aber, an was auch immer du jetzt denkst, musst du beiseiteschieben.“
Tristan erhob sich und ging hinüber zur Couch, um sich neben Beau niederzulassen.
„Ich weiß, du vermisst Izaiah. Glaub mir, bevor ich mit Gabe und Micah zusammen war, wusste ich nicht, wie sehr du das tust. Es ist in Ordnung ihn zu vermissen, Beau. Erinnere dich an ihn und sprich über ihn, um ihn in Erinnerung zu behalten. Es sind jetzt fünfzehn Jahre, Beau. Ich denke, du kannst langsam aufhören, um ihn zu trauern.“ Beau blickte Tristan einige Sekunden lang an, schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn.
„Ich … Ich weiß nicht, wie ich ihn gehen lassen soll, Tris.“ Tristan brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
„Ich sage dir nicht, dass du ihn gehen lassen sollst. Was ich meine ist, erinnere dich an ihn, sprich über ihn, aber hör auf, um ihn zu trauern. Wenn du eine Frau wärst, Beau, würdest du noch immer Schwarz und einen Schleier tragen.“ Beau warf seinen Kopf in den Nacken und lachte. Tristan grinste und schüttelte den Kopf.
„Der war gut! Kannst du dich mir in nem Kleid vorstellen?“ Tristan legte lächelnd seine Hand auf Beaus Schulter.
„Denk bitte darüber nach.“ Beau nickte.
Nachdem die Sitzung vorüber war, unterhielten sie sich noch eine Weile. Das Gespräch drehte sich um Grillfeste im Garten und um das abstoßende Rot, in dem Gabe ihr Schlafzimmer streichen wollte.
Beau ging, nachdem er Tristan versprochen hatte, in zwei Wochen zu ihm, Micah und Gabe zum Abendessen zu kommen. Er glitt gemächlich mit seinem Motorrad durch die überfüllten Straßen der Stadt. Dann fuhr er auf seinen gemieteten Garagenplatz und schloss seine Maschine ab, bevor er auf dem ebenso überfüllten Fußweg zu seinem Appartement zwei Blocks weiterlief.
Kurz nachdem er in New York angekommen war, hatte er das zweistöckige Haus gemietet. Inzwischen nannte er es sein Zuhause und nachdem der Mietvertrag auslief, bot es ihm der Vermieter zum Kauf an und er schlug zu. BB´s Bar und Grill befand sich im Parterre und seine Wohnung im ersten Stock.
Beau schaut noch kurz in sein Postfach in der kleinen Postfiliale gegenüber der Bar und joggte dann über die Straße und die Stufen zu seinem Appartement hinauf. Er versuchte Alma zu erreichen, bevor er zur Bar runter ging, erreichte aber nur die Mailbox. Sie spielten nun schon einigen Wochen Fangen über das Telefon. Durch den Zeitunterschied und ihren absolut unterschiedlichen Tagesabläufen kamen sie kaum dazu, zu reden. Er musste sich mehr bemühen. Vielleicht sollte er einen kleinen Ausflug machen, schauen, wie es ihr ging und ein paar Tage ihre Fürsorge genießen. Sie liebte es, ihn zu umsorgen.
Er warf die Post und seine Schlüssel auf den Tisch bei der Tür, zog seine Stiefel aus und ging ins Schlafzimmer, um sich auszuziehen und zu duschen, bevor er wieder runter in die Bar gehen würde. Er hatte sich vorgenommen Inventur zu machen, damit diese nicht wieder in der letzten Minute durchgeführt werden musste, wie es meistens der Fall war.
Er genoss die Zeit allein in der Bar, wenn die Geräusche der nächtlichen Menge fehlten. Die Juke Box in der Ecke blieb stumm und keine Billardkugeln klackerten im Hintergrund. Die Stadt schlief niemals, aber hinten den dicken Backsteinmauern seiner Bar konnte Beau die Welt aussperren und ein paar Minuten Frieden finden.
Sofort als er in den kleinen Lagerraum trat, erschien Williams Bild vor ihm, wie er sich an der Wand räkelte, sein geschmeidiger Körper vollkommen in Beaus Gewalt. Er hatte William des Öfteren im Vorbeilaufen gesehen. Entweder in Tristans Büro oder in der Bar. Aber in der Nacht der Abschlussfeier hatte William auf sich aufmerksam machen wollen und hatte dafür gesorgt, einen verdammt guten Eindruck bei Beau zu hinterlassen. Es war so lange her, dass Beau einen anderen Mann gewollt hatte. Der Schmerz über Izzies Verlust hatte ihn mehr Jahre wund und verletzlich zurückgelassen, als er zählen wollte. Als William direkt vor ihm gestanden hatte, hatte er gewirkt, als würde der attraktive Mann Anspruch auf Beau erheben, was gleichzeitig erregend und angsteinflößend gewesen war. Ein Teil von ihm wollte William diesen Anspruch zugestehen, weil das bedeutete, dass auch Beau Anspruch auf William hätte.
Aber die Dunkelheit würde immer auf der Lauer liegen, wie eine Gewitterwolke über ihnen hängen, und mit ihr die Tatsache, dass er HIV positiv war. Er hatte mit angesehen, wie der Mann, den er geliebt hatte, dem Virus erlag. Wie die Kraft und Leidenschaft, die Beau dazu gebracht hatte sich in Izaiah zu verlieben, langsam verwelkte, als die Krankheit seinen Körper zerstörte.
In dem Wissen, dass so etwas wie eine einfache Erkältung oder eine Grippe sein Immunsystem so stark schwächen konnte, dass er über die Klippe ging, hatte Beau gelernt, jeden in seinem Leben auf Armlänge von sich fernzuhalten. Wenn es niemanden gab, der zu Lebzeiten für einen da war, dann gab es auch niemanden, der zerbrach, wenn er derjenige war, der überlebte.
***
Noch bevor der Abend hereinbrach, begann es zu regnen und so war Beau nicht überrascht, dass die Bar in dieser Nacht fast leer war. Unter der Woche waren die Nächte ohnehin nicht so stressig, aber ein Wolkenbruch hielt auch die Stammgäste fern.
Er machte seine Runde durch die Bar und ging sicher, dass die wenigen Gäste mit Essen und Trinken versorgt waren. Dann wischte er mit einem feuchten Tuch die Spiegel und Regale hinter den Flaschen ab, die die Bar säumten, eine langweilige, aber nötige Arbeit griff.
Das Geräusch von drei Münzen, die in den Geldschlitz der Juke Box geworfen wurden, klang lauter als gewöhnlich, da es nicht durch die sonst üblichen Gäste gedämpft wurde. Das Lied begann und Beau erkannte es sofort als „Hozier – Take Me to Church“, eines seiner Lieblingslieder.
Das eigenwillige Geräusch von Metall, das über Beton kratzt, ließ Beau reflexartig zusammenzucken.
„Bin sofort bei dir“, rief er, ohne sich umzudrehen. Auf einer Trittleiter zu stehen und sich zum obersten Regalbrett zu strecken, um den Staub wegzuwischen, war gerade wichtiger.
„Lass dir Zeit, ich warte.“
Mistkerl! Beau seufzte und ließ das Handtuch sinken, um sich langsam zu William umzudrehen.
„Was treibt dich heute Nacht und bei dem Wetter hierher?“ Er versuchte, lässig zu klingen. Gott, er wünschte, er hätte sich nicht umgedreht. Williams Blick überflog seinen Körper, von seinem Hintern bis zu den Füßen und wieder zurück.
„Ich dachte, dass wegen des Regens nicht viel los ist und wir vielleicht reden können, um uns ein bisschen besser kennenzulernen.“ William schürzte die Lippen, sodass die Untere hervorstand und danach bettelte, gebissen, angeknabbert und eingesogen zu werden … Reiß dich zusammen! Beau schlug sich im Geiste selbst.
Langsam stieg Beau mit wackligen Beinen die Leiter hinunter, trat näher an die Bar heran und lehnte sich zu William.
„Und warum willst du mich besser kennenlernen?“ William zuckte mit den Schultern. Seine Augen glänzten und seine Haltung strahlte Selbstbewusstsein aus. Aber die Schweißtropfen auf seiner Stirn verrieten, dass er nervös war, unsicher. Beau runzelte die Stirn und starrte William an, bis er nachgab und sein Blick von links nach rechts huschte, bevor er wieder auf Beau landete. Bereit den Kerl ein weiteres Mal abzuweisen, öffnete Beau den Mund, hielt jedoch inne, als William leicht den Kopf senkte und ihn durch seine langen dunklen Wimpern hindurch ansah.
„Wer kann keinen weiteren Freund gebrauchen?“ Der Gipfel von Williams Flirtstrategie von wickle den großen, sexy Barkeeper um den kleinen Finger, war, die Zunge hervorspitzen zu lassen und sie von einer zur anderen Seite des zum Küssen einladenden Mundes zu bewegen.
Heilige Scheiße! Beau schluckte ein Stöhnen hinunter. Freunde, klar, das konnten sie sein. Als ob!
Er schlug auf die Bar und erschreckte William damit. Und verdammt noch mal, wie sexy es war, als er daraufhin errötete.
„Ich mach meine Bekanntschaften normal mit nem Drink“, erklärte ihm Beau und holte zwei Gläser und alles, was er für einen Sazeracs brauchte hervor. Absinth, Zuckerwürfel, Rye Whiskey und Peychaud’s Bitter. Er füllte die Zutaten in einen Cocktail-Shaker und schüttelte sie länger als gewöhnlich, während er William die ganze