James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper


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ist so ihre Art und Weise«, entgegnete Natty unbekümmert. »Und wieviel fällt von der Strafe auf den Angeber, Squire?«

      »Wieviel?« wiederholte Hiram, der sich unter dem ehrlichen, aber scharfen Blick des Jägers ziemlich unbehaglich fühlte. »Der Angeber erhält, glaube ich, die Hälfte; – ja, ‘s wird die Hälfte sein. Aber Ihr habt Blut an Eurem Ärmel, Mann – Ihr habt doch nicht diesen Morgen etwas geschossen?«

      »Allerdings«, erwiderte der Jäger mit einem bedeutsamen Kopfnicken, »und es war kein übler Schuß, den ich getan habe.«

      »H-e-m!« räusperte sich die Magistratsperson. »Und wo ist das Wild? Ich denke, ‘s wird ein guter Braten sein; denn Eure Hunde sind nicht von der Art, daß sie Aas jagten.«

      »Sie jagen alles, was ich ihnen anweise, Squire«, rief Natty mit seinem gewohnten Lachen; »und werden auch Euch fassen, wenn ich sie’s heiße. Heran, heran, Hektor! Herein, Slut – da her, ihr Jungen – hier herein!«

      »Oh, ich habe immer den Charakter Eurer Hunde rühmen hören«, versetzte Herr Doolittle, indem er ängstlich seine Beine hob, als die Hunde um ihn her schnupperten. »Und wo ist das Wild, Lederstrumpf?«

      Während dieses Gesprächs waren die beiden rasch vorangeschritten, und Natty ließ nunmehr seine Büchse von der Schulter gleiten, zeigte mit deren Ende durch das Gebüsch und antwortete:

      »Dort liegt eins. Was haltet Ihr von einem solchen Braten?«

      »Was?« rief Hiram. »Das ist ja der Hund des Richters, der alte Brave! Seht Euch vor, Lederstrumpf, und macht den Richter nicht zu Eurem Feind! Ich hoffe nicht, daß das Tier durch Euch zu Schaden gekommen ist?«

      »Sperrt die Augen auf, Meister Doolittle«, erwiderte Natty, indem er sein Messer aus dem Gürtel zog und es einige Male auf seinen hirschledernen Hosen hin und her zog. »Sieht dieser Hals hier aus, als ob ich mein Messer daran versucht hätte?«

      »Er ist schrecklich zerrissen! Eine fürchterliche Wunde! So etwas kann kein Messer tun. Aber woher mag es rühren?«

      »Von den Panthern hinter Euch, Squire.«

      »Panthern?« wiederholte Hiram, indem er sich mit einer Behendigkeit, die einem Tanzmeister Ehre gemacht haben würde, auf dem Absatz umdrehte.

      »Seid ruhig, Mann«, sagte Natty, »da sind zwei solcher heillosen Bestien: aber der Hund hat der einen den Garaus gemacht, und den Rachen der andern habe ich für immer geschlossen. Ihr braucht Euch daher nicht zu fürchten, Squire, sie können Euch nicht mehr beißen.«

      »Und wo ist der Hirsch?« rief Hiram, mit wirren Blicken um sich sehend.

      »Welcher Hirsch?« entgegnete Natty.

      »Ei, ist nicht von Wildbret die Rede gewesen, und habt Ihr nicht einen Bock geschossen?«

      »Warum nicht gar! Ist das nicht durch das Gesetz verboten?« erwiderte der alte Jäger. »Oder gibt es vielleicht auch ein Gesetz, welches das Erlegen eines Panthers verbietet?«

      »Nein; es steht sogar ein Preis auf den Skalpen: – aber – sind denn Eure Hunde auf Panther dressiert, Natty?«

      »Auf alles; ich habe Euch ja vorhin gesagt, daß sie sogar auf den Mann gehen. Heran, heran, Jungen –«

      »Ja, ja, ich entsinne mich. Nun, ich muß sagen, Ihr habt seltsame Hunde – ich bin ganz erstaunt.«

      Natty hatte sich inzwischen auf die Erde gesetzt, den grimmigen Kopf des toten Feindes in seinen Schoß gelegt und zog nunmehr mit geübter Hand einen Schnitt um die Ohren, die er in einer Weise vom Schädel des Tieres trennte, daß sie miteinander verbunden blieben. Dann sagte er:

      »Wieso, Squire? Habt Ihr nie zuvor den Skalp eines Panthers gesehen? Nun, Ihr seid eine Magistratsperson, und ich wünsche, daß Ihr mir ein Zertifikat für die Belohnung ausstellt.«

      »Die Belohnung?« wiederholte Hiram, indem er die Ohren einen Augenblick mit der Fingerspitze betastete, als wisse er nicht, wie er sich weiter zu benehmen habe. »Nun ja, wir wollen in Eure Hütte hinuntergehen, wo ich Euch den Eid abnehmen und die Anweisung ausstellen kann. Ihr habt doch vermutlich eine Bibel? Zwar verlangt das Gesetz nichts weiter als die vier Evangelien und das Gebet des Herrn.«

      »In meiner Wohnung finden sich keine Bücher«, sagte Natty kaltblütig, »und daher auch keine solche Bibel, wie Ihr sie für nötig erachtet.«

      »Oh, es gibt nur eine Art von Bibel, die vor dem Gesetz gilt«, erwiderte die Magistratsperson, »und die Eurige wird den Dienst so gut wie eine andere tun. Kommt, das Aas ist nichts wert, wir wollen hinuntergehen, damit ich Euch den Eid abnehmen kann.«

      »Sachte, sachte, Squire«, entgegnete der Jäger, indem er bedächtig seine Trophäen von der Erde aufhob und die Büchse auf die Schulter warf. »Wozu bedarf es überhaupt eines Eides in einer Sache, die Ihr mit eigenen Augen angesehen habt? Setzt Ihr denn ein Mißtrauen in Euch selbst, daß ein anderer Mann etwas beschwören soll, dessen Wahrheit Ihr bezeugen könnt? Ihr habt gesehen, daß ich die Bestien skalpierte, und wenn ein Eid erforderlich ist, so will ich ihn vor dem Richter Temple schwören.«

      »Aber wir haben hier weder Feder noch Papier, wir werden daher doch in die Hütte gehen müssen; denn wie kann ich sonst die Anweisung schreiben?«

      Natty lachte der schlauen Magistratsperson abermals auf seine eigentümliche Weise ins Gesicht, und sprach:

      »Ei, was sollte ich mit solch gelehrtem Zeug anfangen? Ich brauche weder Feder noch Papier, da ich sie nicht zu benutzen weiß, und führe deshalb auch nichts dergleichen. Nein, nein, ich will die Skalpe ins Dorf bringen, Squire, und dann könnt Ihr die Anweisung aus einem Eurer Gesetzbücher herausnehmen; sie wird in diesem Falle nur um so besser sein. – Hole der Henker das Leder an dem Hals des Hundes; es wird den alten Narren noch erdrosseln. Könnt Ihr mir ein Messer leihen, Squire?«

      Hiram, dem besonders viel daran gelegen zu sein schien, mit seinem Gefährten in gutem Einvernehmen zu bleiben, willfahrte dem Verlangen.

      Natty schnitt den Riemen am Hals des Hundes durch, und als er das Werkzeug dem Eigentümer zurückgab, bemerkte er leichthin:

      »Ein gutes Stückchen Stahl, das gewiß schon mehr derartiges Leder durchschnitten hat?«

      »Ihr wollt damit doch nicht sagen, daß ich Eure Hunde losgelassen hätte?« rief Hiram, den das Bewußtsein seiner Schuld alle Vorsicht vergessen ließ.

      »Die Hunde losgelassen?« entgegnete der Jäger. »Das hab’ ich selbst getan. Ich lasse sie immer los, ehe ich die Hütte verlasse.«

      Das nicht zu bewältigende Erstaunen, womit Herr Doolittle diese Unwahrheit vernahm, würde an sich schon seine Mitwirkung an der Befreiung der Hunde verraten haben, wenn Natty einer weiteren Bestätigung bedurft hätte, und die ruhige Mäßigung des alten Mannes machte nun einem offenen Zornausbruch Platz.

      »Seht Euch vor, Meister Doolittle«, sagte er, indem er den Schaft seiner Flinte ungestüm auf den Boden stieß. »Ich weiß nicht, was es in dem Wigwam eines armen Mannes, wie ich bin, gibt, daß ein Bursche, wie Ihr, sich so danach sehnen kann. Ich sage Euch aber unverhohlen, Ihr sollt nie mit meiner Einwilligung einen Fuß unter das Dach meiner Hütte setzen, und wenn Ihr fortfahrt, so um sie herumzulungern, wie Ihr in der letzten Zeit getan habt, so könnte Euch eine Behandlung blühen, die Euch wenig behagen wird.«

      »Und ich sage Euch, Meister Bumppo«, entgegnete Hiram, indem er eilig den Rückzug antrat, »daß es mir bekannt ist, wie Ihr das Gesetz übertreten habt. Ich bin eine Magistratsperson und will es Euch fühlen lassen, ehe Ihr noch um einen Tag älter werdet.«

      »Ich schere mich nicht so viel um Euch und um Euer Gesetz«, rief Natty, indem er nach dem Friedensrichter mit den Fingern schnippte. »Fort mit dir, du Gewürm, ehe mich der Teufel versucht, dir deinen Lohn zu geben! Sieh dich vor, daß ich dich nicht für eine Eule nehme und niederschieße, wenn du je wieder deine Glotzaugen in den Wäldern blicken läßt.«

      Es