Peter Muller

Religiöse Bildung am Bayerischen Untermain


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beteiligten und die unbeteiligten Kinder sich einüben, ihre Perspektive wahrzunehmen und in Auseinandersetzung mit anderen diese zu relativieren.

      Dadurch wird ein dritter Aspekt hervorgehoben: Kommunikationsfähigkeit. Da diese eine der wichtigsten Kompetenzen darstellt, gilt es Kinder darin zu unterstützen, sich angemessen auszudrücken und eine entsprechende Mimik und Gestik zu verwenden. Für die Entwicklung dieser Kompetenz werden den Kindern viele Gelegenheiten geboten.

      Neben diesem Kompetenzbereich wird zu den sozialen Kompetenzen die Kooperationsfähigkeit und das Konfliktmanagement gezählt. Neben den alltäglichen Aufgaben in einer Kindertageseinrichtung, die Kooperationsfähigkeit den Kindern entwickeln helfen (Spiele, Tischdecken, ect.), gilt ein besonderes Augenmerk der gezielten Kooperationsmöglichkeit der Kinder mit den Fachkräften. Bei der Gestaltung der Räume, bei der Vorbereitung von Festen und der Planung der alltäglichen Arbeiten ergeben sich eine Fülle von Kooperationsmöglichkeiten. So lernen die Kinder sich abzusprechen, dies durchzuführen und das Ergebnis miteinander zu besprechen.

      Der letzte Aspekt, das Konfliktmanagement, verweist darauf, dass im Kleinkindalter zwischenmenschliche Konflikte gehäuft auftreten. So erscheint dieses Alter für das Erlernen von Konfliktlösemöglichkeiten besonders geeignet. Sie üben sich ein in die Fähigkeit, Konflikte nicht zu verschärfen, Kompromisse zu finden, Gefühle, die in Konflikten entstehen, wahrzunehmen und entsprechend einzuordnen. Und sie üben sich darin, anderen Kindern bei ihren Konflikten zu helfen. Soziale Kompetenzen kommen in allen Bildungs- und Erziehungsbereichen zum Tragen. In besonderer Weise:

      – Übergänge der Kinder und Konsistenz im Bildungsverlauf

      – Emotionalität, soziale Beziehungen und Konflikte

      – Sprache und Literacy

      – Musik

      – Mitwirkung der Kinder am Bildungs- und Einrichtungsgeschehen54

      – Werte und Orientierungskompetenz

      Diese Thematik wird in den Bereichen Werthaltungen, moralische Urteilsbildung, Unvoreingenommenheit, Sensibilität für und Achtung von Anderssein und Solidarität entwickelt. Unter Werthaltung wird zum einen das Bedürfnis des Kindes nach sozialer Zugehörigkeit verstanden und der sich daraus ergebenden Bereitschaft, die Werte der Bezugsgruppe zu übernehmen. Die Fachkräfte „leben den Kindern christliche und andere verfassungskonforme Werte vor und setzen sich mit ihnen darüber auseinander, welche Bedeutung diese Werte für das eigene Verhalten haben.“55 Diese Auseinandersetzung führt zur moralischen Urteilsbildung. Diese wird unterstützt durch das Vorlesen oder Erzählen von passenden Geschichten und der Ermunterung, eigene Gedanken zu äußern. Interessengegensätze müssen hierbei aufgegriffen und grundlegende ethische Fragen mit den Kindern besprochen werden. Unvoreingenommenheit ist die zu vermittelnde Grundlage, mit der Kinder Personen mit anderen Werten, Einstellungen und Sitten gegenübertreten sollen. Die Kinder sollen die Gelegenheit erhalten, sich für Menschen aus anderen Kulturkreisen zu interessieren und ihnen Wertschätzung entgegenzubringen. Zugleich ist es wichtig, dass sie sich der eigenen Kultur zugehörig fühlen. Um dies zu erreichen, ermöglicht es die Kindertageseinrichtung, sich „Kenntnisse über die Symbole ihrer eigenen Kultur und anderer Kulturen anzueignen.“56 Mit dieser und ähnlichen Auseinandersetzungen (z. B. auch über Behinderung, Geschlechterbenachteiligung, Rassismus) wird den Kindern Sensibilität für und Achtung von Andersartigkeit und Anderssein vermittelt. Der Grundwert der Solidarität wird über diese Felder vermittelt und: indem die Kinder in der Gruppe zusammenhalten und sich füreinander einsetzen. Die pädagogischen Fachkräfte achten dabei auch die Äußerung der kindlichen Wünsche und Bedürfnisse.

      – Fähigkeit und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme

      Dieses Kompetenzfeld wird differenziert in die Verantwortung für das eigene Handeln, gegenüber anderen Menschen und der Verantwortung für Umwelt und Natur. Kinder sollen lernen, dass sie selbst für ihr Verhalten und Erleben verantwortlich sind und sie ihr Verhalten anderen gegenüber kontrollieren können. Darüber hinaus sollen Kinder lernen, sich für Schwächere, Benachteiligte, Unterdrückte einzusetzen – egal ob es bekannte oder unbekannte Menschen sind. Die Verantwortung für Umwelt und Natur erlernen Kinder, indem sie Sensibilität für alle Lebewesen entwickeln und ihr eigenes Verhalten überprüfen, inwieweit sie selbst zum Schutz der Umwelt und zum schonenden Umgang mit Ressourcen beitragen können.57

      – Fähigkeit und Bereitschaft zur demokratischen Teilhabe

      Die Tageseinrichtungen stehen in der besonderen Verantwortung, Kinder auf das Leben in einer demokratischen Gesellschaft vorzubereiten. Zwei wesentliche Aufgaben werden in diesem Zusammenhang dargestellt. Das Akzeptieren und Einhalten von Gesprächs- und Abstimmungsregeln und das Einbringen und Überdenken des eigenen Standpunkts. Für den ersteren Bereich sind den Kindern regelmäßig Mitsprache und Mitgestaltung beim Einrichtungsgeschehen einzuräumen und Ergebnisse entsprechend ernst zu nehmen. Die verschiedenen Wege der Entscheidungsfindung werden den Kindern so bewusst. Kinder entwickeln die Kompetenz, sich selbst zu äußern und entsprechende Kompromisse in Beteiligungsgremien zu schließen (z. B. Kinderkonferenz).58

      Die beiden nun folgenden Kompetenzbereiche, „lernmethodische Kompetenz“ und „Widerstandsfähigkeit (Resilienz), sind jeweils zusammengesetzte Kompetenzen aus den bisher dargestellten Basiskompetenzen.

      2.2.3. Lernmethodische Kompetenz

      2.2.3.1. Grundlagen

      Lernmethodische Kompetenz ist in der Perspektive des BEP die „Grundlage für einen bewussten Wissens- und Kompetenzerwerb und der Grundstein für schulisches und lebenslanges, selbst gesteuertes Lernen.“59 Sie ermöglicht, Wissen und Kompetenzen kontinuierlich zu erweitern und zu aktualisieren. Die kompetente Nutzung von Wissen hängt nicht allein von dem erworbenen Wissen, sondern „vor allem von der Art und Weise ab, wie man Wissen erworben hat.“60 Wissen soll eine Grundlage für Problemlösung im Alltag bereitstellen. Von daher ist mitzulernen, in welchen Kontexten und Situationen Wissen anwendbar ist, weil es sonst „träge“ bleibt und für Transfer und Anwendung wenig brauchbar erscheint. Lernmethodische Kompetenz baut, wie oben erwähnt, auf vielen der bisher genannten Basiskompetenzen auf, bündelt und verknüpft sie zu folgenden Kompetenzbereichen:61

      – Kompetenzen, neues Wissen bewusst, selbst gesteuert und reflektiert zu erwerben.

      Hierzu zählt neue Informationen gezielt beschaffen und verarbeiten, neues Wissen verstehen und begreifen, sich dessen Bedeutung erschließen, es aufbereiten und organisieren. Letzteres verweist auf einen kompetenten und kritischen Umgang mit Medien.

      – Kompetenzen, erworbenes Wissen anzuwenden und zu übertragen.

      Wissen muss auf unterschiedliche Situationen übertragen und in verschiedenen Situationen flexibel genutzt werden können. Wissen soll zur Problemlösung sachgerecht, kreativ und sozial verantwortlich eingesetzt werden.

      – Kompetenzen, die eigenen Lernprozesse wahrzunehmen, zu steuern und zu regulieren (Meta-kognitive Kompetenzen).

      Kinder lernen, über das eigene Lernen nachzudenken und sich so das eigene Denken bewusst zu machen. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, verschiedene Lernwege kennen zu lernen und zu erproben. Dadurch wird das Bewusstsein geschult, wie man eine vorgegebene Lernaufgabe angeht. Die Kinder können sich so auch bewusst machen, wie man einen Text oder eine Geschichte verstehen kann. Im eigenen Tun soll das Kind eigene Fehler entdecken und eigenständig korrigieren. So erwirbt das Kind die Kompetenz, eigene Leistungen zutreffend einzuschätzen und das eigene Lernverhalten mit den je eigenen Planungsschritten bewusst zu machen.

      Der Erwerb dieser Kompetenzbereiche ist so zu organisieren, „dass Kinder bewusst erlernen und mit anderen reflektieren, dass sie lernen, was sie lernen und wie sie es gelernt haben.“62 Wenn Kinder – so die These – ein tiefergehendes Verständnis für die jeweils behandelten Phänomene ihrer Umwelt entwickeln und zugleich bewusst lernen, dann erwerben sie