Reinhard Stauber

Der Wiener Kongress


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Interessen Bayerns.9 Tirol wurde sofort für militärische Operationen Österreichs geöffnet. Metternich versprach dafür, dem bayerischen König zu einer angemessenen Entschädigung für eventuelle Gebietsabtretungen zu verhelfen. Zwischen Anfang November und Anfang Dezember folgten die Souveräne von Württemberg, Hessen-Darmstadt, Baden, Nassau und Hessen-Kassel dem bayerischen Beispiel und wechselten durch vertragliche Absprachen auf die Seite der Gegner Napoleons. [<<25]

      Mit dem Sieg der alliierten Truppen in der „Völkerschlacht“ bei Leipzig (16.–19. Oktober 1813) waren die bisherigen Kriegsziele der Koalition erreicht. Napoleon zog seine Truppen über Erfurt und Frankfurt Richtung Westen ab, fügte bei Hanau noch dem bayerischen Armeekorps unter General Wrede eine schwere Niederlage zu (30./31. Oktober), setzte Anfang November mit 80.000 Soldaten bei Mainz über den Rhein und ließ, zurück in Saint-Cloud, die Aushebung einer neuen Armee von 300.000 Mann anordnen.

      Am 18. Januar 1814 kam Castlereagh im alliierten Hauptquartier an, das sich damals in Basel befand. Allein dieses Reiseziel zeigt, wie dramatisch sich die politisch-militärische Lage in Europa in den letzten Wochen des Jahres 1813 verändert hatte. In Spanien erhielt der Bourbonenkönig Ferdinand VII. seinen Thron zurück; in den Niederlanden war es zu Aufständen gegen die Franzosen gekommen, die das Land bis Weihnachten räumten; hier kehrte Prinz Wilhelm VI. von Oranien-Nassau, der Sohn des letzten Erbstatthalters, als „Souveräner Fürst der Niederlande“ aus dem britischen Exil zurück. Österreichische, später auch russische Truppen rückten ab dem 21. Dezember östlich von Basel in die Schweiz ein, um von dort Richtung Frankreich vorzustoßen, und in der Neujahrsnacht 1813/14 setzte Blücher bei Koblenz über den Rhein. Trotz mancher Bedenken trugen die alliierten Truppen den Krieg nun nach Frankreich hinein. In der Hoffnung, sich seine Herrschaft über Neapel sichern zu können, wandte sich dessen König, Joachim Murat, von seinem Schwager Napoleon ab und schloss am 11. Januar 1814 eine Bündnisabsprache mit Österreich, in der er versprach, in Italien 30.000 Mann an die Seite der Alliierten zu stellen.

      Nach diesen Erfolgen und der Besetzung eines breiten Gebietsstreifens in Ostfrankreich brachten die Monate Februar/März 1814 politisch wie militärisch gefährliche Krisenmomente für die Koalition mit sich. Über die Fragen, ob nun ein rascher militärischer Vorstoß gegen Paris zu führen und der Sturz der Dynastie Bonaparte zu planen sei, ergaben sich gravierende Differenzen zwischen dem Zaren auf der einen und den leitenden Ministern Großbritanniens und Österreichs auf der anderen Seite. Castlereagh und Metternich hatten im Januar in Basel abgesprochen, die Alternative Bonaparte oder Bourbon vorerst in der Schwebe zu lassen, nochmals einen Friedensschluss mit Napoleon zu versuchen und dieses Ziel durch eine langfristige Defensivallianz gegen Frankreich formal abzusichern.