Роман Масленников

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dieser Begegnungen passte besser zu dieser Kultur. Solche Veränderungen sind wechselseitig, und wir haben keinen Grund anzunehmen, heute sei das anders: Wir können darauf setzen, dass das gegenwärtige Gespräch zwischen dem Buddhismus und der modernen Welt zur Entwicklung neuer Formen des Buddhismus führen wird, die den Mitgliedern der gerade entstehenden Weltkultur besonders gut entsprechen.

      Dieses absehbare Resultat verdeutlicht selbst aber noch nicht die Rolle, die der Buddhismus in dieser Kultur spielen wird. Werden sich buddhistische Tempel und Dharmazentren in der Weise an moderne Lebensformen anpassen, dass sie uns helfen, den Stress, in einem sich verschlechternden ökologischen und ökonomischen Klima zu überleben, zu bewältigen? Oder werden wir buddhistische Lehren und Praktiken schätzen, weil sie eine radikal andere Weltanschauung mit einer alternativen Sicht auf das bieten, was gerade passiert und was zu tun ist? Oder brauchen wir vielleicht beides?

      Diese Gedanken legen nahe, dass es nicht nur darum geht, was der Buddhismus der Moderne, sondern auch, was die Moderne dem Buddhismus zu bieten hat. Ehe der Buddhismus im Westen eintraf, kam der Westen – mithilfe des europäischen Imperialismus und missionarischer Bekehrungen – zum Buddhismus. Das war ein heilsamer Weckruf. Der Mahayana-Gelehrte Edward Conze meinte, seit tausend Jahren habe der Buddhismus keinen originalen Gedanken mehr hervorgebracht. Ich bezweifle diese Datierung – denn noch im dreizehnten Jahrhundert revolutionierte der Zen-Meister Dogen überlieferte Formen, das Dharma zu verstehen –, doch Conzes Anmerkung ist auch dann eine Herausforderung für den Buddhismus, wenn sie nur auf die letzten siebenhundert Jahre zutrifft. Ist die Begegnung mit der Moderne vielleicht das Beste, was dem Buddhismus seit langer Zeit widerfahren ist?

      Dieses Buch umreißt Grundmerkmale eines zeitgenössischen Buddhismus, der seinen wichtigsten überlieferten Lehren treu bleiben, zugleich aber mit der Moderne oder wenigstens vielen typischen Kennzeichen des heutigen Weltbildes vereinbar sein will. Ungeachtet des ambitionierten Titels können die folgenden Seiten nur eine persönliche Sicht auf einige Aspekte des bisherigen Dialogs bieten. Sie greifen weder die Tragweite jüngster neurowissenschaftlicher Entdeckungen noch die Erkenntnisse der Kognitionsforschung auf. Und die Wechselwirkung, von der ich hier spreche, befindet sich natürlich nicht mehr ganz am Anfang, steckt aber wohl noch in den Kinderschuhen. Es geht jedenfalls nicht darum, eine neue Version des Buddhismus anzubieten, die die Zeiten überdauern wird. Bestenfalls dürfen wir darauf hoffen, etwas zum Gespräch beizutragen – im Vertrauen darauf, dass allmählich eine kollektive Weisheit hervortritt, die mehr als die Summe der einzelnen Stimmen ist.

      Die Hauptschwierigkeit in der Entwicklung eines modernen Buddhismus liegt darin, ein echtes Gespräch zu führen, das nicht dazu neigt, die eine Seite im Sinne der anderen zu beurteilen.

      Auf Seiten der Tradition war das Hauptbestreben seit einigen Generationen natürlich darauf gerichtet, einzelne Schulen des asiatischen Buddhismus in den Westen zu importieren und dort Unterstützung für sie zu gewinnen. Dieser konventionelle Ansatz lässt sich etwa so zusammenfassen: »Natürlich muss man einige Anpassungen vornehmen, darf aber keine bedeutsamen Veränderungen an grundlegenden Lehren und Übungsformen zulassen. Dass die Überlieferungen selbst aus vormoderner Zeit stammen, ist keine Schwäche, sondern ihre Stärke, zumal, wenn man betrachtet, was aus der modernen Welt geworden ist und wohin sie sich offenbar entwickelt. Die vorherrschende westliche Weltanschauung unterstützt Individualismus und Narzissmus, und die Gesellschaft als ganze steht sichtlich im Bann von Konsumsucht und Wunschdenken. Wir müssen diese alte Weisheit, die uns den richtigen Weg weisen kann, wiederbeleben.«

      Auf der anderen Seite indes gibt es verschiedene Versuche, den Buddhismus für die heutige Gesellschaft relevant zu machen, indem man ihn säkularisiert und seine mythologischen Wurzeln aus der Eisenzeit{1} durch eine Weltsicht ersetzt, die mit der Wissenschaft und modernen Erkenntnisformen besser vereinbar ist: »Sicherlich hat die Moderne ihre Probleme, doch wir müssen auf ihren besten Entdeckungen aufbauen. Dazu gehören nicht nur exakte Wissenschaften wie Physik und Biologie, sondern auch Sozialwissenschaften wie Psychologie und Soziologie. Anstatt vormoderne Überzeugungen zu übernehmen, die heute nicht mehr plausibel sind, sollten wir auch das nutzen, was beispielsweise Anthropologie und Archäologie über antikes Denken herausgefunden haben. Nur mit einem solchen Ansatz kann man einen Buddhismus entwickeln, der direkt unsere heutige Situation anspricht: das Unbehagen moderner Menschen, die in einer sich globalisierenden Welt leben.«

      Mit beiden Blickweisen kann man leicht sympathisieren. Hingegen ist es schwieriger, auf Messers Schneide zwischen ihnen zu balancieren. Können wir jede Sichtweise verwenden, um die andere zu befragen, ohne dabei schon diese oder jene als absolut zu setzen? Ein solches Herangehen könnte uns unbehaglich sein, denn es destabilisiert: Was wird dann noch von meinem Standpunkt übrig bleiben? Das Vorgehen beruft sich indes auf ein Verständnis buddhistischer Praxis, das im ersten Teil dieses Buches besprochen wird. Es betont die Verwirklichung eines »nichtverweilenden« oder »nichtankernden Geistes« – eines Geistes, der sich mit keinerlei Formen identifiziert, auch nicht mit Denkmustern wie beispielsweise religiösen oder weltlichen Ideologien.

      So faszinierend viele von uns die asiatischen buddhistischen Überlieferungen auch finden mögen, ist es doch wichtig, das Wesentliche des Dharma deutlich von dessen kulturellen Drum und Dran zu unterscheiden, das weniger gut in die heutige Welt passt. Gehören dazu auch Karma und Wiedergeburt? Ein säkularer Buddhismus könnte gerade manche Dinge voraussetzen, die man aus traditionell buddhistischer Sicht als problematisch kritisieren würde. Drückt das vorherrschende materialistische Weltbild der modernen Wissenschaft die Wahrheit über die Welt aus, in der wir leben, oder ist das fragwürdig geworden – wie es einige berühmte Wissenschaftler, darunter auch Nobelpreisträger der Physik und Biologie, heute annehmen? Wenn man Wissenschaft als Methodologie vom herrschenden naturalistischen Paradigma unterscheidet, dann öffnet sich die Tür zu neuen Vorstellungen darüber, was diese Welt ist, sowie zu einem neuen Verständnis unserer Stellung und Rolle in ihr. Darum wird es im zweiten Teil gehen.

      Ein wichtiger und strittiger Punkt im zeitgenössischen Buddhismus ist die Erleuchtung, auf Pali nibbana, auf Sanskrit nirvana: Erwachen, Befreiung, Erkenntnis, Verwirklichung und so weiter. So schwierig es auch ist, sich einen Buddhismus (wörtlich: »Erwach-ismus«) ohne Erleuchtung vorzustellen, gibt es doch hinsichtlich des Wesens von Nirvana und Erleuchtung eine Mehrdeutigkeit, die mit der Globalisierung und Modernisierung des Buddhismus zunehmend problematisch wird.

      Einigen frühen Formen des Buddhismus zufolge ist unsere Welt des Samsara von Natur aus von Begierde, Verblendung und der von ihnen verursachten Unzufriedenheit befallen. Es heißt, die einzige wirklich befriedigende Lösung sei, dem zu entfliehen, indem man Nirvana erreiche und damit ein erneutes Geborenwerden in Samsara beende. Diese Auffassung ist mit anderen Religionen der Achsenzeit (einschließlich der abrahamitischen wie Judentum, Christentum und Islam) vereinbar, die gleichfalls die Transzendierung (vom lateinischen transcendere, »übersteigen, überschreiten«) dieser Welt betonen.

      Im Gegensatz hierzu verstehen einige zeitgenössische buddhistische Schulen den Pfad als Programm für die psychische Entwicklung, das hilft, persönliche Probleme und hier vor allem den rastlosen »Affengeist« und seine quälenden Emotionen zu meistern. Der Einfluss der Psychotherapie hat unter Buddhisten zu größerer Aufgeschlossenheit für tief verwurzelte mentale Probleme und Beziehungsschwierigkeiten geführt, für die es seitens der überlieferten Lehren nicht immer angemessene Lösungsansätze gibt. Eine viel versprechende Entwicklung ist auch die Achtsamkeitsbewegung, doch ganz ähnlich wie die Psychotherapie betonen alle diese Blickwinkel auf den Buddhismus gewöhnlich eher ein Annehmen dieser Welt und Anpassen an sie. In diesem Buch werde ich solche Ansätze durchweg als immanent (vom lateinischen in + manere, »innewohnen, innerhalb bleiben«) bezeichnen. Obwohl die therapeutischen und achtsamkeitsbasierten Praktiken zweifellos viel zu bieten haben, stellt sich doch die Frage, ob sie nicht andere wichtige Dimensionen des Dharma aus dem Auge verlieren.

      Der erste Teil dieses Buches legt dar, weshalb angesichts dessen, was wir heute wissen und brauchen, weder ein transzendentes noch ein immanentes Verständnis des Buddhismus befriedigen kann. Er stellt eine weitere Variante des Pfades und seines Zieles vor: Unser Selbstsinn – die Art und Weise, wie wir uns erleben und über uns nachdenken – ist ein psychisches und soziales