der Erwachsenen dem entgegenzuwirken ist.
2.5Auslösende Faktoren
Damit eine Störung ausbricht, spielen neben den genannten prädisponierenden Faktoren auslösende Faktoren eine wichtige Rolle. Diese sind entweder massive Stressoren oder das Zusammenkommen gering potenter Faktoren in einer gewissen Häufung. Zu den akuten schweren Lebensereignissen (life events) zählen der Tod eines nahen Verwandten oder Freundes bzw. Partners oder Kindes, Katastrophenfälle, Miterleben von Tod und Sterben, Unfälle, Geburt eines Kindes, Verlust des Arbeitsplatzes, Trennung oder Scheidung, Inhaftierung, akute körperliche Krankheit oder Verletzung, Missbrauch und Misshandlung.
Zu den kleineren Auslösern, den sogenannten „daily hassles“ bzw. zu den länger einwirkenden und daher weniger akuten Auslösern zählen Hänseleien in der Schule, Schulwechsel oder Wechsel des Arbeitsplatzes, Mobbing, Arbeitslosigkeit, Verlust bzw. Rückzug von Freunden, Umzug oder finanzielle Probleme.
3Modelle psychischer Störungen
Jedes Zeitalter hat sein eigenes Verständnis psychischen Leids hervorgebracht und daher gibt es auch verschiedene Modelle über die Ursachen psychischer Störungen. Forscher wollten seit je her verstehen, warum manche Menschen eine oft rätselhafte Krankheit bekommen und andere nicht. Betroffene wollen ihr Leiden erklären und wissen, wie die Veränderungen der Erlebens-, Verhaltens- und Leidenszustände zustande gekommen ist. Patientinnen und deren Angehörige stellen sich die Fragen, ob man selbst oder jemand anderer Schuld trägt und ob man etwas dagegen tun hätte können.
Begonnen hat es im westlichen Kulturkreis mit Vorstellungen göttlichen Einflusses und eines direkten Zugriffs auf menschliches Sein und Werden (siehe Kapitel I, 2). Animistische Vorstellungen, wie die Annahme der allgemeinen Belebtheit der Natur sowie der Glaube an die Beeinflussung von Göttern und Geistern auf das Leben der Menschen, prägten über Jahrhunderte die Vorstellung auch von psychischen Auffälligkeiten bei Menschen. Dies führte zu Teufels- und Dämonenaustreibungen, um Sünde und Schuld reinzuwaschen. Noch in der Zeit der Aufklärung herrschten einseitige biologistische und psychologistische Modelle vor, später auch hypnotische Theorien wie die des Mesmerismus. Dies ist die Bezeichnung für eine elektromagnetische Kraft im Menschen, die Franz Anton Mesmer (1734–1815) spekulativ glaubte erkannt zu haben. (Der „Mesmerismus“ wird bei Peter Sloterdijk in seinem Buch „Der Zauberbaum“ dargestellt).
Peter Tyrer und Derek Steinberg, englische Psychiater, haben 1997 (engl. 2005) in ihrem Buch „Modelle psychischer Störungen: Theorie- und Praxiskonzepte in der Psychotherapie“ den Versuch unternommen, die führenden Modelle psychischer Störungen (aus Sicht der gängigen psychotherapeutischen Schulen) darzustellen. Ein weiterer wichtiger Beitrag zum Thema ist das Kapitel von Wolfgang Gaebel in Hans-Peter Kapfhammer et al.: Psychiatrie & Psychotherapie, Springer 2005. Beide Beiträge dienen hier als Grundlage und ermöglichen weitere Anregungen zur Vertiefung des Themas. Nach Tyrer und Steinberg (1997, 2005) können die Ursachen nach den im Folgenden dargestellten sechs Modellen systematisiert werden.
3.1Medizinisches Krankheitsmodell
Das Medizinische Krankheitsmodell setzt sich aus mehreren Bereichen zusammen:
•Beschreibung der Symptome und Zuordnung zu einem klinischen Syndrom
•Diagnostik der pathologischen (krankhaften) Veränderungen (z. B. Strukturveränderungen durch Magnetresonanztomografie; chemische Veränderungen, messbar in Blut, Liquor, Harn etc.)
•Verlaufsdokumentation und Beobachtung der Veränderungen wie z. B. Spontanremission, Schwankungen in Stimmung und Antrieb oder Steigerung bis hin zur Suizidalität
•Bestimmung der Ursache
•Die Behandlung (Therapie) aufgrund der erhobenen Befunde
•Prognose der Krankheit
Dieses Modell hat eine große Bedeutung, da Krankheiten aus allen medizinischen Fachbereichen auf diese Art klassifiziert, diagnostiziert und behandelt werden. Für psychisch erkrankte Menschen bedeutet dies auch, körperlich untersucht zu werden, was u. a. eine laborchemische Untersuchung bzw. eine bildgebende Diagnostik einschließt (siehe Kapitel V, 5). Auch die Erhebung des psychopathologischen Status beruht auf dem medizinischen Modell. Das Krankheitsmodell, welches maßgeblich die gesamte WHO-Klassifikation beeinflusst hat, ist auch in der Psychiatrie unumgänglich. Es ist wissenschaftlich gestützt, nicht-spekulativ, hypothesengeleitet und rational. Daneben können Befunde und Fortschritte aus anderen Disziplinen der Medizin und den Naturwissenschaften integriert werden.
Als Gefahr des medizinischen Krankheitsmodells ist anzuführen, dass die Individualität des Kranken übersehen wird und stattdessen ein „Fall“ behandelt wird. Ein Nachteil ist, dass der Patient als passiver Empfänger von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen gesehen werden kann. Zur Rolle des abhängigen und passiven Patienten passt die Rolle des autoritären Arztes, der die Behandlung führt. Unterschiedliche Betrachtungsweisen oder demokratische Entscheidungsprozesse, wie in multidisziplinären psychiatrischen Teams üblich, sind bei konsequenter Befolgung des medizinischen Krankheitsmodells selten anzutreffen. Um eine teamorientierte Behandlungsmethode durchzuführen, reicht daher das Modell nicht aus und bedarf einer Erweiterung.
3.2Psychodynamisches Modell
Das psychodynamische Modell sucht hinter den körperlichen oder seelischen Beschwerden nach Denkmustern, Gefühlen, Konflikten, die in frühen Lebensperioden wurzeln. Eine zentrale Vorstellung ist, dass viele Verhaltensweisen unbewusst erfolgen und dem Betroffenen nicht verständlich sind. Die von Sigmund Freud begründetet Psychoanalyse gilt als grundsätzliche Theorie für alle psychodynamischen Vorgänge und beobachtet z. B. genau die Beziehung des Klienten zum Therapeuten, deutet Regungen mit Rückgriff auf frühe Beziehungsmuster (Übertragungen, Projektionen) und nützt diese für den Heilungsprozess. Der Therapeut achtet ebenso auf seine eigenen Emotionen dem Klienten gegenüber (Gegenübertragung, Projektionen). Durch die freie Assoziation des Patienten, die Deutung von Trauminhalten und Fehlleistungen, können zugrunde liegende Konflikte bewusst gemacht und therapeutisch bearbeitet werden. Abwehrmechanismen wie Rationalisierung, Verleugnung, Verdrängung, Projektion und Reaktionsbildung werden identifiziert, ihr Einsatz wird durch den Klienten beobachtet und in ihrer Bedeutung und Notwendigkeit reduziert.
Unzählige Schulen mit unterschiedlichen Modellen haben sich nach Freud aus dem psychoanalytischen Modell weiterentwickelt, z. B. die von Alfred Adler, Carl Gustav Jung, Melanie Klein, Viktor Frankl, Manès Sperber, Wilfried Bion, Otto Kernberg, John Gunderson und Glen Gabbard.
Nach Tyrer hat die psychodynamische Sicht vor allem eines eingebracht: „die Anerkennung der Reichhaltigkeit und Vielfalt des Lebens, der Entwicklung und letztendlich der Evolution des Menschen; sie fördert Gefühlsausdruck und Anpassung“. Kritisch fügt er jedoch an: „Die psychodynamische Theorie kann allgemeine Ursachen menschlichen Leids und Konsequenzen von Problemen und Beziehungsstörungen besser erklären als spezifische Symptombildungen“ (Tyrer und Steinberg, 1997, 70).
3.3Verhaltenstheoretisches Modell
Das Modell der Verhaltenstheorie ist grundsätzlich anders als das psychodynamische: „Es sieht nicht über die Symptome hinaus, die Symptome und das Verhalten das daraus erfolgt, sind die Störung“ (Tyrer und Steinberg, 1997, 81).
Psychische Symptome bilden sich entweder durch operante (Modell der Skinner-Box: Konditionierung wird nicht durch den Reiz, sondern durch das Verhalten bestimmt) oder durch klassische Konditionierung (Modell des Pawlow'schen Hundes: Reflex).
Die Wirksamkeit durch systematische