Stefan Brönnimann

Klimatologie


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href="#ulink_ae8533b9-3853-5b9f-9b83-1605cb04fed0"> Abb. 1-1 dargestellt. Die Nettostrahlung an der Atmosphärenobergrenze ist die Differenz zwischen der eingehenden Sonnenstrahlung und der ausgehenden Strahlung, welche die reflektierte Sonnenstrahlung und die Abstrahlung der Erde umfasst. Die Nettostrahlung zeigt klare räumliche Unterschiede. Die tropischen Regionen gewinnen Strahlungsenergie (die Nettostrahlung ist positiv), die Mittelbreiten und polaren Gegenden sowie Wüstenregionen verlieren Strahlungsenergie (negative Nettostrahlung, vgl. Kap. 3). Dieses Energiegefälle ist gewissermaßen der Motor des Klimasystems und der Antrieb der atmosphärischen und ozeanischen Zirkulation. Das Klimasystem strebt danach, diese Differenz auszugleichen, indem Energie in verschiedener Form transportiert wird, während die Strahlung dieses Energiegefälle immer wieder von Neuem aufbaut. Letztlich können wir die Verteilung der Temperatur und des Niederschlags sowie die Winde als Ergebnis dieses Ausgleichsprozesses verstehen, der gewissermaßen zu einem dynamischen Gleichgewicht führt. In Kap. 6 führen wir diesen Gedanken weiter.

      Die globale Jahresmitteltemperatur beträgt 14.5 °C, Extreme umspannen fast 150 °C

      Die Jahresmitteltemperatur beträgt für die gesamte Erdoberfläche ungefähr 14.5 °C. Sie zeigt große räumliche Unterschiede ( Abb. 1-1). In den Tropen erreicht sie 30 °C, in den polaren Gegenden sinkt sie auf –30 °C. Ursache dafür ist die oben genannte ungleiche Einstrahlung. Aber auch die räumliche Verteilung der Landmassen und Ozeane mit ihren jeweils ganz unterschiedlichen Eigenschaften führen zu einer räumlich ungleichen Temperaturverteilung. Betrachtet man dazu noch die Variabilität des Wetters, erstaunt es nicht, dass an einzelnen Tagen weit extremere Bedingungen auftreten können. Die höchsten und tiefsten auf der Erde gemessenen Extreme liegen scheinbar weit auseinander, zwischen –89 °C und +57 °C. Das ist allerdings noch relativ wenig, wenn wir das beispielsweise mit den Verhältnissen auf dem Mond vergleichen, dessen Oberflächentemperatur bei ungefähr gleicher Einstrahlung wie auf der Erde zwischen –160 °C und +130 °C schwankt. Tab. 1-2 stellt einige beobachtete Wetterextreme auf der Erde zusammen.

      Der globale mittlere Niederschlag beträgt knapp 3 mm pro Tag

      Die Jahresniederschläge sind räumlich ebenfalls sehr variabel. In Abb. 1-1 zeigen sich schmale Bänder mit viel Niederschlag und großen räumlichen Gradienten (ein Gradient ist ein Gefälle in einer Raumrichtung; vgl. Box 1.4). Entlang des Äquators erstreckt sich zwischen 5° S und 10° N ein Band mit Jahresniederschlägen von über 2000 mm. Auch über den Westseiten der Ozeane regnet es viel. Dagegen erhalten einige subtropische Regionen und die Polkappen nur 100 mm pro Jahr oder weniger Niederschlag ( Abb. 1-1). Der global gemittelte Niederschlag beträgt knapp 3 mm pro Tag, wobei die Unsicherheit dieser Größe beträchtlich ist.

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      Die Niederschlagsverteilung wird durch Wind und Feuchte bestimmt

      Die Niederschlagsverteilung lässt sich mit dem Windfeld erklären. Niederschlag fällt dort, wo feuchte Luft gehoben wird. Diese kühlt sich dadurch aus, es kommt zu Kondensation und Niederschlagsbildung. In den Kap. 2, 4 und 6 gehen wir näher darauf ein. Hebung erfolgt außer bei der Überströmung von Gebirgen vor allem dort, wo die Winde in Bodennähe konvergieren, also zusammenströmen (vgl. Kap. 5, wo die Begriffe mathematisch definiert werden). Daher zeigt Abb. 1-1 die größten Niederschläge im Bereich der konvergierenden Strömung in Äquatornähe (vgl. Kap. 6), wo die Luft sehr feucht ist. In Regionen mit divergenter Luftströmung in Bodennähe, also einem Auseinanderfließen, sinken Luftmassen ab, und es fällt wenig Niederschlag. Der Zusammenhang zwischen Hebung respektive Absinken (in der Meteorologie Subsidenz genannt) und horizontaler Konvergenz (respektive Divergenz) ist in Abb. 1-2 dargestellt.

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      Neben Hebung braucht es für die Niederschlagsbildung auch Wasserdampf, der durch Verdunstung in die Atmosphäre gelangt. Verdunstung erfolgt hauptsächlich in den subtropischen Ozeanen sowie über den tropischen Landflächen des Amazonasbeckens und Westafrikas, dagegen tragen die Kontinente der Subtropen und die Mittelbreiten nur wenig bei ( Abb. 1-1). Sehr wenig verdunstet auch in den kalten Polarregionen.

      Können wir all dies physikalisch erklären? Können wir die Vorgänge qualitativ oder sogar quantitativ nachvollziehen? Die hier als erste Abbildung dargestellten mittleren Klimaverhältnisse sind gleichzeitig der Kernpunkt dieses Buches. Wir können als Ziel dieses Buches formulieren, die hier dargestellten Klimaverhältnisse zu verstehen und auf ihre physikalischen Ursachen zurückführen zu können.

      Diese Charakterisierung des heutigen Klimas soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Verlauf der Erdgeschichte größere Schwankungen gab. Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war dies noch kaum bekannt. Doch danach mehrten sich Hinweise auf Eiszeiten, und es wurden Spuren einer vormals grünen Sahara entdeckt. Es dauerte allerdings noch geraume Zeit, bis sich aus einer statischen Sichtweise des Klimas das Bild einer dynamischen Erde mit einem sich ständig ändernden Klima entwickelte.

      Das Klima Mitteleuropas schwankte zwischen «Schneeballerde» und tropischem Klima

      Die wichtigsten Phasen des globalen Klimas sind in Abb. 1-3 zusammengefasst. Nach der Entstehung der Erde und der Bildung des Mondes entstand vor 4–4.5 Milliarden Jahren eine treibhausgasreiche Atmosphäre, welche trotz der damals noch schwachen Sonne flüssiges Wasser erlaubte (vgl. Abb. 2-1, Kap. 2.1). In ihrer Geschichte durchlief die Erde aber immer wieder kühlere und wärmere Phasen. Es kam möglicherweise sogar zu einer oder mehreren Vereisungen fast des gesamten Erdballs («Schneeballerde», vor 650 Millionen Jahren). Während eines großen Teils der Erdgeschichte war das Klima hingegen wärmer als heute; Eis ist auf der Erde daher keine Selbstverständlichkeit. Im heutigen Europa herrschte über größere Zeiträume der letzten 250 Millionen Jahre tropisches Klima.

      Seit 2 Millionen Jahren befinden wir uns im Eiszeitalter

      Im Anthropozän (seit ca. 1850) ist der Mensch der dominierende Naturfaktor

      Seit ca. 2 Millionen Jahren befindet sich die Erde in einer