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Die Rede von Jesus Christus als Glaubensaussage


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könnten wir, die wir gewöhnlich gezeugt worden sind, nicht auf unsere Wiedergeburt hoffen« (159). Er nimmt damit einen wichtigen Aspekt johanneischer Theologie auf und betont zugleich und zu Recht die Ambivalenz der biblischen Genealogien bei Matthäus und Lukas. Nicht zuletzt setzt er sich auch auf originelle Weise mit dem Vorwurf auseinander, Jesus sei als ein »Bastard« geboren. Das Bekenntnis zur Jungfrauengeburt erweist sich damit zwar nicht als notwendig für die Christologie, »es (erschließt) aber eine Wahrheit […], die nicht verloren gehen sollte« (162).

      Mit dem gleichsam historischen Teil des Bekenntnisses – Leiden, Tod und Begräbnis Jesu unter Pilatus – beschäftigen sich die Beiträge von Roland Deines und Dirk Evers. In einem facettenreichen und immer wieder auch systematisch-theologische Aspekte aufgreifenden Beitrag betont Deines zunächst, dass eine Hoffnung auf ewiges Leben kein christliches Spezifikum sei und sich daher die Frage ergebe, wie »sich die Perspektive auf das ewige Leben verändert mit dem Tod dessen, der unter Pontius Pilatus am Kreuz gelitten hat, gestorben |10|ist und begraben wurde« (192). Dabei spiele der Tod Jesu in seiner sündentilgenden Funktion eine entscheidende Rolle: Nur so könne der Tod des Einen Auswirkungen auf die irdische (in Bezug auf die Vergebung der Sünden) und ewige (in Bezug auf die Auferstehung und das ewige Leben) Existenz der an ihn Glaubenden haben. Jesu Wirken und Tod seien dabei gleichermaßen als »epistemologische Zugangsweisen« zu verstehen, welche die Schriftgemäßheit des Heilsereignisses einsichtig machen, wobei im Neuen Testament nicht schon Jesu Sendung selbst, sondern erst seinem Tod sündenvergebende Wirkung zugeschrieben werde. Dirk Evers stellt sich der Herausforderung dieser systematisch-theologisch eher sperrigen Thematik, zumal in der von Deines vorgegebenen Zuspitzung. Ausgehend von grundlegenden Beobachtungen zu modernen Wahrnehmungsweisen in der Interpretation des Todes Jesu unternimmt es Evers, das historische Ereignis des Todes Jesu »nicht als ontologisches Geschehen oder im Sinne einer sekundären religiösen Deutung« zu verstehen, »sondern als in einem umfassenden Sinne effektiv-kommunikatives Ereignis« (211). Wichtig dabei sei, dass die Geschichte Jesu keine mythische Geschichte ist, sondern auch das Bekenntnis die historische Verortung »unter Pontius Pilatus« festhalte. Das Kreuz Jesu entfalte daher – im Licht der Auferstehung – ein mythenkritisches Potenzial, mit dem nicht nur aufgrund der innerweltlichen Verortung die Menschen selbst mit ihrem von der Sünde bestimmten Leben und Tod betroffen sind, sondern in Bezug darauf letztlich auch das Gottesverständnis theologisch produktiv auf neue Weise differenziert werde. Die dadurch infrage gestellte Beziehung von »Faktum und Bedeutung« (215) sei die eigentliche theologische Herausforderung der Neuzeit, und zwar insbesondere im Hinblick auf das Geschichtsverständnis. Dabei gehe es vor allem um die Frage, ob bzw. inwiefern die Bedeutungszuschreibung zum historischen Faktum objektive Geltung beanspruchen könne oder nicht lediglich eine subjektive Illusion sei. Demgegenüber bringt Evers in seinem Ansatz den kommunikativen Charakter der Selbstmitteilung Gottes in der Geschichte Jesu zum Ausdruck »als der, der er auch außerhalb dieses historischen Ereignisses ist, und darin neue Möglichkeiten menschlicher Existenz eröffnet« (222). Dass dabei auch entwicklungsbiologische und -psychologische Aspekte hinsichtlich der Entwicklung des Ich-Bewusstseins zum Tragen kommen, macht Evers’ systematischen Entwurf interdisziplinär auch im Blick auf Disziplinen außerhalb der Theologie in besonderer Weise interessant.

      |11|Vom Historisch-Faktischen wechselt die Perspektive in den Bereich der Mythologie, wenn es um die Aussage »hinabgestiegen in das Reich des Todes« geht. Marco Frenschkowski präsentiert zunächst in eindrücklicher Fülle die Vielfalt der altkirchlichen Descensusvorstellungen, um von diesen konkreten Ausprägungen her nach dem Gehalt der eher randständigen Aussage im Neuen Testament zu fragen. Hier treten insbesondere 1 Petr 3,19 und 4,6, aber auch andere Texte wie z.B. Phil 2,5–11 in den Blick. Frenschkowski hebt dabei die imaginative Kraft mythologischer Vorstellungen hervor, wie sie sich dann – ausgehend von den neutestamentlichen Motiven – in den altkirchlichen Ausprägungen dokumentiert. Auch werden interessante Einblicke in außerbiblische Katabasisliteratur und »Jenseitsimaginarien« geboten. In Anknüpfung an die bekannte Mythos-Definition des Sallust versteht Frenschkowski den Abstieg Jesu in die Unterwelt als mythische Rede, was bedeute, »dass hier anschaulich-mythisch von etwas Realem gesprochen wird, wovon sich in theologischer Begriffssprache nur verkürzt sprechen lässt« (283). Der Weg Jesu sei insofern in Analogie zur platonischen Vorstellung des Weges der Seele »von ganz oben nach ganz unten« zu verstehen. Matthias D. Wüthrich begibt sich seinerseits auf eine »systematisch-theologische Sinnsuche im Blick auf das Bekenntnis zum Descensus Jesu Christi« (287) und thematisiert zunächst das Befremden der Moderne mit dieser Vorstellung vor dem Hintergrund der im 20. Jh. geführten Entmythologisierungsdebatten. Unter den Stichworten »Siegesmotiv«, »Leidensmotiv« und »Predigtmotiv« entfaltet er traditionelle Vorstellungen und befragt sie auf ihr Sinnpotential hin. Wichtig ist dabei die Wahrnehmung des Bösen (bzw. mit Karl Barth: des Nichtigen), seiner bestimmenden Realität und den Möglichkeiten seiner Überwindung. Bemerkenswert sind nicht zuletzt die auf die (inneren und äußeren) Leiden Christi bezogenen, existentialen (und darin durchaus modern anmutenden) Deutungen bei Luther und Calvin. Im Ergebnis beeindruckt, dass Wüthrich dezidiert nicht dafür plädiert, diesen Topos bzw. Mythos aufzugeben, sondern konstruktiv – durchaus entsprechend zu Frenschkowskis religionsgeschichtlicher Perspektive – dessen »Mehrwert« herausarbeitet, der in der Veranschaulichung des endgültigen Sieges über das Nichtige bestehe.

      Jörg Frey und Anne Käfer interpretieren die Aussage von der Auferstehung Jesu. Frey zeichnet diesen Aspekt zunächst innerhalb des neutestamentlichen Kontextes in den apokalyptischen Vorstellungshorizont jüdischer Zukunftserwartung ein, vor dem dieser spezifische |12|Bekenntnisinhalt von der Auferstehung eines Einzelnen als »Spezialfall der allgemeinen Totenauferweckung« (331) in der Geschichte entfaltet wurde. Dabei tritt die berechtigte Frage hervor, warum die Alte Kirche in ihrem Bekenntnis den leiblichen Aspekt festgehalten und nicht gleichsam spiritualisierend die unter Umständen »anschlussfähigere« Vorstellung einer Apotheose, einer unsterblichen Seele o.ä. eingetragen habe, obwohl die Auferstehung Jesu neutestamentlich explizit als Erhöhung bzw. Inthronisation des Gekreuzigten »zur Rechten Gottes« interpretiert wird. Damit deutet sich bereits an, dass der Glaubensinhalt einer »Auferstehung des Fleisches« mit der Vorstellung der Inkarnation, der »Fleischwerdung« des Logos in dem von Gott auferweckten Christus korrespondiert. Dabei ist nach Frey der Glaube an die Auferstehung Jesu nicht einfach eine mythologische Vorstellung, aber auch die Kategorie »historisches Ereignis« (W. Pannenberg) stelle eine »fatale Unterbestimmung« (336) dar. Vielmehr gehe es um die Wahrnehmung einer geschichtlich festzumachenden, authentischen Erfahrung, die zur Überzeugung vom schöpferischen Handeln Gottes am Gekreuzigten geführt habe. Dieses göttliche Handeln werde mit der Kategorie der Auferweckung zur Sprache gebracht und vor diesem Hintergrund – das ist das Entscheidende – die Bedeutung seines (Kreuzes-)Todes reflektiert. Anne Käfer nimmt den inkarnationstheologischen Faden auf und spitzt diesen mit Luther und Schleiermacher zu, indem sie die »Pointe des Menschgewordenseins Gottes« als »Erweis der Liebe des Schöpfers« versteht. Das Kreuz als Voraussetzung der Auferstehung des Menschgewordenen mache deutlich, »[d]ass diese Liebe unbedingt und uneingeschränkt ist« (356). Das ganze Ausmaß der Liebe Gottes werde aber erst durch die Auferweckung Jesu sichtbar. Hermeneutisch wichtig ist die Einsicht, dass die Gewissheit, die aus diesem Geschehen erwachse, nämlich die Gewissheit der Überwindung des Todes durch Gottes Liebe, nicht der historischen Vergewisserung bedarf. Vielmehr gelte es, den »auferstandenen Inkarnierten im Leben der Kirche« neu zur Geltung zu bringen, wobei den Sakramenten als Mittel und als Orten der Vergegenwärtigung eine entscheidende Bedeutung zukomme. Die Wahrheit des »Glaubens an Jesu Auferstehung von den Toten« lasse sich nicht historisch beweisen, sondern muss sich im Glaubensleben jedes und jeder Einzelnen als Wahrheit erweisen.

      Der Weg Christi, den das Credo beschreibt, führt schließlich zur sessio ad dexteram »des allmächtigen Vaters«. Diesem Topos widmet sich zunächst Reinhard Feldmeier unter der besonderen Fragestellung |13|nach dem Verhältnis zwischen göttlicher Allmacht und menschlicher Freiheit. Ausgehend von der Vorstellung der »Selbstbegrenzung Gottes« im Hinblick auf die Ausübung seiner Macht wird auch das von Jesus Christus ausgesagte »Sitzen zur Rechten Gottes« konsequent als Heilsgeschehen interpretiert. Der Allmächtige teilt gleichsam seine Herrschaft. In der »Beteiligung« Christi an Gottes Herrschaft erweise sich dessen »Allmacht« als »Rettermacht«