Stefan Schmidt R.

Pflegereduzierte Grünflächen


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id="ulink_a602aeb8-d521-594a-97e8-a63cf14c38f7"> Planung und Staudenpflege auf Basis ökologischer Strategien

      Gemeinsamkeiten bei Pflanzungstypen mit ähnlichem Pflegebedarf lassen sich schon deutlich im Vegetationsbild erkennen: Ein ähnlicher Aufwuchstyp (Hochstauden/Matten bildende Stauden/Halbsträucher) oder der jahreszeitliche Entwicklungsrhythmus (Vorsommer-/Hochsommerblüher oder frühgrünend/spätgrünend) sind wichtige Kriterien zur Abgrenzung. Ähnliche Aufwuchstypen sind meist auch an vergleichbare Standortbedingungen beziehungsweise Lebensbereiche gebunden.

      Die gezielte Planung von Staudenflächen nach ökologischen Strategietypen und den Lebensbereichen kann dazu beitragen, den Pflegeaufwand von Pflanzungen deutlich zu reduzieren und gleichzeitig deren Nachhaltigkeit zu erhöhen. Pflegestrategien haben aber auch ästhetische Auswirkungen: Sie unterstreichen und betonen den Charakter des jeweiligen Pflanzungstyps.

      Die ökologischen Strategietypen nach Grime stellen ein wertvolles Hilfsmittel zur Abschätzung der langfristigen dynamischen Entwicklung und des Pflegebedarfs unterschiedlicher Pflanzungstypen dar. Das anzustrebende Pflegekonzept und die notwendige Pflegeintensität ergeben sich sowohl aus der ökologischen Strategie der Pflanzenzusammensetzung als auch aus dem jeweiligen Entwicklungszustand (Sukzessionsstadium) der Pflanzengemeinschaft. Neuanlagen haben beispielsweise gegenüber eingewachsenen Pflanzungen immer einen erhöhten Pflegebedarf. Mithilfe optimierter Pflegemethoden, die sich an den pflanzlichen Überlebensstrategien orientieren, können drei grundsätzliche Pflegestrategien für Staudenpflanzungen entwickelt werden.

      Die Mehrzahl der Pflanzenstandorte in Gärten, Parks oder dem öffentlichen Grün stellen keine Extremstandorte dar. Auf solchen guten Standorten mit wenig Stress (geringe Wachstumseinschränkungen) sind diejenigen Pflanzengemeinschaften besonders pflegearm, deren Arten hoch, wuchsstark und konkurrenzfähig sind und deren Artenspektrum in dieser Hinsicht aufeinander abgestimmt ist. Der üppige Eindruck einer „C-Pflanzengemeinschaft“ entspricht dem Charakter von nährstoffreichen Wiesen, montanen Hochstaudenfluren, Staudensäumen, Gehölzrändern und lichten Gehölzbereichen. Auch die meisten Arten der nordamerikanischen Hochgrasprärien frischer bis feuchter Standorte lassen sich hier einordnen. Im Stadtgrün sollten C-Strategen vorwiegend in den Lebensbereichen frische bis feuchte Freifläche, frischer bis feuchter Gehölzrand und Beet verwendet werden.

      Pflanzungen aus C-Strategen sind im öffentlichen Grün, insbesondere auf größeren Flächen, geradezu ideal. Sie erreichen schnell eine hohe Flächenbedeckung und sind langlebig, bevorzugen allerdings nährstoffreiche, frische Böden. Aufgrund ihrer Wuchskraft eignen sie sich auf größeren Flächen auch für grob strukturierte Blockpflanzungen mit eingeschränktem Artenspektrum (vgl. Kapitel „Differenzierte Blockpflanzungen“). Bekannte Pflanzplaner, wie Piet Oudolf oder Petra Pelz, arbeiten in ihren oft großflächigen Pflanzkonzepten fast ausschließlich mit C-Strategen.

       Pflegetechnische Trennung von Vorsommer- und Hochsommerblühern

      Pflegetechnisch zu trennen sind früh grünende Pflanzengemeinschaften mit Blühhöhepunkt im Vorsommer (mitteleuropäisch) von spät grünenden, im Hoch- und Spätsommer blühenden C-Gemeinschaften (nordamerikanisch), die generell günstiger im Pflegeaufwand abschneiden. Das liegt vor allem daran, dass früh grünende Pflanzengemeinschaften meist einen zusätzlichen Teilrückschnitt im Juli nach der Hauptblüte benötigen, da sie sonst unordentlich wirken. Die meisten im Hochsommer blühenden C-Strategen dagegen benötigen keinen Pflegeschnitt im Sommer. Sie bleiben nach der Blütezeit bis in den Winter hinein ansehnlich und standfest. Dies gilt insbesondere für die hohen nordamerikanischen Beet- und Präriestauden. Konkurrenzstarke Pflanzenkombinationen mit hohem Deckungsgrad sind deshalb auf nährstoffreichen, frischen bis mäßig trockenen Böden die wirksamste Möglichkeit, den starken Unkrautdruck solcher Standorte in den Griff zu bekommen. Ein Pluspunkt konkurrenzstarker Pflanzungstypen ist außerdem, dass sie günstig durch nicht selektive, maschinelle Methoden bodeneben zurückgeschnitten werden können. Die Pflege erfolgt nach dem Prinzip geschlossener Kreisläufe: Das Schnittgut kann gehäckselt als Mulchschicht in den Flächen verbleiben. Offenflächen und offener Boden sollten vermieden werden. Der jährliche Pflegeaufwand für „C-Flächen“ ist mit 7-12 Minuten pro Quadratmeter mäßig hoch.

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       (3) Bei im Vorsommer blühenden, wiesenartigen Pflanzungen mit regenerationsfreudigen Arten kann in der ersten Julihälfte ein Rückschnitt mit dem Rasenmäher/Freischneider durchgeführt werden. (Bild: © Cassian Schmidt)

       Tipp: Umgang mit Ausbreitungskraft und Streubildung in konkurrenzstarken Pflanzungen

      Strategen, insbesondere auf kleineren Pflanzflächen, ein Problem darstellen. Nach einigen Jahren können die im Anfang noch ausgewogenen Proportionen der Pflanzung allmählich verloren gehen. Durch seitliches, klonales Wachstum vergrößern sich die Staudenhorste oder durchdringen mit Ausläufern die Nachbarpflanzen. Die zunehmende Konkurrenzsituation im Bestand führt zur Verdrängung schwächerer Arten. Ein ursprünglich als kleinteilige Mosaikpflanzung konzipiertes Pflanzkonzept verwandelt sich allmählich in eine grob strukturierte Blockpflanzung mit nur noch wenigen besonders konkurrenzkräftigen Arten. Ohne entsprechend steuernde Pflege kann diese dynamische Veränderung innerhalb des Pflanzenbestands kaum aufgehalten werden. C-Strategen sind allerdings empfindlich gegenüber häufigen Störungen und genau an diesem „wunden Punkt“ kann die Pflege lenkend ansetzen.

      Ein typisches Kennzeichen der meisten Pflanzungen aus C-Strategen ist die üppige Produktion von Biomasse im Sommer und ein entsprechend hoher Anteil anfallender Streu aus abgestorbenen Pflanzenteilen im Winter. Spätestens vor dem Austrieb im Frühjahr sollte das trockene Pflanzenmaterial bodennah zurückgeschnitten werden. Entweder wird das Schnittgut abgefahren und kompostiert, am besten aber wird es vor Ort gehäckselt und als Mulchschicht auf der Fläche belassen. Für den Räumschnitt im Spätwinter orientiert man sich am besten am Austrieb der Frühjahrsgeophyten. Beim maschinellen Sommerschnitt ist dagegen das Abreifen und Einziehen des Geophytenlaubes entscheidend für den Termin. Narzissen und Prärielilien (Camassia) ziehen erst Ende Juni vollständig ein.

       Pflegeschnitte in C-Pflanzungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen

      Das wirksamste Mittel, um die Ausbreitungskraft und Streukraft einzudämmen, sind Störungen in Form von Pflegeschnitten, die zu einer vorübergehen, totalen oder teilweisen Zerstörung von Biomasse führen. Am deutlichsten wuchsreduzierend wirken sich Rückschnitte während der Vegetationsperiode aus. Im Sichtungsgarten Hermannshof wird diese Erkenntnis zum Beispiel bei der Pflege einer Pflanzung im Lebensbereich frische bis feuchte Freifläche (Wieseniris-Taglilen-Pflanzung) genutzt, um sehr ausbreitungsfreudige Arten im Wuchs zu bremsen und damit den Artenbestand in den gewünschten Mengenverhältnissen weitgehend zu erhalten. Konkurrenzstarke Frühsommerblüher, wie wiesenartige Geranium-Arten, Alchemilla mollis, Bistorta officinalis und im Mai blühende Hemerocallis-Sorten und -Wildformen, sind regenerationsfreudig genug, um nach einem sommerlichen Totalrückschnitt mit dem Rasenmäher oder Freischneider (ausgeführt Ende Juni bis Anfang Juli) rasch wieder durchzutreiben. Das Schnittgut wird auf der Pflanzfläche mit dem auf 3 cm hoch eingestellten Rasenmäher gehäckselt und als Mulchdecke liegengelassen.

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       (4) Nach dem Sommerrückschnitt (Mahd) Anfang Juli treiben die Stauden wie Alchemilla und Geranium rasch wieder durch. Das mit dem Mulchmäher zerkleinerte Schnittgut wurde in der Fläche belassen. (Bild: © Cassian Schmidt)

      Die Pflanzendecke regeneriert sich rasch innerhalb