9.8 IntraActPlus
9.8.1 Grundlagen
9.8.2 Aufbau und Inhalte
9.9 Blitzschnelle Worterkennung
9.9.1 Grundlage
9.9.2 Aufbau und Inhalte
9.10 PotsBlitz – Das Potsdamer Lesetraining
9.10.1 Grundlagen
9.10.2 Aufbau und Inhalte
Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuchs
Verwendung der Icons
Beispiel | |
Informationsquellen print und online | |
Definition |
Da sich die Lernziele in den Kapiteln 3, 7 und 9 jeweils auf das gesamte Kapitel beziehen, wurde dort auf die Angabe von Unterkapiteln zu den einzelnen Lernzielen verzichtet.
Vorwort
Mit einer Prävalenz von etwa sechs bis acht Prozent Betroffener gehören Lese-Rechtschreibstörungen zu den häufigsten Entwicklungsstörungen im Kindes- und Jugendalter (Shaywitz et al. 1990).
Spätestens seit der Veröffentlichung der ersten Ergebnisse der PISA Studien ist diese Problematik einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. In der Folge wurden verstärkt Bemühungen unternommen, valide Verfahren zur Früherkennung sowie Förder- und Therapiekonzepte zu entwickeln und hinsichtlich ihrer Effektivität zu evaluieren. Zudem wurden in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, was die Erforschung der Ursachen im neurobiologischen Bereich sowie der sprachlich-kognitiven Grundlagen eines erfolgreichen Schriftspracherwerbs angeht.
Seit der Ratifizierung der UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (2006) und der damit verbundenen sukzessiven Umsetzung eines inklusiven Schulsystems, sehen sich neben Sprach- und Lerntherapeuten und Förderschullehrern zunehmend auch Lehrkräfte des Regelschulsystems mit der Problematik gestörter Schriftspracherwerbsprozesse konfrontiert.
Das vorliegende Buch ist das Resultat meiner langjährigen wissenschaftlichen und praktischen Auseinandersetzung mit diesem Störungsbild. Die Grundlage lieferte mein Habilitationsprojekt am Lehrstuhl für schulische und außerschulische Sprachbehindertenpädagogik der Universität zu Köln (Prof. Dr. Motsch), in dessen Rahmen eine empirische Studie mit mehr als 1.000 Kindern zur Früherkennung und Prävention von Schriftspracherwerbsstörungen im inklusiven Unterricht (Mayer 2014) durchgeführt wurde.
Dieses Buch verfolgt das Ziel, den genannten Berufsgruppen, die sich um Kinder und Jugendliche mit Lese-Rechtschreibstörungen kümmern, aber auch Lehramtsstudierenden unterschiedlicher Fachrichtungen sowie angehenden Sprach- und LerntherapeutInnen durch eine Aufarbeitung des internationalen Forschungsstandes wissenschaftliche Grundlagen dieses komplexen Störungsbildes zu vermitteln. Zu diesem Zweck gibt Kapitel 1 einen Einblick in die Charakteristika und Prinzipien der deutschen Orthographie. Kapitel 2 verdeutlicht die kognitiven Prozesse beim Lesen und Schreiben und skizziert den Schriftspracherwerb als Entwicklungsprozess. Nach einer detaillierten Begriffsklärung (Kap. 3) werden in Kapitel 4 die angenommenen Ursachen im engeren Sinn und in Kapitel 5 das Konstrukt der phonologischen Informationsverarbeitung als Bindeglied zwischen Ursachen und Oberflächensymptomatik ausführlich erläutert.
Kapitel 6 bis 9 sind der Früherkennung, Diagnostik, Prävention, Förderung und Intervention gewidmet. Neben einer kritischen Analyse unterschiedlicher Herangehensweisen soll der Leser auch Anregungen für die praktische Tätigkeit der Diagnostik, des Unterrichts und der Therapie erhalten.
Aufgrund der leichteren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen zumeist die männliche Form verwendet. Doch es sind selbstverständlich Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler etc. gemeint. Beide Geschlechter sind immer mitzudenken.
Köln im Januar 2016 | Andreas Mayer |
1 Das deutsche Schriftsystem
Lernziele
ein Bewusstsein für die Charakteristika unterschiedlicher Schriftsysteme entwickeln und die Besonderheiten alphabetischer Orthographien kennen (Kap. 1.1)
die unterschiedlichen Prinzipien der deutschen Orthographie kennen und die daraus resultierenden Rechtschreibbesonderheiten nachvollziehen können (Kap. 1.2)
Für einen Dozenten der Didaktik und Methodik des Biologieunterrichts oder einen Physiklehrer der Sekundarstufe ist es selbstverständlich, neben didaktisch-methodischen Kompetenzen über umfassendes fachspezifisches Wissen zu verfügen. Genauso selbstverständlich sollte es für alle Berufsgruppen sein, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Lese-Rechtschreibstörungen fördern oder therapieren, sich umfassendes Spezialwissen zu Aufbau, Struktur und Besonderheiten des deutschen Schriftsystems, den Entwicklungsprozessen beim Lesen- und Schreibenlernen sowie den dabei ablaufenden sprachlich-kognitiven Prozessen anzueignen.
Dieses Wissen zu vermitteln, ist das Ziel der Kapitel 1 und 2 des vorliegenden Lehrbuchs. Der Leser soll sich Wissen über die wesentlichen Charakteristika der deutschen Orthographie aneignen, ihm soll deutlich werden, dass es sich bei der Aneignung dieses komplexen Systems um einen (meta-)sprachlich-kognitiven Entwicklungsprozess handelt, der sich in unterschiedliche Phasen gliedern lässt, in denen sich die Kinder von unterschiedlichen Strategien leiten lassen, um sich sukzessive den Fähigkeiten kompetenter Leser und Schreiber anzunähern.
1.1 Unterschiedliche Schriftsysteme
Unter dem Begriff der Orthographie versteht man ein institutionalisiertes, normiertes System aus Zeichen und Regeln, das von kompetenten Benutzern gleich verwendet und verstanden werden kann (Crystal 2010).
Weitgehend selbstverständlich verbinden die meisten Menschen der westlichen Welt mit dem Begriff der Orthographie eine Schriftsprache, die die phonologische Struktur der jeweiligen Lautsprache nach bestimmten Regeln symbolisiert. Dabei handelt es sich aber nur um ein mögliches System, das historisch betrachtet zudem eher am Ende der Schriftentwicklung stand. Ausgehend von den Ursprüngen der Schrift im 3. Jahrtausend v.