Matthias Falke

Phalansterium


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Militär«?, fragte Jennifer scheinheilig.

      »Er wird auch ein oder zwei Hundertschaften an Bord haben«, maulte Jill, die sich für die Unternehmung verantwortlich zu fühlen schien. Dabei war ihr und Taylor kein Vorwurf zu machen. Oder vielleicht doch? Das würde davon abhängen, was möglicherweise schon in dieser Stunde auf Hyperborea stattfand.

      »Schon wieder Krieg?« Jennifer hatte den gleichen Gedankengang absolviert.

      »Jetzt malt nicht gleich den Teufel an die Wand«, knurrte Taylor übellaunig. »Es ist doch ganz normal, dass man gewisse Vorkehrungen trifft, wenn man eine neue Welt in Besitz nimmt.«

      »Wenn sie schon jemandem gehört, auf alle Fälle.« Jennifer hatte sich in ihren sensoriellen Kissen aufgerichtet und funkelte ihn drohend an.

      Ich überlegte, die beiden fortzuschicken. Jennifer durfte sich auf keinen Fall aufregen. Allerdings war es, was das anging, sowieso schon zu spät.

      »Vermutlich sind es vulkanische oder tektonische Aktivitäten«, erwiderte Lucio gereizt. »Oder irgendwelche Alien-Termiten!«

      »Oder doch eine Zivilisation«, sagte Jennifer knapp. »Was würde man dann tun?«

      »Das kommt darauf an, wie sie sich verhält«, sagte Taylor.

      »Wenn sie sich zur Wehr setzt, wird sie natürlich ausradiert!« Jennifers Augen hatten einen fiebrigen Glanz angenommen.

      »Das geht nun wirklich zu weit«, fauchte Jill. Sie ließ Jennifer für gewöhnlich alles durchgehen. Zu Enthymesis-Zeiten hatte sie sie regelrecht verehrt. Aber jetzt, da es ihre gemeinsame Zukunft mit dem hübschen Lucio betraf, verstand sie keinen Spaß mehr. »Wir warten ab, was Rogers findet, und dann wird zu entscheiden sein, wie man weiter vorgeht und ob die Welt überhaupt in Frage kommt. Natürlich wollen wir niemandem etwas wegnehmen, wenn dort schon eine intelligente Spezies leben sollte!«

      »Ihr nicht«, sagte Jennifer kalt. »Aber ihr habt das auch nicht zu entscheiden.«

      »So lange sitzen wir jedenfalls hier fest.« Taylor versuchte, in den freundschaftlichen Ton vom Beginn der Unterhaltung zurückzufinden. »Für die Mission sind vier Wochen angesetzt.«

      »Und dann wird Rogers euch sagen, was ihr zu tun und zu lassen habt.« Jennifer lächelte ihn böse an. »Falls dort noch ein Stein auf dem anderen steht!«

      »War schön, dich wieder mal gesehen zu haben.« Jill beugte sich zu einem sterilen Wangenkuss über ihre ehemalige Kollegin. »Wie ich sehe, bist du schon wieder ganz die Alte.«

      »Unkraut vergeht nicht«, knurrte Jennifer.

      Ich brachte die beiden an die Tür.

      »Haltet uns auf dem laufenden«, sagte Taylor im Vorraum, in dem auch schon Ang’Laq, der Repräsentant der kuLau, seine Aufwartung gemacht hatte.

      »Ihr uns auch«, versetzte ich. »Diese Sache interessiert mich.«

      »Ich kann verstehen, dass eure Beziehung zu Rogers ein bisschen – angespannt ist«, sagte er noch.

      »Ich habe mich mit ihm wieder vertragen«, sagte ich. »Was Jennifer angeht, so ist sie empfindlich und überreizt. Wir werden jetzt erst einmal Urlaub einreichen und uns irgendwo erholen.« Ich versuchte, ein zuversichtliches Grinsen hervorzubringen. »Und dann wird man eben weitersehen.«

      »Tut mit leid, dass sie sich so aufgeregt hat.« Auch Jill klang plötzlich kleinlaut.

      »Es geht schon.«

      Ich wartete, bis die beiden gegangen waren. Wie sie Hand in Hand zum Fahrstuhl schritten, eng beieinander wie ein jungverliebtes Paar, überlegte ich, ob sie uns nicht doch etwas ganz anderes verheimlicht hatten.

      Ich ging ins Zimmer zurück, wo Schwester Olga um Jennifer bemüht war. Die Sensoren im Nachthemd der Patienten hatten eine Warnung abgesetzt. Jetzt lief ich in den tadelnden Blick der Matrone hinein.

      »Ich habe doch gesagt, keine Aufregung!«

      »Alte Freunde«, sagte ich. »Da weiß man nie, womit man konfrontiert wird.«

      »Das ist nicht witzig, Commander.« Die Krankenschwester verstand keinen Spaß. »Ihre Frau braucht Ruhe!«

      »Ist gut, ist gut.« Irgendwie schaffte ich es, sie hinaus zu komplimentieren.

      Doch kaum hatte ich mich an den gravimetrischen Sessel fallen lassen und ihn an das Bett herangefahren, als eine Meldung einging.

      »Wer ist es?« Jennifer hatte sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Erschöpft döste sie im Halbschlaf vor sich hin.

      »John«, sagte ich. Im selben Moment hätte ich mir am liebsten die Zunge abgebissen.

      Natürlich war sie sofort hellwach.

      »Was will er?«

      »Nichts«, log ich unbeholfen. »Er lässt nur fragen, wie es dir geht.«

      »Frank.« Es war nicht nötig, auch nur ein Wort mehr zu sagen.

      »Jennifer«, startete ich einen zum Scheitern verurteilten Versuch. »Du hast gehört, was Schwester Olga gesagt hat!«

      »Gib mir das Kom!«

      »Du sollst jetzt schlafen.«

      »Ich bin eine erwachsene Frau. Wenn du mir nicht dein Kom gibst oder ihn selber herbittest, werde ich aufstehen und ihn holen, und wenn ich in diesem albernen Kittel den ganzen Torus nach ihm absuchen muss!«

      »Bitte, du sollst dich nicht aufregen.«

      »Ich rege mich schon auf!«

      Ich seufzte. Dann willigte ich ein, John zu uns kommen zu lassen. Er stand auch sofort da, offenbar hatte er nur darauf gewartet und sich bereit gehalten. In seinen Augen glitzerte die Begeisterung. Er hatte wieder einmal etwas herausgefunden!

      Die Schwester brachte ihm und mir einen Kaffee. Sie erneuerte Jennifers Tee und zog sich dann zurück. Von mir aus hätte sie auch bleiben können. Es stand nicht zu befürchten, dass sie mit dem, was jetzt kommen würde, etwas anfangen konnte.

      »Also, was hast du?«, fragte Jennifer, als wir unter uns waren. Auch jetzt hatte sie das Kopfende hochgeklappt und saß aufgerichtet da, den Becher in der Hand, der Blick neugierig und unternehmungslustig.

      »Diese Hochzeit«, sagte John. »Es war ja klar, dass da etwas kommen würde. Ich hatte einiges im Stabslog darüber gelesen und war entsprechend vorbereitet.«

      »So vorausschauend waren wir leider nicht«, erklärte ich.

      »Außer dass ich zu Protokoll gegeben habe, dass ich da nicht hin will«, maulte Jennifer.

      »Ich habe dir gesagt, warum es sein musste. Aus Rücksicht auf eben dieses Protokoll.«

      »Ich wäre dort fast gestorben, Frank!«

      »Ich weiß. Aber das konnte ja niemand ahnen.«

      »Das nächste Mal, wenn ich sage, dass es mir nicht gut geht, nimmst du es bitte ernst.«

      Ich schwieg. Jennifer starrte verbittert vor sich hin. Nach einer Weile machte ich John ein Zeichen, er möge in seinen Ausführungen fortfahren.

      Er räusperte sich und kratzte sich am Bart.

      »Ahm, jedenfalls. Ich war präpariert!« Er klopfte auf sein Handkom, das er an seiner Brusttasche befestigt hatte.

      »Hast du etwas – registriert?«, fragte Jennifer.

      »Sagen wir so«, sagte er selbstverliebt, »wenn ich nicht schon so intimen Umgang mit den Tloxi gehabt hätte, würde ich mit den Daten nichts anfangen können. Aber so ...«

      »Mach es bitte nicht so spannend«, brummte ich.

      »Es war ein Feld«, erklärte er schlicht.

      »Ein Kontinuum?«, fragte Jennifer. »Wie bei den Tloxi.«

      »Nein. Es ist