geht doch nicht, ich bin doch ein Elch und kein Eichhörnchen“, gab der Elch widerwillig zur Antwort. „Das funktioniert nie im Leben.“
Da kam ein starker Bär dazu und bot seine Hilfe an. Mit aller Kraft schoben sie Mirko, den Elch, auf den untersten Ast eines Baumes.
Vor Angst zitternd, saß nun der arme Elch auf dem Ast und traute sich nicht, in den Schneehaufen zu hüpfen. Da gab das freche Eichhörnen ihm hinterrücks einen Schubs und schon flog der Elch in den Schneehaufen. Und der Zahn baumelte in der Luft am Faden.
„Juhuu ich hab keine Schmerzen mehr“, rief Mirko, der Elch, und lachend umarmten sich alle.
Das Schneehüpfen hatte solchen Spaß gemacht, das man seit diesem Tag immer wieder Freudenjuchzer aus dem verzauberten Wald hören kann. Wer sich also eines Tages in einem verschneiten Zauberwald verirren sollte, muss nur dem lauten Lachen folgen.
Linda Hagspiel, 1991 im Allgäu geboren und aufgewachsen, schrieb ihre erste Geschichte mit zwölf Jahren. Nach ihrem Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften in Innsbruck zog sie zurück ins Allgäu. Dort arbeitet sie als Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte. Inspirationen für ihre Geschichten findet sie beim Wandern in den heimatlichen Bergen und Wäldern oder auf Reisen durch fremde Länder.
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Tanni
Julius war in diesem Jahr als einer der Weihnachtsengel für besondere Aufgaben ausgewählt worden. Daher saß er im Auftragsbüro und wartete gespannt darauf, welche Aufgabe er bekommen würde. Da wurde er auch schon zum Chef gerufen.
„Julius, in diesem Jahr will ich ein Experiment wagen. Du sollst einen kleinen Tannenbaum und eine Familie am Heiligen Abend glücklich machen. Wenn dir dies gelingt, werde ich die Familie in der Weihnachtsnacht noch mal besonders überraschen.“
„Uih, gleich zwei Aufgaben“, dachte Julius.
„Nicht zwei Aufgaben“, sagte der Chef, der die Gedanken von Julius offensichtlich gelesen hatte, „sondern eine mit mehreren Beteiligten. Komm, ich zeige es dir.“
Vom himmlischen Beobachtungsbüro sahen sie herab zu einem Weihnachtsbaumstand. „Schau mal, da in der Ecke steht Tanni, der Tannenbaum. Auch bei der Erschaffung von Tanni habe ich mir sehr viel Mühe gegeben. Aber die Menschen erkennen es nicht. Sie erkennen die wahre Schönheit nicht mehr. Nur Äußerlichkeiten sind wichtig. Was hinter der Fassade steckt, ist ihnen egal. Ich will ausprobieren, ob es in dieser Stadt noch einen Menschen gibt, der Schönheit auch im Unperfekten sehen kann. Also mach dich auf, flieg zur Erde. Dir ist alles erlaubt, um die Menschen