und Schürze wie die Frau in der Waffelladen?“
Der kleine Mann sah sie an.
„Warum Sie machen nicht Lärm? In Amerika man hat eine Trommel oder ein Glocke und die Leute kommen und kaufen —. Geben Sie acht —“, man sah, daß Edith ein lustiger Gedanke kam. „Geben Sie acht! ich will Sie zeigen, wie man macht bei uns!“
Sie nahm einen Bogen weißes Papier, heftete es mit einer Stecknadel zu einer Mütze zusammen und setzte sie auf ihr Haar. Dann schlüpfte sie zu dem kleinen Alten in die Bude hinein. Die Mütze stand ihr sehr gut.
„Edith, wir wollen auch Mützen! wir wollen auch helfen!“ rief Lotti, angefeuert durch das Beispiel.
„Ja, ist sehr gut!“ erwiderte Edith. „Jeden muß haben ein weißes Mütze. Sechs Bäcker von Kuchen in einem Reihe, und man denkt, es ist ein sehr große, gute Geschäft. Otto, wir brauchen ein Glocke. Besinne dir, wer hat ein Glocke!“
Otto rannte davon und kam zurück mit einer laut bimmelnden Kuhglocke.
Es gab ein starkes Gedränge in dem kleinen Lebkuchenstand, als nun alle sechs Kinder drin waren. Der kleine Mann wußte nicht recht, was er sagen sollte, und rieb sich hinter dem Ohr.
Drei Bauern, die in der Hauptgasse vorbeigehen wollten, drehten sich um bei dem lauten Schall der Glocke; ein paar Frauen aus den Nachbarhäusern traten auch näher.
„Meine Herrn und Damen, kommen Sie schnell kaufen, vor es ist zu spät!“ rief Edith mit heller Stimme. „Hier, nehmen Sie von dieses außerordentlich schöne Lebkuchen für —“ sie wandte sich zu dem Männlein — „für 30 Rappen!“
Die Leute bildeten schon einen Kreis um die Bude, in der sechs Kuchenbäcker standen mit weißen Mützen und lustigen Gesichtern. Das Männlein dahinter sah man kaum.
„Für dreißig Rappen! Ein ganz unglaubig kleine Preis!“
Das wunderliche Deutsch machte die Leute lachen.
„Ja, Jungfer, wir haben eben schon eingekauft, beim Rathaus drüben“, sagte ein Bauer.
„Ist gut. Jene Mann am Rathaus will verkaufen Lebkuchen, und wir wollen verkaufen, und kleine Kinder zu Hause wollen haben Lebkuchen. Also, bitte, nicht stehen hier und verlieren Zeit!“
Wieder ertönte ein lautes Gelächter, das andere Neugierige herbeilockte.
„Die versteht das Geschäft“, sagte der Bauer und ließ sich drei runde Lebkuchen geben. Zwei Frauen kauften kleine Pakete. Und nun rückte eins nach dem andern heran, um der munteren Verkäuferin mit dem Kauderwelsch etwas abzunehmen.
Das Lebkuchenmännlein fuhr geschäftig umher. Es kam fast nicht nach mit Geldeinziehen und -herausgeben; Marianne wickelte ein; Hans und Otto handhabten die Glocke, während Lotti und Trudi an den Gestellen hinaufkletterten, um neue Pakete herunterzuholen. Und nun erschien der Herr Pfarrer und lachte herzlich und kaufte natürlich. Und dann langte Tante Doktor an, erstaunt und belustigt, und kaufte auch. Und Frau Pfarrer kam ebenfalls, und Edith sah, daß sie wie die andern lachte, und rief:
„Hier, ich habe dich der letzte Pack Mandelkuchen behalten! Wir mußten diese Mann ein wenig helfen. Er immer stand da und nichts verkaufte!“
Also kaufte Frau Pfarrer die Mandelkuchen und noch drei große Pakete dazu. Der kleine Alte hatte sich ganz überwältigt auf seine Kiste im Hintergrund gesetzt. Er wollte immer zählen, was er schon eingenommen; aber beständig kam neues Geld hinzu.
„Es ist unerhört, unerhört!“ sagte er vor sich hin. „Was wird doch meine Alte sagen daheim! Die wird mir gesund vor lauter Freude.“
Schon dunkelte es stark. Hans und Otto zündeten ein paar Kerzenstümpfchen an. Als aber der Polizeidiener Drehbaum sich durch die Leute schob und mit strenger Miene erklärte, die Marktzeit sei um, es müsse geschlossen werden, da war der Vorrat des Lebkuchenmännleins zu Ende, rein zu Ende.
„Ausverkauft!“ schrien die zwei Buben und warfen ihre Mützen in die Höhe.
„Ihr habt Glück gehabt!“ sagte Drehbaum zu dem Männlein.
„Ja, über Verdienen!“ sagte das Männlein. „Aber der liebe Herrgott wird es wegen meiner Alten daheim so gerichtet haben. So will ich ihm halt recht danken und dem gescheiten Jüngferlein da auch und den andern, tausendmal!“
Er schüttelte den Kindern ringsum die Hand. Unter Hallo und Glockengeschell krochen die sechs aus der Bude heraus.
„Und nächstes Jahr“, erklärte Lotti dem Lebkuchenmännlein zum Abschied, „wenn wir in den Herbstferien nach Larstetten kommen, helfen wir Ihnen wieder!“
EINE THEATERVORSTELLUNG
Nach dem Jahrmarkt wurde das Wetter schlecht. Der Wind trieb einen Regenguß um den andern daher. In der Hauptgasse von Larstetten, wo am Freitag solch ein Getümmel geherrscht hatte, war es jetzt still und leer. Drinnen im Doktorhaus ging es um so lebhafter zu.
Die Kinder standen alle in dem weiten, weiß getünchten Hausgang an dem alten Guckkasten, den schon Tante Doktor und Mama Turnach besessen hatten, als sie klein waren. Wenn man vorn durch das runde Glas sah, so erschienen die Bilder, die man hineinstellte, stark vergrößert. Es waren prächtige Sachen da: Eine Eisbärenjagd mit glutroter Mitternachtssonne; der Turmbau von Babel; eine Überschwemmung, bei der das Meer über einen Damm hereinstürzte; ein Negertanz; ein feuerspeiender Berg; Attila, der furchtbare Hunnenkönig mit seinen Reiterscharen dahersausend, und viel andere gewaltige Dinge.
„Halt, Hans! Noch einmal den Wald mit den Elefanten —! Nein, die Jungfrau von Orleans —!“ Jedes der Kinder wollte Selbst ein Bild hineinstecken.
„Bitte, meine Herrschaften“, rief Hans mit schnarrender Stimme, „immer der Reihe nach —“
„Ja“, lachte Lotti, „grade so hat gestern der Herr mit den goldenen Borten geredet vor der Bude, wo wir nicht haben hinein dürfen. Wenn ich groß bin, gehe ich der Reihe nach in alle Schaubuden. Hans, gib doch den Negertanz her!“
Aber Hans legte das Blatt weg. Er überlegte etwas.
„Hört“, sagte er. „Wir könnten eigentlich selber eine Bude einrichten da mit dem Guckkasten! Natürlich kostet es Eintrittsgeld —“
„Ja“, rief Otto. „Wir machen eine Kasse! Ein Tischchen mit einem roten Tuch und einem Teller —“
„Aber, Hans, Eintrittsgeld und dann bloß den Guckkasten!“ wandte Marianne ein.
„Wir hätten ja noch das Lebensrad!“ schlug Otto vor. „Trudi, hol das Lebensrad!“
Trudi brachte das Lebensrad. Es sah aus wie eine runde Pappschachtel ohne Deckel, die sich auf einem Gestell drehte; sie besaß viele Einschnitte zum Hineinsehen. Die Bilder da drinnen vergrößerten sich nicht; aber was noch merkwürdiger war, sie fingen an, sich zu bewegen, wenn man rasch drehte, und trieben allerlei komisches Zeug: Ein Mann warf grüne Kugeln auf und fing sie wieder; ein kleines Mädchen sprang Seil; ein Schuster wollte seinem Lehrbuben eine Ohrfeige geben; aber jedesmal, wenn er ausholte, bog der Bub den Kopf weg; es war sehr spaßhaft. Ebenso ein Pudel, dem eine Brummfliege um die Nase summte. Er tat einen Schnapp — und die Fliege flog davon.
Also hatte man schon die zweite Nummer für die Aufführung. Aber in Hansens Sinn wurde die Sache immer großartiger.
„Otto, du hast doch einmal so Taschenspielerkünste gehabt!“
„Das Zauber-Ei meinst du und die Schnur, die man zerschneidet und mit dem Spruch wieder ganz macht? Und die geheimnisvollen Münzen, die bald in der kleinen und bald in der großen Büchse sind —“
Otto lief die Treppe hinauf; die andern folgten ihm. Glücklich fanden sich die Sachen. Der Zauber-Eierbecher hatte verschiedene ineinander steckende Deckel. Wenn man die Sache rasch und gut machte, so konnte man das weiße Ei in ein rotes verwandeln, dann in ein blaues, und schließlich das ganze Ei verschwinden lassen.
„Das