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Hartmann von Aue


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      Cordula Kropik

      Hartmann von Aue

      Eine literaturwissenschaftliche Einführung

      Narr Francke Attempto Verlag Tübingen

      Umschlagabbildung: Autorbild zu den Liedern Hartmanns von Aue in der großen Heidelberger Liederhandschrift ©, Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cpg 848, Bl. 184v.

      Prof. Dr. Cordula Kropik ist Inhaberin des Lehrstuhls für Germanistische Mediävistik an der Universität Bayreuth. Ihr Arbeitsgebiet umfasst die Literatur und Kultur des Mittelalters bis zum Beginn der Neuzeit.

      © 2021 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

      Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      Internet: www.narr.de

      eMail: [email protected]

      Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

      ISBN 978-3-8252-5562-6 (Print)

      ISBN 978-3-8463-5562-6 (ePub)

      Einleitung

      Als einer der wichtigsten deutschsprachigen Dichter des Mittelalters ist Hartmann von Aue in Forschung und Lehre außerordentlich präsent. Kaum ein anderer wird in Pro- und Hauptseminaren so oft besprochen, kaum einem anderen haben Germanistische Mediävist_innen aus aller Welt so viele Studien gewidmet. Freilich stellt gerade die Fülle der wissenschaftlichen Zugänge Lehrende wie Studierende vor eine beträchtliche Herausforderung. Sich im weiten Feld des Forschungsdiskurses einen Überblick zu verschaffen, ist schwierig, und noch schwieriger ist es, ihn in all seinen Voraussetzungen zu vermitteln. Wo aktuelle Beiträge im Kontext jahrzehntelanger Debatten stehen, auf anspruchsvollen methodischen Grundlagen beruhen oder erhebliche literaturgeschichtliche Vorkenntnisse verlangen, stoßen die Möglichkeiten des akademischen Unterrichts rasch an ihre Grenzen.

      Diese Einführung möchte hier helfend einspringen. Sie versammelt Beiträge, die wichtige und aktuelle Themen der Forschung zu Hartmann von Aue verständlich darstellen, um Studierenden den Einstieg in eine forschungsbasierte Beschäftigung mit dem Werk dieses Klassikers der mittelhochdeutschen Literatur zu erleichtern. Dabei wendet sie sich insofern an eine etwas weiter fortgeschrittene Leser_innenschaft, als sie die inhaltliche Kenntnis von Hartmanns Texten voraussetzt. Ziel ist also nicht die Unterstützung der Erstlektüre – dafür liegt mit den Einführungen von Cormeau/Störmer ³2007, Wolf 2007 und Lieb 2020 schon eine Auswahl an fachkundigen Handreichungen vor –, sondern die Begleitung von vertiefenden Zweit-, Mehrfach- und Neulektüren.

      Für diese vertiefenden Lektüren ist der Blick auf die Forschung aus mehreren Gründen von höchster Relevanz. Wenn man sich eingehender mit Hartmanns Werk auseinandersetzen möchte, sollte man erstens wissen, inwiefern man dafür auf bestehende Forschung zurückgreifen kann. Die Beiträge dieses Buches führen deshalb exemplarisch an solche Themen, Ansätze und Methoden heran, die sich als forschungsprägend erwiesen haben, wobei sie auch Entwicklungen und historische wie konzeptuelle Hintergründe beleuchten. Um das so vermittelte Wissen für die eigene Arbeit fruchtbar zu machen, reicht die bloße Kenntnisnahme freilich noch nicht aus. Dafür bedarf es ferner sowohl der Einübung in den Forschungsdiskurs als auch eines weitergehenden Verständnisses jener Kräfte, die ihn bestimmen und vorantreiben. Beides wird den Leser_innen dieses Buches praxisnah vermittelt: Für alle Beiträge konnten erfreulicherweise Forscherinnen und Forscher gewonnen werden, die in jüngster Zeit selbst zu den jeweiligen Themen gearbeitet haben. Da sie mithin auf eigener Forschung beruhen, lassen sie Vieles von dem hervortreten, was den Fachdiskurs ausmacht. Sie zeigen, wie sehr er von dem Interesse lebt, das Forschende an ihre Gegenstände herantragen; sie verdeutlichen, welch große Rolle die Perspektive spielt, die jeweils auf Texte eingenommen wird; und sie illustrieren nicht zuletzt die enorme Bedeutung einer stetig wachen Bereitschaft zu Kritik. Forschung findet nur da statt, und sie kommt nur da voran, wo Lesende kritische Fragen stellen: Auch das soll diese Einführung ihren studierenden Leser_innen vermitteln.

      In diesem Sinn ist die titelgebende Ankündigung einer literaturwissenschaftlichen Einführung zu verstehen. Die Spezifikation bedeutet zuallererst den Abschied von jenen Sicherheiten, die Studierende am Anfang ihres Studiums gern suchen. Stattdessen rückt sie die Prozesse forschenden Fragens und Hinterfragens in den Blick. Die Beiträger_innen dieses Buches sind als Expert_innen in besonderer Weise dazu berufen, den aktuellen Stand in verschiedenen Bereichen der Hartmannforschung zu erläutern. Darüber hinaus repräsentieren sie die stimmliche Vielfalt eines Forschungsdiskurses, dessen Vitalität im Nebeneinander ganz verschiedener Positionen und Herangehensweisen zum Ausdruck kommt. Wenn die Beiträge in einzelnen Punkten differieren, wenn sie von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen oder zu verschiedenen Schlussfolgerungen einladen, dann ist das darum keinesfalls als Inkohärenz oder Widerspruch zu betrachten, sondern allein als Signum ihrer wissenschaftlichen Authentizität.

      Der Konzeption des Buches entspricht, dass es auf Inhaltsangaben, kommentierende Paraphrasen und ausführliche Analysen von Einzeltexten größtenteils verzichtet. In einigen Beiträgen werden zwar bestimmte Texte bzw. Gattungen fokussiert; dies geschieht jedoch im Rahmen einer konzertierten Abfolge von historischen, methodischen, generischen und thematischen Schwerpunktsetzungen. Daraus ergibt sich der übergreifende Nexus der Einführung: Unter der Rubrik ‚Dichter und Werk‘ (A) diskutieren zwei Beiträge zunächst literaturgeschichtliche Voraussetzungen von Hartmanns Schaffen (→ Kap. 1.) und Probleme der Überlieferung (→ Kap. 2.). Daran anschließend widmen sich zwei Kapitel Aspekten der Poetik von Hartmanns Werk. Zuerst (B) entfalten Beiträge zu Hartmanns lyrischen (→ Kap. 3.) und rhetorischen Formen (→ Kap. 4.) verstärkt Fragen der generischen Verortung und Überschneidung. Danach geht es in etwas anderer Perspektivierung um Hartmanns Erzähltexte (C): Hier werden speziell das Verhältnis zu den französischen Vorlagen (→ Kap. 5.), konstruktive Spezifika von Erzählwelten (→ Kap. 6.), die narrative Selbstreflexion (→ Kap. 7.) und Erzählerprofile (→ Kap. 8.) fokussiert. Teil D wendet sich demgegenüber drei thematischen Aspekten zu, die die Forschung zum Werk Hartmanns über längere Zeit geprägt haben und die im akademischen Unterricht bis heute präsent sind: ‚Männer und Frauen‘ (→ Kap. 9.), ‚Liebe und Gesellschaft‘ (→ Kap. 10.) sowie ‚Gott und Welt‘ (→ Kap. 11.). Am Ende stehen zwei Beiträge zur zeitgenössischen Kanonisierung (→ Kap. 12.) sowie zur Rezeption (→ Kap. 13.): Sie schließen den literaturgeschichtlichen Rahmen und öffnen den Blick für die bis in die jüngste Gegenwart hineinreichende Wirkung von Hartmanns Schaffen (E).

      Insgesamt ist dieses Buch so angelegt, dass es sowohl durchgehend als auch in einzelnen Teilen mit Gewinn gelesen werden kann. Die Beiträge bauen konzeptuell aufeinander auf, sind aber in ihrem inhaltlich-gedanklichen Nexus jeweils in sich geschlossen. Korrespondenzen und Verbindungen werden durch (→) Querverweise markiert. Um die Orientierung im Band zu erleichtern und Studierende zu eigenen Erkundungen in der Forschung zu ermutigen, sind den einzelnen Beiträgen Abstracts voran- und Hinweise zu weiterführender Literatur nachgestellt. (Zitier-)Ausgaben der mittelalterlichen Texte und Nachweise der Sekundärliteratur werden in den Verzeichnissen am Ende des Bandes aufgeschlüsselt; dort findet sich auch eine vollständige Aufstellung der überlieferten Handschriften und Fragmente von Hartmanns Texten.

      Gedankt sei allen, die dieses Buch ermöglicht und an ihm mitgewirkt haben. Zuallererst sind das die Beiträgerinnen und Beiträger. Sie haben sich spontan und mit Begeisterung zur Mitwirkung bereit erklärt und dem Konzept der literaturwissenschaftlichen Einführung durch kenntnisreiche Überblicke, detaillierte Textanalysen, kluge Auswahlentscheidungen und Pointierungen gleichermaßen Kontur und Tiefe verliehen. Dank gebührt darüber hinaus Tillmann Bub, der die Arbeit an diesem Buch