bei den Ansätzen der schwachen und starken Nachhaltigkeit ist, dass die ökologische und ökonomische Dimension Beachtung finden, während die soziale Dimension vernachlässigt wird. Die soziale Dimension findet in der neueren wissenschaftlichen Diskussion zur →nachhaltigen Entwicklung jedoch in zunehmendem Maße Beachtung, wie später noch gezeigt wird.
Im Rahmen der aufgezeigten Kontroverse geht es noch um die Frage, ob der Gegensatz zwischen schwacher und starker Nachhaltigkeit aufgelöst werden kann. In der neueren wissenschaftlichen Diskussion wurde die ausgewogene NachhaltigkeitNachhaltigkeitausgewogene entwickelt. (v. Hauff 2014, S. 56 ff)
Wie wird die ausgewogene Nachhaltigkeit begründet?
Grundsätzlich geht es den Vertretern der ausgewogenen Nachhaltigkeit zunächst darum, eine weltweite Befriedigung der Grundbedürfnisse und die Verbesserung der Lebensqualität der heutigen und zukünftigen Generationen zu erreichen. Das lässt sich an der Kontroverse um wirtschaftliches Wachstum, die zwischen Wachstumsbefürwortern und Wachstumsgegnern zunehmend heftiger ausgetragen wird, aufzeigen.
Die Vertreter der ausgewogenen Nachhaltigkeit stellen hierzu fest, dass für eine Harmonisierung von Wachstum und Umweltqualität einzig die Art des Wirtschaftswachstums ausschlaggebend ist. Wachstum muss dementsprechend eine umweltschonende Qualität annehmen. Das lässt sich durch eine konsequente Verringerung und Veränderung des Material- und Energieeinsatzes, durch Sparsamkeit, Reparaturfähigkeit von Gütern, Recycling, Effizienzverbesserung und Materialsubstitution aber auch durch regenerative Energie und eine nachhaltige Mobilität realisieren. (v. Hauff 2014, S. 59) Es geht also darum durch ein Maßnahmenbündel die Ökosysteme in einem stabilen Zustand zu erhalten. Dabei gilt festzustellen, dass sich einige Ökosysteme bereits in einem übernutzten bzw. irreparablen Zustand befinden.
Gibt es Beispiele für übernutzte Ökosysteme?
Neben dem KlimawandelKlimawandel gibt es eine Reihe von Gewässern und insbesondere Meere, die sich durch eine Überfischung oder durch einen zunehmenden Grad an Verschmutzung auszeichnen. Bisher findet bei Ökosystemen, die sich in prekärem Zustand befinden, oft noch keine wirksame bzw. ausreichende Gegensteuerung statt. Ein weiteres Problem, das bisher viel zu wenig Beachtung gefunden hat, ist die Abnahme der BiodiversitätBiodiversität mit all ihren negativen Folgen, die später noch dargestellt werden.
Es gibt aber auch viele Rohstoffe wie seltene Erden und Metalle, die auf Grund der steigenden weltweiten Nachfrage immer knapper werden. Diese Metalle werden besonders für die Hardware der →Digitalisierung aber auch für regenerative Energieträger wie Windräder und Photovoltaikanlagen benötigt. Es gibt Prognosen, dass bis zum Jahr 2030 weniger von diesen Metallen abgebaut als nachgefragt werden. Entsprechend der Definition des Brundtland-Berichts können zukünftige Generationen dann ihre Bedürfnisse nicht mehr in gleichem Maße befriedigen wie die heute lebende.
Warum muss der Begriff nachhaltige Entwicklung inhaltlich konkretisiert werden?
Die alltägliche Verwendung des Begriffs nachhaltiger Entwicklung weist oft keine klaren Konturen auf. Das wird durch Formulierungen deutlich wie: Wir wollen mehr Nachhaltigkeit und UmweltschutzUmweltschutz. Dabei ist Umweltschutz die zentrale Dimension von Nachhaltigkeit. Daraus ergeben sich folgende Fragen: Was bedeutet mehr Nachhaltigkeit, in welchen Bereichen und in welchem Maße? Welche Ziele von Nachhaltigkeit sollen, bis zu welchem Zeitpunkt erreicht werden? Nur eine Konkretisierung führt zu einer messbaren Weiterentwicklung und vermeidet den Missbrauch des Begriffs Nachhaltigkeit.
Daraus wird deutlich, dass bisher überwiegend Expertinnen und Experten die Zusammenhänge der drei Dimensionen und Möglichkeiten der Umsetzung erkennen und aufzeigen. Daher besteht gerade im Bildungsbereich noch ein großes Potential die Bedeutung aber auch die Chancen, die nachhaltige Entwicklung bietet, aufzuzeigen und die Umsetzung durch „best pratice Beispiele“ zu verdeutlichen. Das große Potenzial, das noch brachliegt, ist jedoch nach den empirischen Untersuchungen zum Bekanntheitsgrad nachhaltiger Entwicklung nicht verwunderlich.
Weshalb ist der Begriff heute in aller Munde?
Nachhaltige Entwicklung ist ein globales Leitbild, das einen normativen Charakter aufweist. Die Frage ist: was sollte sich wie verändern. Ein nachhaltiges Verhalten muss daher assoziiert sein mit VerantwortungsbewusstseinVerantwortungsbewusstsein im Sinne „tue Gutes für die Umwelt, für eine gerechte Wirtschaft und für die Gesellschaft damit sich die Lebensbedingungen aller verbessern.“ Das wird in zunehmendem Maße von allen Akteuren der Gesellschaft wie Unternehmen, d.h. produzierenden Unternehmen und Dienstleistungsunternehmen, wie Unternehmen des Finanzsektors, Konsumenten, Verbänden, kirchlichen Einrichtungen und politischen Parteien erwartet bzw. sogar eingefordert. Aber auch jeder einzelne Bürger trägt Verantwortung im Sinne nachhaltiger Entwicklung indem er/sie zur Verbesserung der ökologischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen beiträgt.
Gibt es bereits Vorreiter für auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Branchen?
Teilweise sind einzelne Branchen wie die TextilindustrieTextilindustrie um mehr Nachhaltigkeit bemüht. So war beispielsweise die Sportartikelmesse Ispo in München im Januar 2020 auf das Thema Nachhaltigkeit ausgerichtet. Einige Textilunternehmen sind auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit schon Vorreiter und wurden dafür ausgezeichnet wie die Firma Vaude. Natürlich gibt es auch in vielen anderen Branchen schon vorbildliche Unternehmen die mehrfach ausgezeichnet wurden, da sie sich an der Nachhaltigkeit orientieren. Exemplarisch können die Brauerei Härle und das Unternehmen Lebensbaum genannt werden.
Grundsätzlich geht es bei nachhaltigen Textilunternehmen beispielsweise um die Verwendung von Bio-Baumwolle und bessere Arbeitsbedingungen. Dabei stellt der Verbrauch von Wasser, Energie und Chemikalien ein nachhaltigkeitsorientiertes Textilunternehmen auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette oft vor große Herausforderungen. Gleichzeitig gibt es aber noch viele Handelsunternehmen in der Textilindustrie, die unter unmenschlichen Bedingungen in Entwicklungsländern aus dem Grund der Profitmaximierung Kleidung herstellen lassen und somit eine nicht-nachhaltige Geschäftspolitik betreiben. Daran sind Konsumenten nicht unbeteiligt.
Welche Rolle spielen bei der Nachhaltigkeit die Medien?
Auch die FilmindustrieFilmindustrie und die Medien fühlen sich in zunehmendem Maße herausgefordert bzw. in der Verantwortung. So wird bisher bei Dreharbeiten von Filmen primär auf die Zeit, jedoch weniger auf negative Umwelteinflüsse geachtet. Daher wollen sich Film- und Fernsehproduzenten bei ihrer Arbeit zu mehr Umweltschutz verpflichten. Sie wollen für eine „noch stärkere Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in der Film- und Serienproduktion, die für ein ökologisch, wie auch ökonomisch und sozial verantwortliches Handeln steht“ eintreten. So heißt es in einem Entwurf für eine gemeinsame Erklärung.
Daher haben sich Vertreter der ARD, des ZDF, des MDR, der Deutschen Welle aber auch Vertreter der Filmindustrie im Februar 2020 in Berlin zur Unterschrift im Kanzleramt zusammengefunden, um ihr Vorhaben mit ihrer Unterschrift zu besiegeln. Aber auch Sportvereine und Eventmanager haben das Thema für sich entdeckt. So haben z. B. erste Fußballvereine gemeldet, dass sie ein Nachhaltigkeitskonzept entwickeln. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie anspruchsvoll diese Vorhaben sein werden und in welchem Maße sie umgesetzt werden.
Wie sieht es mit weiteren Branchen aus?
Als weiteres Beispiel lässt sich die NatursteineindustrieNatursteineindustrie aufführen. Deutschland gehört heute zu den Ländern, die Natursteine z. B. in Form von Grabsteinen zu einem großen Teil aus asiatischen Ländern importieren. In vielen Medienberichten wurde jedoch immer wieder aufgezeigt, wie die Natursteine in asiatischen Ländern wie in China, Indien und Vietnam unter Missachtung von ökologischen und sozialen Standards in Steinbrüchen abgebaut und dann unter teilweise unmenschlichen Arbeitsbedingungen verarbeitet werden. So sind in der Natursteinindustrie schon tausende von Arbeitern unter Qualen an Staublunge gestorben.
Dabei wird besonders Indien