seine Büchse zwischen zwei Bäumen durchzustecken suchte; »wir wollen bei ihrer Annäherung Feuer geben.«
»Haltet Alles im Schatten,« sprach der Kundschafter; »das Schnappen des Feuersteins, oder selbst der Geruch eines einzigen Pulverkorns auf der Zündpfanne würde sie uns wie hungrige Wölfe über’n Hals bringen. Sollte es Gott gefallen, daß wir für unsere Skalpe kämpfen müßten, so vertraut auf die Erfahrung von Männern, welche die Wege der Wilden kennen und selten dahinten bleiben, wenn das Kriegsgeschrei ertönt.«
Duncan blickte zurück und sah, wie die zitternden Schwestern sich in einem fernen Winkel des Gebäudes an einander schmiegten, indeß die Mohikaner gleich zwei aufrechten Posten im Schatten standen, bereit loszufeuern, sobald es nöthig seyn würde. Seine Ungeduld bekämpfend, blickte er wieder durch die Oeffnung auf die lichte Fläche und erwartete schweigend den Ausgang. Alsbald öffnete sich das Dickicht und ein hoher bewaffneter Hurone trat einige Schritte auf die offene Fläche vor. Während er das stille Blockhaus betrachtete, fiel das volle Mondlicht auf seine schwärzlichen Züge und verrieth sein Erstaunen und seine Neugierde. Er stieß jenen Ausruf aus, der die erstere Empfindung bei dem Indianer stets zu begleiten pflegt und ein leichter Ruf führte einen Begleiter an seine Seite.
Diese Kinder der Wälder standen einige Augenblicke stille, indem sie auf das verfallene Gebäude deuteten, und in der unverständlichen Sprache ihres Stammes sich mit einander unterhielten. Jetzt näherten sie sich mit langsamen, vorsichtigen Schritten, indem sie jede Minute inne hielten, das Gebäude anzustarren, gleich verscheuchten Damhirschen, deren Neugierde mächtig mit Besorgnissen um die Oberhand streite. Plötzlich stieß einer mit dem Fuße an den Erdhügel und untersuchte ihn. In diesem Augenblick bemerkte Heyward, daß der Kundschafter sein Messer in der Scheide lockerte, und den Hahn seiner Büchse spannte. Diese Bewegungen nachahmend, schickte sich der junge Mann gleichfalls zu einem Kampfe an, der jetzt unvermeidlich schien.
Die Wilden waren so nahe, daß die geringste Bewegung eines der Pferde, oder selbst ein stärkerer Athemzug die Flüchtlinge verrathen hätte. Die Untersuchung des Erdhügels schien jedoch die Aufmerksamkeit der Huronen auf einen andern Gegenstand abgelenkt zu haben. Sie sprachen mit einander; aber der Ton ihrer Stimmen war so tief und feierlich, als hätte sie ein Gefühl der Ehrfurcht und geheimer Scheu ergriffen. Sie zogen sich vorsichtig zurück, indem sie ihre Augen auf die Ruine geheftet hielten, als erwarteten sie Geister der Todten aus den schweigsamen Räumen hervorschweben zu sehen, Endlich erreichten sie den Saum des freien Platzes, traten langsam in das Dickicht zurück und verschwanden.
Hawk-eye ließ den Kolben seiner Büchse auf die Erde sinken und sprach, lang und tief aufathmend, in hörbarem Geflüster:
»Ja, sie scheuen die Todten, und das hat ihnen und vielleicht bessern Menschen als sie, das Leben gerettet.«
Heyward lieh seine Aufmerksamkeit einen Augenblick dem Gefährten, antwortete aber nicht, sondern wandte sich nach denen, die ihn in diesem Moment näher angingen. Er hörte, wie die beiden Huronen das Gebüsch verließen. Der ganze Haufe hatte sich, wie sie jetzt deutlich hörten, um sie versammelt, um mit gespannter Begierde ihren Bericht zu vernehmen. Nach wenigen Minuten ernster und feierlicher Berathung, die sehr verschieden war von dem Lärm, mit dem sie sich zuerst um die Stelle versammelt hatten, wurden die Töne immer schwächer und entfernter, und verloren sich endlich in den Tieferes Waldes. Hawk-eye wartete, bis ein Zeichen des lauschenden Chingachgook ihm die Gewißheit gab, daß jeder Laut der Rückziehenden von der Entfernung verschlungen ward, und gab dann Heyward ein Zeichen, die Pferde vorzuführen und den Schwestern in den Sattel zu helfen. Sobald dies geschehen war, schritten sie aus dem zerfallenen Thorweg und verließen in einer Richtung, derjenigen, in welcher sie gekommen waren, gerade entgegengesetzt, den Ort, indem die Schwestern verstohlene Blicke nach dem stillen Grabmal und dem verfallenen Blockhaus warfen, als sie aus dem sanften Mondlichte traten, um sich in die düstere Tiefe der Wälder zu begraben.
Vierzehntes Kapitel
Wache: Qui est là?
Johanna d’Arc: Paysans, pauvres gens de France.
König Heinrich VI.
Während der schnellen Entfernung von dem Blockhause und ehe sie sich tief in dem Walde befanden, waren die Reisenden zu sehr mit ihrem Entkommen beschäftigt, als daß sie ein Wort auch nur mit einander geflüstert hätten. Der Kundschafter nahm seinen alten Platz an der Spitze des Zuges wieder ein, obgleich seine Schritte, auch als schon ein großer Raum zwischen ihnen und ihren Feinden lag, bedächtiger waren, als bei ihrem früheren Marsche, da er die Oertlichkeit der ihn umgebenden Wälder nicht kannte. Mehr denn einmal hielt er, um mit seinen Genossen, den Mohikanern, zu Rath zu gehen, indem er aufwärts zum Monde wies und die Rinden der Bäume sorgfältig untersuchte. In diesen kurzen Pausen lauschten Heyward und die Schwestern mit Sinnen, welche die Gefahr doppelt schärfte, ob nicht irgend ein Laut die Nähe ihrer Feinde verkünde. In solchen Augenblicken war ihnen, als ob hier ein weites Land in ewigem Schlaf begraben liege; nicht der geringste Laut ließ sich im Walde hören, außer dem entfernten und kaum hörbaren Murmeln eines Baches. Vögel, Thiere und Menschen schienen, wenn es überhaupt welche in dieser Wildniß gab, alle zu schlummern. Allein die Töne des Baches, obgleich schwach und leise murmelnd, machten mit einem Mal den Bedenklichkeiten ihrer Führer ein Ende und alsbald schlugen sie ihre Richtung dahin ein. Als die Ufer des kleinen Flusses erreicht waren, machte Hawkeye noch einmal Halt, nahm die Moccassins von den Füßen und lud Heyward und Gamut ein, das Gleiche zu thun. Hierauf trat er in das Wasser und fast eine halbe Stunde gingen sie in dem Bett des Flusses fort, um keine Spur zu hinterlassen. Der Mond war bereits hinter eine Masse ungeheurer schwarzer über dem westlichen Horizonte hängender Wolken gesunken, als sie aus dem niedern und unwegsamen Gewässer traten, um wieder auf die sandige, aber bewaldete, höher gelegene Fläche zu gelangen. Hier schien der Kundschafter wieder zu Hause zu seyn: er verfolgte seinen Weg so sicher und schnell, wie Einer, der seiner Ortskenntniss vollkommen vertrauen kann. Der Pfad wurde bald unebener, die Reisenden sahen sich von beiden Seiten immer enger von Bergen eingeschlossen und bemerkten, daß sie bald durch eine Gebirgsschlucht kommen müßten. Plötzlich hielt Hawkeye, wartete bis die ganze Reisegesellschaft beisammen war, und sagte dann in leisem, vorsichtigem Tone, den die Ruhe und das Dunkel des Platzes noch feierlicher machten:
»Es ist leicht, in der Wildniß die Pfade zu kennen, und die Licks und die Strombette zu finden,« sagte er; »aber wer kann sagen, ob nicht hinter jenen stillen Bäumen und öden Bergen ein Heer gelagert ist?«
»Sind wir denn so nahe bei William Henry?« fragte Heyward, auf den Kundschafter zutretend.
»Es ist noch ein langer und ermüdender Weg dahin; aber wann und wie wir ihm nahen sollen, ist jetzt die Hauptfrage. Seht,« sprach er, durch die Bäume nach einem Punkte deutend, wo ein kleines Wasserbecken den Glanz der Sterne auf seinem ruhigen Spiegel wiederstrahlte, »hier ist der ›Blutteich‹, und ich bin auf einem Grund und Boden, auf dem ich nicht nur oft gewandelt, sondern mich auch von Aufgang der Sonne bis zum Untergang mit dem Feinde herumgeschlagen habe.«
»Ha! so ist denn jene matte, düstere Wasserfläche das Grab der wackern Männer, die in dem Kampfe gefallen sind. Ich habe sie nennen hören, bin aber nie zuvor an ihr Ufer gekommen.«
»Drei Schlachten schlugen wir mit dem Deutsch-Franzosen an einem Tag,« fuhr Hawkeye fort, mehr dem Gange seiner Gedanken folgend, als auf Duncans Bemerkung antwortend. Er stieß auf uns, als wir gerade auszogen, seiner Vorhut einen Hinterhalt zu legen, und trieb uns wie gescheuchtes Wild durch das Defilé bis zu den Ufern des Horican. Hier sammelten wir uns wieder hinter unserem Verhau, stellten uns ihm unter Sir William entgegen, der für diese Waffenthat erst zum Sir William wurde, und zahlten ihm tüchtig heim für den Unstern am Morgen. Hunderte von Franzosen sahen an dem Tag die Sonne zum letzten Mal, und selbst ihr Anführer Dieskau fiel in unsere Hände, so zusammengeschossen und verwundet, daß er, zu fernerem Kriegsdienste untüchtig, in sein Vaterland zurückkehren mußte.«
»Das war ein ruhmvoller Tag,« rief Heyward in der