Geschichte des Klimas, vom Spätglazial über das Holozän zu den Klimaschwankungen der letzten drei Jahrhunderte (hierzu gibt es ein breites Angebot an weiterführender Literatur). Das Buch schließt mit dem vom Menschen beeinflussten Klima der Gegenwart und gibt einen Ausblick auf die Klimazukunft.
Das Schreiben eines solchen Buches während des universitären Normalbetriebs wäre nicht möglich gewesen ohne die großartige Unterstützung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Geographischen Instituts der Universität Bern sowie weiterer Kolleginnen und Kollegen: Renate Auchmann, Daniela Domeisen, Doris Folini, Jörg Franke, Michael Graf, Luc Hächler, Carine Hürbin, Martín Jacques-Coper, Fortunat Joos, Cristina Joss, Ulrike Lohmann, Stefan Pfahl, Lucas Pfister, Matthias Probst, Christoph Raible, Olivia Romppainen, Marco Rohrer, Alexander Stickler, Leonie Villiger, Aline Wicki und Maria Winterberger haben Teile des Manuskripts kommentiert. Alfred Bretscher (†) hat einige der Abbildungen gezeichnet. Alexander Hermann hat die Abbildungen grafisch umgesetzt. Das Buch folgt in den Grundzügen dem entsprechenden Skriptum von Heinz Wanner, dem ich herzlich danken möchte. Schließlich geht mein Dank auch an Martin Lind und den Haupt Verlag, der mich zum Schreiben des Buches ermuntert und dessen Werdegang begleitet hat.
Ein so breites Thema wie Klimatologie in allen Teilbereichen ausgewogen und korrekt zu behandeln, ist ein schwieriges, ja unmögliches Unterfangen. Die Breite des Fachs liegt mir, aber bei der Stringenz der physikalischen Beschreibungen und Herleitungen stieß ich oft an meine Grenzen. Sollten sich hier noch Ungenauigkeiten und Fehler eingeschlichen haben, bitte ich um Rückmeldung. Ich hoffe, mit meinem Buch interessierte Studierende für die Klimatologie begeistern zu können.
Bern, November 2017
Stefan Brönnimann
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Einführung in das Klimasystem
Inhalt
Auf der Erde herrscht ein lebensfreundliches Klima. Die globale Jahresmitteltemperatur liegt bei 14.5 °C. Wasser kommt unter diesen Bedingungen in allen Aggregatzuständen vor. Selbst die extremsten Messwerte liegen zwischen –89 °C und +57 °C, einem relativ schmalen Bereich. Eine weitgehend selbstreinigende, sauerstoffhaltige Atmosphäre erlaubt Leben auch an Land. Dabei schützt die Ozonschicht die Landlebewesen vor schädlicher Strahlung.
Im Verlauf der Erdgeschichte wechselten sich kühlere und wärmere Phasen ab. Seit etwa zwei Millionen Jahren befindet sich die Erde in einer von kurzen Warmzeiten unterbrochenen Kaltzeit. Seit 150 Jahren ist der Mensch zum wichtigsten Klimafaktor geworden. Die globale Mitteltemperatur hat sich in dieser Zeit bis heute (2017) um ca. 1.2 °C erhöht.
Temperatur und Niederschlag sind räumlich und zeitlich variabel. Klima kann einerseits als «durchschnittliches» oder «charakteristisches» Wetter an einem Ort definiert werden. Eine andere Definition sieht Klima als das Resultat von Prozessen und stellt diese in den Vordergrund. Klima kann vereinfacht auch als System verstanden werden, dessen Aufgabe es ist, räumliche energetische Unterschiede auszugleichen. Dabei werden Energie, Masse und Impuls horizontal und vertikal transportiert und ausgetauscht. Die dabei beteiligten Prozesse laufen auf zeitlichen und räumlichen Skalen ab, die mehrere Größenordnungen umspannen. Die Systemsicht dient der Vereinfachung und Konzeptualisierung der komplexen Realität, beispielsweise zur Darstellung von Stoff- und Energiekreisläufen und deren Modellierung.
Kohlenstoffkreislauf und Wasserkreislauf sind zentral für das Klima und verbinden das Klimaystem mit anderen Bereichen der Umwelt wie Pedo-, Hydro- und Biosphäre. Der Kohlenstoffkreislauf ist die Grundlage für das Verständnis des menschgemachten Klimawandels.
1.1 | Das Erdklima
Klimaänderungen sind von hoher gesellschaftlicher Relevanz
Kaum ein anderer Bereich unserer Umwelt ist in den letzten Jahrzehnten derart stark in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt wie das Klima. Die derzeit ablaufende Veränderung des Klimas stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Sie beeinflusst unsere Lebensqualität, unsere wirtschaftlichen Möglichkeiten und führt zu neuen Gefahren. Entsprechend ist das Thema von hoher politischer Relevanz. Dies trifft besonders auf Entwicklungsländer zu, wo die Verletzlichkeit zum Teil aufgrund politischer und gesellschaftlicher Faktoren ohnehin bereits hoch ist. Aber selbst in hochtechnologisierten Industrieländern betreffen Klimaänderungen zentrale Bereiche wie Landwirtschaft, Energie, Transport und Tourismus in empfindlichem Maße. Klimaänderungen beeinflussen Naturrisiken und beeinträchtigen natürliche Systeme wie Vegetationsgemeinschaften, Tierhabitate oder arktische Landschaften. Zusammen mit anderen Stressfaktoren wie Luftverschmutzung oder Lärm beeinflussen sie gesundheitliche Aspekte. Die Liste ließe sich beliebig weiterführen.
Die klimatischen Verhältnisse waren schon immer eine wichtige Bedingung, an die sich das Leben anpassen musste. Umgekehrt hat das Leben Atmosphäre und Klima tiefgreifend verändert (vgl. → Kap. 2.1). Man kann deshalb von einer Ko-Evolution von Leben und Klima sprechen.
Die Atmosphäre ermöglicht Leben
Leben konnte sich auf der Erde nur entwickeln, weil die Temperatur der Erdoberfläche innerhalb gewisser Grenzen bleibt. Wasser, der wichtigste Baustein des Lebens, kam auf der Erde seit frühester Zeit in flüssiger Form vor. Atmosphäre und Ozeane sorgen dafür, dass keine allzu großen Temperaturunterschiede entstehen können. Wasserdampf und andere Treibhausgase bewirken einen natürlichen Treibhauseffekt (vgl. → Kap. 2 und 3). Ohne diese Gase wäre die Temperatur der Erdoberfläche um 30 °C kühler und Wasser kaum in flüssigem Zustand vorhanden. Außerdem hält die Ozonschicht schädliche UV-Strahlung der Sonne zurück (vgl. → Kap. 2 und 3), welche dadurch den Erdboden nicht erreicht. Leben an Land wäre ohne diese Bedingung nicht möglich.
Das Leben beeinflusst das Klimasystem
Umgekehrt hat das Leben das Klimasystem beeinflusst. Dank der Photosynthese hat Leben überhaupt erst Sauerstoff produziert und damit auch die Ozonschicht gebildet. Leben hat die Erdoberfläche umgestaltet, hat steinige Flächen in Boden und Vegetation verwandelt und damit zentrale physikalische Größen des Klimasystems verändert. Außerdem hat Leben wichtige Stoffkreisläufe (wie beispielsweise den Kohlenstoffkreislauf) maßgeblich modifiziert. Es reguliert damit auch den natürlichen Treibhauseffekt, der das Erdklima in einem für heutige Lebensformen tolerablen Bereich hält.
Tab. 1-1 |Atmosphären der Planeten im Sonnensystem (Quelle: Compound Interest). 1 atm = 1013.25 hPa (vgl. → Tab. 1-3).
Im Vergleich mit anderen Planeten im Sonnensystem herrschen auf der Erde einzigartige Bedingungen für Leben (→ Tab. 1-1). Zwar haben auch andere Planeten eine Atmosphäre, von denen aber keine lebensfreundliche Bedingungen bietet. Faktoren dafür sind die Dichte der Atmosphäre, deren Zusammensetzung und die durchschnittliche Temperatur. Die Venus zum Beispiel hat eine zu dichte Atmosphäre, die außerdem für irdische Lebensformen hochgiftig wäre. Die Atmosphäre des Mars wiederum ist zu kalt und zu dünn, sodass dort Wasser heute nicht in flüssiger Form vorkommen kann. Außerdem fehlt auf dem Mars die schützende Ozonschicht größtenteils.
Das Klimasystem versucht, das räumliche Strahlungsungleichgewicht auszugleichen
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