Reinhard Stauber

Der Wiener Kongress


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Bands“ für die deutschen Staaten.

      Es erwies sich bald, dass die ursprüngliche Terminplanung, den großen Kongress in Wien Ende Juli 1814 zu beginnen, nicht zu halten war. Eine erste Verschiebung gab es Mitte Juni, denn der Zar wollte noch einmal zurück nach Russland und Castlereagh brauchte Zeit für die politische Vertretung seiner Anliegen im britischen Unterhaus. Um Organisation und Ablauf des Kongresses festzulegen, sollten die Bevollmächtigten der vier Mächte ab Anfang August zusammenkommen, aber auch dieser Termin wurde nochmals verschoben, da der Zar, der London am 22. Juni verließ, apodiktisch verkündete, er werde erst am 27. September in Wien erscheinen.

      Kontakte nach England erwiesen sich für die Franzosen dabei als besonders nutzbringend. Auf Empfehlung des Herzogs von Wellington lud Talleyrand Castlereagh ein, auf seiner Reise zum Wiener Kongress in Paris Station zu machen, und der britische Außenminister akzeptierte diese Einladung trotz einiger Bedenken. Man sprach über die Niederlande und Schweden, und Castlereagh versicherte sich des Rückhalts in Paris gegen die polnischen Pläne des Zaren. Aus der Sicht Frankreichs bedeuteten diese Gespräche, die Castlereagh Ende August 1814 mit Ludwig XVIII. und seinem Außenminister in Paris führte, einen ersten Schritt zur Anerkennung als Gesprächspartner im europäischen Mächtekonzert.

      So beschäftigte sich der leitende Minister Österreichs im August mit der Reorganisation seiner Staatskanzlei, in der die Vorbereitungen auf den Kongress bereits auf Hochtouren liefen, und bestimmte den mit den deutschen wie mit den italienischen Verhältnissen vertrauten Diplomaten Johann Freiherr von Wessenberg zum zweiten Vertreter Kaiser [<<45] Franz’ I. auf dem Kongress, nachdem Johann Philipp Graf von Stadion diese Funktion abgelehnt hatte.

      Als Metternich die Nachricht erhielt, dass der britische Außenminister Castlereagh und der Chefberater des Zaren Nesselrode am 13. September 1814 in Wien eingetroffen waren, machte er sich am 15. auf die kurze Reise von Baden in die Hauptstadt. Am 17. vervollständigte Hardenberg den Kreis der leitenden Minister der vier alliierten Mächte. Bis zur geplanten Kongresseröffnung am 1. Oktober blieben noch zwei Wochen, und in den kritischen Fragen Polen, Sachsen, Neuverteilung der Gebiete am Rhein sowie bei der Gestaltung des deutschen Staatenbundes war man noch keinen Schritt vorangekommen. [<<46]

      1 Lieven, Russland gegen Napoleon, S. 349f.

      2 Demel/Puschner, Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß, Nr. 7, S. 60f.

      3 Geheimartikel bei Angeberg, Congrès, S. 1f.

      4 Demel/Puschner, Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß, Nr. 8, S. 63.

      5 Angeberg, Congrès, S. 9–12.

      6 Angeberg, Congrès, S. 25f.

      7 Sellin, Geraubte Revolution, S. 73.

      8 Angeberg, Congrès, S. 50–52; Treichel, Quellen, Nr. 5, S. 25–36; Demel/Puschner, Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß, Nr. 9, S. 65–68.

      9 Treichel, Quellen, Nr. 7, S. 41–48; Demel/Puschner, Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß, Nr. 10, S. 69–71. Art. 4 garantierte Bayern „la souveraineté pleine et entière“, der Geheimartikel 1 „l’indépendance entière et absolue“.

      10 Webster, British Diplomacy, Nr. 3–31, S. 3–56, Nr. 54–60, S. 94–107.

      11 Angeberg, Congrès, S. 73–82, v. a. S. 76f., 78f. (Deklaration); Sellin, Geraubte Revolution, S. 84 (Zitat).

      12 Webster, British Diplomacy, Nr. 32–33, S. 56–63, Zitat S. 58; Instruktion für Castlereagh vom 26. Dezember 1813 ebd., Nr. 70, S. 123–128.

      13 Fournier, Châtillon, S. 56–79, 286–288 (Zitat S. 287), 306–308; Demelitsch, Actenstücke, S. 240–252.

      14 Fournier, Châtillon, S. 105–138.