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Einführung in die Publizistikwissenschaft


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sowie methodische Verfahrensweisen beispielsweise aus der Soziologie, der Politologie, der Ökonomie oder Psychologie. In Abgrenzung dazu definieren sich die Medienwissenschaft im deutschen und die sog. Cultural Studies im englischen Sprachraum mehr als Geistes- bzw. Kulturwissenschaften mit einer stärkeren Betonung von qualitativen Methoden.

      3 Publizistik- und Kommunikationswissenschaft

      3.1 Integrationswissenschaft — Transdisziplinarität — Methodenpluralismus

      Öffentliche Kommunikation

      Die publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Forschung befasst sich primär mit der öffentlichen Kommunikation, die durch (Massen-)Medien wie Presse, Radio, Fernsehen, Online-Kommunikation und — mit geringer Bedeutung — Buch und Film hergestellt wird. Im Zentrum des Fachs stehen die Deskription und Erklärung der verschiedensten Phänomene und Probleme der modernen Gesellschaft als eine Medien- und Informationsgesellschaft unter Berücksichtigung der an ihr beteiligten Akteure und deren Strategien, die Leistungen der Medien sowie ihre Effekte auf Rezipienten und die Gesellschaft insgesamt, und zwar mit einem Fokus auf die beeinflussenden Faktoren (soziale, politische, ökonomische Strukturen) sowie vermittelnden Prozesse.

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      Abbildung 3: Gegenstand „öffentliche Kommunikation“ Forschungsfelder und Forschungsprozess der Publizistikwissenschaft

      Quelle: eigene Darstellung

      3.2 Gegenstand, Fragestellungen und theoretische Perspektiven

      Gegenstand

      Den zentralen Gegenstand der klassischen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft bilden alle Formen der öffentlichen Kommunikation bzw. Massenkommunikation, deren wissenschaftliche Erhellung in Form von Definitionen, Modellen und Theorien geschieht (vgl. Kapitel Grundlagen, Theorien und Modelle, i. d. B.). Der interpersonalen, d. h. |11◄ ►12| der zwischenmenschlichen Kommunikation wird als Basisphänomen insoweit Beachtung geschenkt, als diese an öffentliche Kommunikationsprozesse gebunden ist (vgl. Bentele 1999: 5).

      Die Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien führt jedoch nicht nur zu einem Strukturwandel der Medien- bzw. der Gesamtwirtschaft, sondern macht auch bislang geltende Grenzen zunehmend durchlässig. Dies bedeutet nicht nur, dass wir es mit einer Vielfalt von Formen öffentlicher Kommunikation zu tun haben, sondern auch, dass deren Abgrenzung von gruppenspezifischer und interpersoneller Kommunikation (z. B. Mobilkommunikation) oder von Transaktion (z. B. E-Commerce) zunehmend problematisch wird. Als Konsequenzen dieser Entwicklung wird u. a. diskutiert, anhand welcher Elemente Medienunternehmen konkret bestimmt werden können, ob neue, bislang weniger beachtete Akteure, z. B. aus der Telekommunikation, zu relevanten Akteuren im Mediensystem werden, ob Transaktionsfernsehen öffentliche Kommunikation ist und inwiefern die Online-Kommunikation Rezipienten auch zu Kommunikatoren werden lässt. Die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft muss sich dieser aktuellen informations- und kommunikationstechnologischen Entwicklung stellen, weil sie ansonsten an gesellschaftlicher Erklärungskraft verlieren könnte.

      Fragestellungen

      Originäre Fragestellungen

      Das Fach hat eine Reihe von originären Frage- und Problemstellungen entwickelt. Dazu gehören folgende Punkte:

      • Medien und Gesellschaft: Die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowie ökonomischen und institutionellen Voraussetzungen, aber auch die medientechnische Basis, unter denen sich die Massenkommunikation vollzieht.

      • Medienstrukturforschung und Medienentwicklung: Die Organisationen des Mediensystems und Strukturen im Mediensystem und deren Entwicklung.

      • Kommunikatorforschung (Journalismus und PR): Die Prozesse der Produktion von Medienbotschaften.

      • Inhalts- und Qualitätsforschung: Die durch die Massenmedien in Form von manifesten und latenten Aussagen produzierte Medienrealität und deren Resonanz in der Öffentlichkeit.

      • Publikums- und Rezeptionsforschung: Die Publika der Massenmedien,|12◄ ►13| ihre Strukturen, sowie die Prozesse der Medienrezeption und die dahinterstehenden Wünsche und Erwartungen.

      • Wirkungsforschung: Die individuellen und sozialen, intendierten und zufälligen, kurz- wie langfristigen, sozial erwünschten, aber auch schädlichen Effekte der Massenmedien auf Wissen, Einstellungen, Emotionen und Verhaltensweisen.

      Theoretische Perspektiven

      Theorienpluralismus

      Wie in anderen sozialwissenschaftlichen Disziplinen auch, existiert in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft keine alles dominierende theoretische Perspektive (vgl. Burkart 1997). Das Fach ist eher durch einen Theorienpluralismus (Handlungs- wie auch Systemtheorien) charakterisiert (vgl. Beitrag Theorien und theoretische Perspektiven, i. d. B.). Die meisten der verwendeten theoretischen Ansätze stellen Hypothesensysteme über relativ eng begrenzte Teilbereiche der öffentlichen Kommunikation dar — sog. Theorien mittlerer Reichweite–, wie z. B. zu den Teilbereichen der Nachrichtenselektion auf der Mesoebene (Redaktion als Organisation) oder der Medienwirkungsphänomene auf der Mikroebene (Individuum). Am ehesten gibt es auf der Makroebene umfassende allgemeine Theorieentwürfe oder Paradigmen. In den 1970er- und 1980er-Jahren waren im deutschen Sprachraum der Strukturfunktionalismus und darauf aufbauend die Systemtheorie auf der Basis der Arbeiten von Niklas Luhmann (1996) besonders erfolgreich. Ein neueres, aber sehr kontrovers diskutiertes Paradigma stellt der Konstruktivismus (vgl. Beiträge in Bentele/Rühl 1993; Schmidt/ Zurstiege 2000) dar. Andere, in der Öffentlichkeit stark beachtete Entwürfe von medienphilosophischen und kulturkritischen Autoren, wie Marshall McLuhan (1968), Neil Postman (1985) und Pierre Bourdieu (1998) oder neue postmoderne Autoren, wie Paul Virilio, Jean Baudrillard oder Vilém Flusser (vgl. Kloock/Spahr 1997; Weber 2003), welche Phänomene und Entwicklungen wie Beschleunigung, Simulation und Vernetzung ins Zentrum ihrer Überlegungen stellen, betrachtet man in der akademischen Disziplin als eher unergiebig, da sie nicht ohne Weiteres empirisch überprüfbar sind (vgl. Bentele 1999: 7; Saxer 2000).

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      4 Aufbau und Logik des vorliegenden Buches

      Integrationswissenschaft

      Publizistik- und Kommunikationswissenschaft wird in den Beiträgen dieses Einführungsbandes als transdisziplinäres Fach mit vornehmlich sozialwissenschaftlich-empirischer Ausrichtung verstanden und konzipiert. Gleichwohl wird neben sozial- auch mit kulturwissenschaftlichen Ansätzen gearbeitet, wobei diese Konzepte im Rahmen einer integrationswissenschaftlichen Perspektive gegenstandsbezogen verknüpft werden und Ausgangspunkt für eine eigenständige Theoriebildung sein sollen. Dabei werden Theorie- und Methodenpluralismus gepflegt. Einen übergreifenden Einblick in den Methodenpluralismus gibt auch der zweite Beitrag dieses Kapitels.

      Die Logik des Buches unterscheidet zwischen Kapiteln und Beiträgen. Mit Beiträgen sind die einzelnen, von unterschiedlichen Autorinnen und Autoren verfassten, konkreten Abhandlungen bezeichnet. Diese Beiträge sind in insgesamt sechs thematisch kohärente Kapitel eingeteilt. Eine kurze Einleitung der Herausgeber am Anfang jedes Kapitels soll den „roten Faden“ und die Verknüpfung der einzelnen Beiträge aufzeigen. Die Autorinnen und Autoren der Beiträge lehren und forschen am IPMZ — Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung — oder stehen diesem Institut nahe, sodass trotz der Allgemeingültigkeit der Ausführungen eine gewisse „Standortperspektive“ verfolgt wird.

      Aufbau des Buches