Eberhard Fohrer

Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag


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vene­zia­ni­schen Epoche als Sitz des katholischen Erzbi­schofs von Kreta. Von den Os­ma­nen wurde sie später zeitweise als Moschee ge­nutzt, rechts ne­ben der Fas­sade steht noch versteckt der Stumpf eines Minaretts, er­richtet an­stelle des ab­ge­risse­nen Glo­ckenturms. Vorgela­gert ist eine säulen­ge­stützte Vor­halle. Das Längs­schiff wird von mächtigen Mar­mor­säulen mit gold­far­be­nen Kapi­tel­len getragen, links und rechts flan­kiert von Seitenschiffen, die durch Bö­gen abgetrennt sind. Beach­tens­wert ist auch die Holz­decke, von der zwei schwe­re hölzerne Leuch­ter he­run­ter­hängen. Der Innen­raum wird heute für wech­selnde Ausstellun­gen ge­nutzt.

Harmonische Fassade: die prunkvolle Kirche des Ágios Títos

      Harmonische Fassade: die prunkvolle Kirche des Ágios Títos

      Venezianische Loggia: Der ge­schmack­volle Renaissancepalazzo mit holzge­deck­ter Vorhalle, halb­rundem Innenhof und Arkaden­gängen steht etwas unter­halb der Platia Venizelou. Die Loggia wurde ebenfalls unter Mo­rosini er­rich­tet (1626-29), wahr­scheinlich nach Plä­nen des Architekten Fran­cesco Basi­li­cata, der in der Tra­di­tion des be­rühm­ten Andrea Palladio (1508-80) aus Pa­dua stand. Sie dien­te als Emp­fangs­halle und Repräsenta­tions­bau der Stadt­re­gie­rung, war außer­dem als „Clubhaus“ und Ball­saal der veneziani­schen Adeligen ein Mittelpunkt des ge­sell­schaft­lichen Lebens der städ­ti­schen Oberschicht. Die Osmanen brachten hier zu­nächst ihre Verwaltung unter, doch verfiel das Gebäude in diesen Zeiten immer mehr. Ihre einstige Be­deutung wird daran deutlich, dass die Italiener 1911 zur Welt­ausstellung in Rom einen maß­stabs­getreuen Nachbau der Loggia errichteten. Im Zweiten Welt­krieg wurde die Loggia fast völlig zer­stört, jedoch wieder vollstän­dig auf­ge­baut. Heute ist hier ein Teil der Ver­waltung von Iráklion un­tergebracht. Wer durch die Gän­ge schlendert, kann die kre­tische Bürokratie bei der Arbeit beo­bachten und den großen Rathaus­saal im ersten Stock betrachten, in der war­men Jahreszeit stehen die Tü­ren meistens offen.

      Kirche Ágios Títos: Der prächtige Sak­ral­bau steht an einem freien Platz etwas un­ter­halb der Loggia. Die Kuppel und die orientalisch anmutenden Fein­arbei­ten an den Außenfassaden erhielt der als Moschee konzipierte Bau im 19. Jh. von den Tür­ken. Doch Ágios Títos ist viel älter.

      Angeblich war es der Apostel Paulus, der seinen Wegbegleiter Titus (= Títos) als Missionar und sog. ers­ten „Bi­schof“ auf Kreta zurückließ, und zwar in Górtis, der da­maligen römi­schen Haupt­stadt Kre­tas (→ Link). Doch 824 lande­ten die Sa­ra­ze­nen in Süd­kreta und der Bischofs­sitz musste an die Nordküste verlegt wer­den. Um die Jahr­tau­send­wen­de wurde dann in Iráklion die er­ste Títos-Kirche errichtet. Im Lauf ih­rer Ge­schichte wurde sie immer wie­der zer­stört, aber auch stets neu aufge­baut, das letzte Mal 1869 von den Tür­ken, die sie zur sog. Wesir-Moschee um­bau­ten. Erst 1925 konnte sie wie­der zur grie­chisch-ortho­doxen Kir­che ge­weiht werden.

      Vom Platz vor der Front hat man einen hervorragenden Blick auf die Fas­sade. Vor al­lem der reich ge­schmück­te Abschlussfries fällt auf, beim Rund­gang um den fast quadra­tischen Bau außerdem die elegant geschwunge­nen For­men der Mit­tel­fens­ter. Vom Minarett an der Süd­ost­ecke ist nichts mehr erhal­ten. Im auf­wän­dig aus­ge­s­tat­teten Innenraum zau­bern bunte Glas­fenster leuch­ten­de Licht­spiele in den Raum. Markante Blickpunkte sind der riesige Lüster und die reich ver­zierte Altar­wand mit fein geschnitzten Holzarbei­ten. Die Gemäl­de an den Sei­ten­wänden stel­len die wichtigsten Sze­nen aus dem Le­ben des heiligen Títos dar: die Landung auf Kreta, die Einset­zung als Bischof, der Emp­fang des berühmten Pau­lus-Briefes u. a. Damit auch die nötige An­schau­lichkeit gewährleistet ist, kann man den Schä­del des Bi­schofs Títos be­trach­ten. Links neben dem Vor­raum beher­bergt eine klei­ne Ka­pelle die wert­volle Re­li­quie unter einem Glassturz. Ein­gefasst von einem fili­gran verzier­ten Gold­be­häl­ter ist durch eine kleine Öff­nung die dun­kel­braune Schä­del­decke zu se­hen. Noch bis 1966 ruhte der hei­li­ge Kopf in Venedig - die Ve­ne­zia­ner hat­ten ihn bei der tür­ki­schen Erobe­rung 1669 vor­sichtshalber mitge­nommen.

      ♦ Tägl. 7-12.30, 16.30-19.30 Uhr, außer zur Zeit der Messen.

      El-Greco-Park: schattige Oase im As­phaltdschungel, wenige Meter unter­halb vom Morosini-Brunnen. In der Mitte steht eine Bü­ste des Malers El Greco (→ Fódele).

      Chandakos Str.: Die von der Platia Venizelou nach Westen abzweigende Gasse ist als Fußgängerzone ausge­baut. Sie führt abschüssig zum Meer hin­un­ter und mün­det in der Nähe des Histo­rischen Museums (→ Mu­seen). Hier fin­det man ei­nige Cafés, aber auch die be­kann­teste Iko­nenma­lerin der Stadt (→ Link). Rech­ter Hand kommt man in die en­gen Gas­sen der Alt­stadt, wo einst türki­sche Häu­ser mit den ty­pi­schen Holzer­kern („Ki­os­kia“) standen, heute sind sie alle verschwunden.

      Dedalou Str.: Die geschäftige Präsen­tierzeile der Stadt beginnt gegenüber vom Mo­ro­sini-Brunnen und führt als Fußgängerzone zum großen Elef­the­rias-Platz hinüber. Hier liegen die mo­dernsten Läden der Stadt, die Iráklion durch­aus das Flair einer modernen west­lichen Großstadt geben. Zu dem Fuß­gängerbe­reich gehören auch die nörd­lich abzweigende Perdi­kari Str. und die parallel lau­fen­den Straßen Adam Korai, Milatou und Androgeo, die mit populären Bars und Ca­fés ein Zen­trum des abendlichen Lebens bil­den.

      Die weitläufige Anlage des „Frei­heits­platzes“ mit hohen Palmen und Eu­ka­ly­p­tus­bäumen prä­sen­tiert sich mit den eigentümlich abge­schrägten Me­tall­lam­pen eher großzügig als schön. In der Platzmitte erhebt sich das Denkmal des un­be­kannten Soldaten. Am hinte­ren (östlichen) Ende fällt die hohe vene­zianische Stadtmauer steil zum ehemaligen Gra­ben vor der Mauer ab. An der Nord­seite steht das äußer­lich schlichte Ar­chäologische National­museum mit sei­ner welt­berühmten mi­noi­schen Sammlung (→ Museen).

      Píli Agiou Georgiou (Saint George Gate): Im großen Durchgang des restau­rierten Stadttors an der Ikarou Str. (Leoforos Ikarou) unterhalb vom Eleftherias-Platz finden gelegentlich Aus­stel­lun­gen statt, auch ein schöner türkischer Brunnen ist dort erhalten. Derzeit ist die Anlage leider geschlos­sen (Stand 2020).

      Leoforos Dimokratias, Stadtpark und Vitouri-Bastion: Ein Bummel auf der Ausfallstraße nach Osten, auf der man nach Knossós und zur New Road kommt, führt nach wenigen Metern an einer Bastei vorbei, auf der sich das über­le­bensgroße Bron­ze­denkmal von Eleftherios Venizelos (→ Geschichte) er­hebt. Auf der anderen Straßenseite liegt der Stadtpark Párko Georgiádi mit dem Mo­nument des Nationalen Wider­stands, das an die große Frei­heits­geschichte der Kreter erin­nert, beson­ders an den Zweiten Welt­krieg mit der Schlacht um Kreta (→ Link).

      Nach Süden flankiert die Stadtmauer den Park entlang des Parodos Pediados bis zur Vitouri-Bastion. Am Südende des Parks liegt auf der Platia Proskopon ein Kinderspielplatz. Be­nachbart kann man auf ei­ner steilen Treppe in den ehe­maligen Gra­ben nördlich vor der Stadtmauer hi­n­un­ter­steigen, der heute als kostenloser Park­platz genutzt wird. Durch die Porta Ke­noúria, auch bekannt als Jesus Gate (Píli tou Iisóu) (→ Link) gelangt man wieder in die Innen­stadt.

      Der Markt ist ein zentraler Punkt des heutigen Iráklion. Die lebhafte Basar­straße be­ginnt nur ein