4.5 Die Niederlande und Luxemburg
4.6 Salzburg oder Pfalz? Konflikte zwischen Bayern und Österreich
4.7 Festschreibung der Ergebnisse und Erstellung der Schlussakte
5.1 Die Schweizer Eidgenossenschaft und ihre Neutralität
5.3 Die skandinavischen Mächte
6. Der Deutsche Bund. Das „föderative Band“ in der Mitte Europas
6.1 Die Verhandlungen um die Neugestaltung Mitteleuropas
6.2 Die Bundesakte und der Deutsche Bund
7. Die Festkultur des Kongresses
7.1 Präsenz im öffentlichen Raum
7.3 Monarchische Festkultur und privater Rahmen
8. Völkerrecht und globale Aspekte
Quellen- und Literaturverzeichnis
Überblicksdarstellungen zur Epoche und zum Wiener Kongress
Rückumschlag
Vorwort
Mit dem Sturz Kaiser Napoleons im April 1814 ging, so schien es zumindest, eine Periode in der Geschichte Europas zu Ende, die von der Hegemonie Frankreichs und mehr als zwei Jahrzehnten kriegerischer Auseinandersetzungen geprägt gewesen war, die mehrere Millionen Menschenleben gekostet hatten. Der Ende Mai 1814 in Paris abgeschlossene Friedensvertrag berief einen „allgemeinen Kongress“ der kriegführenden Parteien ein, der binnen zweier Monate in Wien zusammenkommen sollte. Dort war eine territorial- und verfassungspolitische Neuordnung Europas zu vereinbaren, die auf gemeinsamer Verantwortung für die Erhaltung des Friedens basierte – der erste Anlauf zur Etablierung eines zuverlässig arbeitenden sicherheitspolitischen Systems auf dem Kontinent. Die „Wiener Ordnung“ sicherte Europa in der Tat eine lange währende Friedensperiode; die maßgebliche Forschung verortet hier einen grundlegenden Paradigmenwechsel der Akteure der internationalen Politik von rein konkurrenz- zu konsensorientierten Schemata.
Allerdings war der Wiener Kongress aus mehreren Gründen alles andere als eine sich selbst erfüllende Erfolgsgeschichte, und es ist ein Anliegen der hier vorgelegten Darstellung, Kontingenzen, Schwierigkeiten und Zufälle zu beleuchten, die seine Verhandlungen und Ergebnisse stärker prägten als die Intentionen der Akteure.
Die Herausbildung einer „konzertierten“ (heute würde man sagen: koordinierten) militärisch-politischen Strategie der Gegner Frankreichs in den Feldzügen von 1813 führte im Frühjahr 1814 zur formellen Allianz der Großmächte Russland, Preußen, Österreich und Großbritannien und zum militärischen Sieg über den Kaiser der Franzosen. Doch bei den sich anschließenden politischen Gesprächen, in London im Juni und danach in Wien ab September 1814, schlug die traditionelle Rivalität der Großmächte in Mitteleuropa erneut durch. Der Zar hielt seine Pläne in [<<7] Bezug auf Polen bewusst in der Schwebe, Preußen verlangte seine Wiederherstellung im territorialen Umfang von 1805 und die Briten wollten alle Agenden mit überseeischen Bezügen ausgeklammert wissen. Diese komplexen, widersprüchlichen Ereignisketten belasteten den europäischen Kongress mit einer Fülle ungelöster Probleme (Kap. 2, S. 19).
Der Kern des Kongressgeschehens wurde dominiert von der harten Konkurrenz Russlands, Österreichs und Preußens um die Sicherung von Einflusszonen in den von Frankreich geräumten Gebieten in Mitteleuropa und Italien. An der Frage der adäquaten Entschädigung Preußens für den Verzicht auf polnische Gebiete, die der Zar zur Gänze für sich beanspruchte, schienen die Verhandlungen an der Jahreswende 1814/15 so gut wie gescheitert. Erst nach einer Lösung für die Aufteilung Sachsens im Februar und unter dem Druck von Napoleons Rückkehr nach Frankreich für die Herrschaft der „Hundert Tage“ im März 1815 konnten tragfähige Kompromisse erarbeitet werden. Außerdem gab es für die Organisation einer derartig großen Zusammenkunft von Diplomaten keine Vorbilder oder Erfahrungswerte. Die Eröffnung der Verhandlungen musste mehrfach verschoben, sachgerechte Arbeitstechniken in Ausschüssen erst entwickelt werden. Auf Zeremoniell und formale Regelwerke wurde dabei recht wenig Bedacht genommen (Kap. 3, S. 47).
So ausführlich und präzise wie im vorgegebenen Rahmen möglich, dokumentiert die Darstellung den schwierigen Gang der Wiener Verhandlungen und ihre in der Schlussakte festgeschriebenen territorialen Ergebnisse bezüglich der neuen Königreiche Polen (nun im Verband des russischen Zarenreiches), Niederlande (vermehrt um Hinweise zur Interessenlage des Gesamthauses Nassau) und Hannover (dem Festlandsbesitz der britischen Könige). Der Erhalt des Königreichs Sachsens und die Neugestaltung der preußischen Monarchie durch Übernahme großer Gebiete am Rhein und in Westfalen gehören ebenso hierher wie die weniger bekannten, auf dem Kongress nicht mehr gelösten Streitigkeiten zwischen Österreich und Bayern um Salzburg und das Rhein-Main-Gebiet (Kap. 4, S. 91).
Zur Gewinnung einer dezidiert europäischen Perspektive auf die Bedeutung der Jahre 1814/15 geht die vorliegende Darstellung ausführlicher als bisher in deutschsprachigen Werken üblich auf die Neukonstitution [<<8] der schweizerischen Eidgenossenschaft, die Wiederherstellung der Staatenwelt Italiens und, etwas knapper, auf die skandinavischen Königreiche ein (Kap.