Überall im Unterholz wurde jetzt gekämpft.
Vom Waldrand her durchkämmte offenbar eine viel größere Anzahl von Robotern das Gebiet, als Karalaitis befürchtet hatte.
Bevor der Balte Jay folgte, nahm er einem der getöteten Kelradan noch den Translator und die Strahlpistole ab.
Man konnte nie wissen, wozu man beides gebrauchen konnte.
Die beiden Männer hetzten anschließend in geduckter Haltung durch das Unterholz, suchten hinter den dicken, knorrigen Bäumen jeweils für kurze Zeit Deckung und nutzten den Sichtschutz, den großblätterige Stauden ihnen boten.
Zwei Roboter und ein Kelradan tauchten urplötzlich zwischen den Büschen auf.
Jay und Karalaitis erledigten sie mit einer raschen Folge von Blasterschüssen, ehe ihre Gegner die Situation überhaupt begriffen hatten.
Karalaitis fand trotz der Umstände noch Zeit genug, sich kurz über den toten Kelradan zu beugen, um ihn einer oberflächlichen Durchsuchung zu unterziehen. Er suchte nach Rangabzeichen oder ID-Codierungen. Irgendetwas, das ihn identifizieren konnte.
"Das ist kein Kampfanzug des Kelradan-Imperiums", stellte Jay fest.
"Leider trägt er nichts bei sich, anhand dessen man ihn identifizieren könnte!", erwiderte Karalaitis.
"Sollte es sich um eine verdeckte Operation des Imperiums handeln, wäre das auch kaum zu erwarten", erwiderte Jay.
Geräusche ließen sie zunächst erstarren und sich dann vorsichtig umsehen.
Es waren Schritte.
Schritte von Robotern, wie Karalaitis zu erkennen glaubte.
Er hatte dafür ein intuitives Ohr entwickelt.
Die Männer schlichen vorwärts.
Beiden war klar, dass es jetzt in erster Linie um das nackte Überleben ging.
Sie mussten zusehen, so schnell, wie möglich tiefer in den Wald zu gelangen.
Weiteren Gefechten mussten sie daher fürs Erste aus dem Weg gehen, wollten sie nicht die Aufmerksamkeit des Feindes auf sie lenken.
Fast lautlos schlichen Jay und Karalaitis vorwärts.
Der Junge hat wirklich etwas gelernt, ging es dem Master Sergeant anerkennend durch den Kopf. Mit etwas Glück rettet ihm die Plackerei der letzten Wochen hier auf Eldorado jetzt das Leben...
*
Überall schienen die Kämpfe jetzt abgeflaut zu sein. Gespenstische Ruhe lag über dem dichten Urwald. Kanas und Jay hatten sich in ein besonders üppig bewachsenes, unwegsames Gelände vorgearbeitet. Die Bäume waren hier nicht ganz so hoch wie ansonsten in den Wäldern von Eldorado üblich. Das hatte seine Ursache darin, dass sie an einem Hang wuchsen, der wenig Halt bot.
Die beiden Gardisten kletterten ihn empor.
Karalaitis' Gedanken waren voller Grimm und Rachedurst bei den Gefallenen.
Bei Andy Caine, Abdul Al-Zia und Ron Dales.
Wie viele aus dem Zug es sonst noch erwischt hatte, wusste Karalaitis natürlich nicht.
Er hoffte, dass sich die Verluste in Grenzen gehalten hatten.
Der Master Sergeant fühlte sich für seine Männer verantwortlich. Er hatte sie hier her, in diesen Einsatz geführt. Auch wenn niemand hatte ahnen können, dass aus einem zwar harten, aber im Grunde harmlosen Übungseinsatz um die fiktive Eroberung eines Hypersenders blutiger Ernst werden würde, so empfand Karalaitis doch so etwas wie Schuld.
Es ist absurd, sagte eine klare deutliche Stimme in seinem Bewusstsein. Die Stimme der Vernunft. Du hast im Vorfeld alles getan, um diesen Männern ein Überleben in Situationen wie dieser zu ermöglichen...
Karalaitis und Jay hatten schließlich den Hang erklommen und kamen nun in sehr unebenes, aber dicht bewachsenes Waldgebiet.
Hin und wieder tauchten Gleiter der Kelradan auf.
Durch das Blätterdach wirkten sie wie große Schatten. Nur vereinzelt schossen sie mit ihren Blastern durch das Geäst.
Zumeist hielten sie sich nun aber in größerer Höhe.
"Die haben sich bei uns blutige Nasen geholt!", schloss Jay Rajav Singh. "Jetzt sind sie vorsichtiger beim Einsatz ihrer Gleiter!"
Karalaitis nickte.
"Aber sie werden ihre Jagd nicht aufgeben", war er überzeugt.
"Noch anderthalb Tage, dann ist Fähnrich Farmoon mit dem Absetzer zurück", meinte Jay.
Karalaitis lachte heiser auf.
"Wenn es gutgeht", schränkte er ein. "Aber wenn Farmoon die Sache in die Hand nimmt, dann wird es gutgehen..."
"Sir, Sie halten große Stücke auf den Fähnrich, nicht wahr?"
"Das tue ich. Sie sollten ihn sich als Vorbild nehmen, Singh. Als Beispiel dafür, wie schnell man es in der Garde zu etwas bringen kann, wenn man die richtige Begabung hat."
Jay zuckte die Achseln.
"Fähnrich Farmoon ist eben ein Glückskind", meinte er.
Karalaitis schüttelte entschieden den Kopf. "Nein, das ist kompletter Unsinn, Rekrut Singh. Mit Glück hat sein Erfolg nun wirklich nicht das Geringste zu tun."
*
Das Gelände, in das Jay Rajav Singh und Jannis Karalaitis vordrangen, wurde immer unwegsamer und zerklüfteter. Immer wieder flogen Kampfgleiter der Kelradan über sie hinweg. Die Kampfanzüge der Garde unterdrückten sowohl die Infrarotabstrahlung als auch die Bio-Impulse, so dass es für die Invasoren ohnehin schwierig war, die jetzt in kleinen Gruppen operierenden Gardisten zu orten.
Der Helmfunk war natürlich in dieser Phase der Operation absolut tabu.
Jede Gruppe musste sich allein durchschlagen.
Aber ein Gardist war genau dafür auch ausgebildet.
Er stellte eine Kampfeinheit dar, die völlig auf sich gestellt operieren vermochte. Auch ohne Verbindung zu irgendeiner Einsatzleitung, die leicht ausgeschaltet werden konnte.
Blieben noch die Energiepatronen der Multikarabiner, die angemessen werden konnten und ein gewisses Risiko darstellten.
Aber in der Regel sorgte das bewaldete Gelände dafür, dass die Gleiter nicht tief genug sinken konnten.
Natürlich konnten die Kelradan jederzeit sowohl Roboter als auch Kämpfer über Antigravfelder auf dem Boden absetzen.
Aber angesichts der Tatsache, dass diese Landeeinheiten immer nur auf kleinere Gruppen von Gardisten treffen konnten, würden sie sich unweigerlich verzetteln und dabei starke Kräfte binden.
Genau das war der Sinn dieser Mission.
Kräfte binden, die zur Verteidigung des Doppelkugelraumers in zwei Tagen nicht rechtzeitig zur Verfügung standen.
Bis jetzt war diese Rechnung aufgegangen.
Jay registrierte die Bitterkeit, die Karalaitis erfüllte. Er schwieg fast die ganze Zeit über.
Der Master Sergeant wirkte in sich gekehrt und noch düsterer und grimmiger, als man es von ihm ohnehin gewohnt war.
Den Tod von Andy Caine und Abdul Al-Zia schien er den Kelradan persönlich übel zu nehmen.
Schließlich erreichten die beiden Soldaten den Fuß einer felsigen, nur spärlich bewachsenen Anhöhe. Schroffe Wände und steile, geröllhaltige Hänge kennzeichneten diesen Ort. Nur hier und da vermochten