schließen sich von selbst, aber trotzdem liegt der Saal nicht in Dunkelheit. Jeder einzelne Sitz weist sich durch eine Inschrift für einen bestimmten Ritter aus, lediglich der sogenannte gefährliche Sitz bleibt unbesetzt und soll genau 454 Winter nach der Passion Christi von einem Ritter eingenommen werden. Arthur vereidigt die Mitglieder der Tafelrunde und lässt sie jedes Jahr am Pfingstfest den Eid erneuern: Schande zu vermeiden sowie auf Verrat, Mord und Grausamkeiten zu verzichten; dagegen solle man sich stets als gnädig erweisen, für die Gerechtigkeit kämpfen und den Schwachen, insbesondere edlen Damen, hilfreich zur Seite stehen. Königin Ginevra wählt die herausragendsten 24 Ritter der Runde aus, um sie in London zu einem Festmahl zu laden: Gawain und seine Brüder Agrawein, Gaheris, Gareth und Mordred, ferner Bors, Blamore und Bleoberis von Ganis, außerdem Galihud, Galihodin, Ector von Maris, Lionel, Palamides und sein Bruder Safere, Sir La Cote Male Taile, Persant, Ironside, Brandiles, der Seneschall Kay, Mador de la Porte, Patrise, Aliduke, Astamore und Pinel le Savage.
In der Runde der edlen Sirs fehlt Lanzelot und mit ihm der beste und erste Ritter überhaupt (diese Bezeichnung findet sich noch im Titel eines Artusfilms, vgl. Kap. 3). Ginevra lädt die anderen ein, um Gerüchte zu zerstreuen, sie bevorzuge Lanzelot – was bekanntlich zutrifft. Bereits über den Knaben weissagte Merlin, er werde »der größte Held in der ganzen Welt« (Sir Thomas Malory 1977, 128). Das galt dem Sohn des Königs Ban von Benwick (in der Bretagne) und seiner Frau Elaine. Durch ein ungewöhnliches Geschick nimmt sich die Anderwelt-Dame Viviane des Jungen an und bringt ihn auf den Grund eines Sees, wo er anscheinend unter Frauen der anderen Welt heranwächst. Dieser Jugendzeit verdankt er seinen Beinamen Lanzelot vom See (Lancelot du Lac). In der Gemeinschaft der Tafelrunde steht er zweifellos an der Spitze der Ritter, womit er Gawain auf die Plätze verweist: »So war zu dieser Zeit Sir Lanzelot der berühmteste Ritter der Welt und wurde von hoch und niedrig am meisten verehrt« (ebd., 246). Aber er bietet nicht nur die Vollendung aller ritterlichen Tugenden, sondern wird auch von den Frauen geliebt, nicht zuletzt von solchen überirdischer Natur und letztlich sogar von Königin Ginevra. Diesem Umstand sind auch seine zahlreichen Abenteuer zu verdanken, denen er als Ritter der Tafelrunde nicht aus dem Weg geht. Auf einer seiner Fahrten nähert sich dem schlafenden Lanzelot ein seltsamer Zug aus vier Edelfrauen, die auf weißen Maultieren sitzen und von vier Rittern begleitet werden, die ein grünes Seidentuch über sie halten und damit vor der Sonnenhitze schützen. Es sind allesamt Königinnen, darunter die Zauberin Morgane (Morgan le Fay), die einen Zauber über den Schlafenden ausspricht. Als er in einer Burg erwacht, wollen die vier Damen den edelsten Ritter zwingen, unter ihnen eine Wahl zu treffen. Aber Lanzelot beschimpft sie als »heimtückische Zauberinnen« (ebd., 216) und entscheidet sich für die angedrohte Kerkerhaft. Eine Edeldame, die ihn bedient, verhilft ihm zur Flucht, bittet aber um Hilfe für ihren Vater. Damit wird der Reigen absonderlicher Abenteuer fortgesetzt, die den Helden mit kampfeswütigen Rittern, Unholden, Zauberinnen und schönen Adelsdamen zusammenführen. Er besteht zahllose Turniere als Sieger und hilft derweil anderen Artusrittern. Unter anderem erschlägt er einen Ritter, der Frauen Gewalt antut, zwei Riesen, die ihn mit Keulen attackieren, und einen Drachen, der in einem Grab haust. Gegner, die ihn zum ritterlichen Kampf fordern, besiegt er und schickt sie zum Hof König Arthurs, dem sie fortan dienen sollen. Die Zauberin Hellawes, Herrin der Burg Nigramous, würde Lanzelot am liebsten einbalsamieren, um ihn für immer bei sich zu behalten. Als er sich dem widersetzen kann und davonreitet, stirbt sie vor Kummer.
Am Hof des Königs Pelles, der mit dem Gralsbringer Joseph von Arimathia (vgl. Kap. 9) verwandt ist, erblickt Lanzelot ein Fräulein mit einem goldenen Gefäß in den Händen – es ist der Heilige Gral, dessen Geheimnis aber auch der erste Ritter nicht lösen kann. Hier nun täuscht die zauberkundige Lady Brisen Lanzelot vor, mit der von ihm verehrten und geliebten Königin Ginevra zu schlafen. Am nächsten Morgen erkennt Lanzelot die Wahrheit, als er in der schönen nackten Frau neben sich Elaine, die Tochter König Pelles’ erblickt. Der Sohn beider wird der spätere Tafelritter Galahad. Ginevra erfährt Gerüchte über diese Liaison und ist zutiefst erzürnt. Aber die Zauberin Brisen bringt Lanzelot in eine noch schlimmere Situation: Als nämlich Elaine nach Camelot reist, wendet sie erneut ihre magische Täuschung an und führt den Ritter in Elaines und nicht in Ginevras Kammer. Als diese davon erfährt und den Unglücklichen zur Rede stellt, verfällt er dem Wahnsinn und springt aus dem Fenster. Lange Zeit bleibt Lanzelot verschwunden, obwohl viele Ritter der Tafelrunde nach ihm suchen. Lady Elaine entdeckt ihn schließlich schlafend im Garten, woraufhin sie ihren Vater Pelles um Hilfe bittet. Der Ritter wird in einem Gemach neben den Gral gelegt, worauf er gesundet und vom Wahnsinn befreit wird. Er nimmt wieder seine Abenteuerfahrten auf. Ginevras Wunsch ist es allerdings, dass er den Hof meiden soll, um den Gerüchten über ihre Liebesbeziehung nicht weiter Nahrung zu geben.
Da gerät die Königin in eine Intrige, der zufolge sie einen Giftmord zu verantworten hat. Nur ein Zweikampf kann sie vor dem Scheiterhaufen retten. Auf der Wiese von Westminster rettet Lanzelot Ginevra im letzten Augenblick vor König Arthur und den Rittern der Tafelrunde, als er gegen den Herausforderer Mador antritt: Anfangs gibt er sich nicht zu erkennen, tritt vor Arthur für die Königin ein, schmäht die anderen Ritter wegen ihres Verhaltens und fordert den Zweikampf. Erst nachdem er Mador besiegt, ihm Gnade gewährt und dieser seine Anschuldigung gegen die Königin zurückgenommen hat, nimmt Lanzelot seinen Helm ab. Obwohl sich in Camelot Erleichterung und Freude verbreiten, sorgt die Liebe zwischen Ginevra und Lanzelot für Unruhe. So als er auf einem Turnier eine Schleife an seinem Helm trägt, die Elaine gewidmet ist, aber den Unmut der Königin weckt. Nach diesen Kabalen und Lanzelots Entscheidung, wieder auf Queste (altfrz., »Suche« nach Abenteuern bzw. Aventiuren) zu gehen, stirbt Elaine vor Kummer. Die Schuld dafür gibt die Hofgesellschaft ihrem ersten Ritter. Weiteres Ungemach droht von Ritter Meliagaunce, der in Liebe zu Ginevra entbrennt und sie entführen lässt. Es gelingt ihr, Lanzelot eine Botschaft zukommen zu lassen. Auf dem Weg ihrer Befreiung erwirbt er sich seinen Beinamen des »Karrenritters«: Als der gewappnete Ritter sein Pferd verliert, benutzt er sogar einen Karren, um zur Burg Meliagaunces zu gelangen. Dort besiegt er diesen und befreit die Königin – den Gerüchten um ihre Liebe und den Betrug König Arthurs gibt dies alles neuen Auftrieb. Es kommt zu den Beschuldigungen gegen die Königin, die Lanzelot auf dem Scheiterhaufen befreit (vgl. oben). Der beste Ritter der Tafelrunde wird zur tragischen Gestalt, die für die inneren Kämpfe des Artushofes mitverantwortlich ist. Selbst die endliche Versöhnung mit dem König kann dessen Reich um Camelot nicht mehr retten. Und auch bei der Suche nach dem Gral hat Lanzelot versagt. Nach einem letzten Gespräch mit der geliebten Königin, die sich mittlerweile in ein Kloster zurückgezogen hat, ergreift auch Lanzelot die Mönchskutte und zieht sich zurück. Später bringt er die tote Ginevra zu Fuß von Almesbury nach Glastonbury und bestattet sie in einem Marmorsarg neben König Arthur.
Lanzelots Sohn Galahad bleibt dem Vater treu verbunden, übertrifft ihn aber bei Weitem an Tugendhaftigkeit. Deswegen gilt er als der tadellose und gute Ritter schlechthin, für den von Anfang an der gefährliche Sitz der Tafelrunde bestimmt war. Mit ihm wiederholt sich das Motiv des Wunderschwertes. Ein solches treibt nämlich, in einen Marmorstein gestoßen, einen Fluss hinunter. Dieses prächtige Schwert trägt die Inschrift: »Kein Mann wird mich herausziehen, außer dem, an dessen Seite ich hängen soll, und er wird der beste Ritter der Welt sein« (ebd., 706). Was eigentlich Lanzelot zukäme, lehnt dieser ab; die Bemühungen Gawains und Parzivals bleiben erfolglos. Erst Galahad gelingt es, das Schwert aus dem Stein zu ziehen. Damit besteht er etliche Abenteuer und gewinnt die Zuneigung mancher schönen Frau, deren Avancen er jedoch stets widersteht. Denn letztlich kommt ihm eine geradezu spirituelle Aufgabe zu, findet er doch den Heiligen Gral, dessen Aufgaben er allein erfüllt. Der Suche nach dem Gral geht dessen Erscheinung vor der Tafelrunde voraus: Eine Dame auf einem weißen Pferd kündigt es an, worauf nach kräftigem Donnern gleichsam schwebend der Gral in der Halle erscheint, mit golddurchwirktem Damast bedeckt und von süßen Düften begleitet. Nach dieser Erscheinung gelobt Gawain die Suche nach dem wunderbaren Gegenstand und viele Ritter folgen ihm. Aber Galahad erweist sich als der Erwählte, der von den Geschichten um Joseph von Arimathia und dem Heiligen Gral erfährt. Er weiß dem Gralskönig die rechte Hilfe zukommen zu lassen und verstirbt schließlich in dem wunderbaren Land Sarras. Danach soll den Gral kein Mensch mehr erblickt haben (vgl. Kap.