zusammenhängen dürfte. Die Lichttherapie macht sich dieses Faktum bei den saisonal abhängigen Depressionen („SAD“) zunutze (siehe Kapitel VII, 1.3.4). Der Patient soll in der dunklen Jahreszeit aus therapeutischen Gründen etwa eine Stunde täglich vor einer Lichtquelle mit fluoreszierendem, tageslichtähnlichem Licht, deren Intensität zwischen 2.500 und 10.000 Lux beträgt, verbringen. Währenddessen kann er beispielsweise lesen oder telefonieren, er sollte jedoch immer wieder kurz in die Lichtquelle blicken. Der Wirkmechanismus ist im Einzelnen nicht geklärt, der antidepressive Effekt wird aber über das Auge vermittelt. Nebenwirkungen treten praktisch keine auf. Die Behandlungsform soll nicht die Behandlung mit Antidepressiva oder einer Psychotherapie ersetzen, sondern stellt eine Ergänzung bei Vorliegen der speziellen Depressionsform („SAD“) dar.
3Psychotherapie in der Psychiatrie
Die Psychotherapie ist in der Behandlung von Menschen mit psychischen Störungen neben der Pharmakotherapie und Soziotherapie eine wesentliche Therapiesäule, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Obwohl viele Kulturen psychotherapeutische Elemente wie religiöse Riten, Seelsorge, hypnotische Beeinflussung oder Schamanismus entwickelten und auch bei psychisch kranken Menschen anwandten, hat sich die Psychotherapie erst seit Sigmund Freud zu einem systematisierten und wissenschaftlichen Verfahren entwickelt. Aus diesem sind inzwischen über hundert verschiedene Schulen für Psychotherapie hervorgegangen.
Das Verhältnis zwischen Psychotherapie und Psychiatrie ist von besonderem wissenschaftlichem Interesse. Es scheint, dass die biologische Psychiatrie die Psychotherapie zurzeit an den Rand der Bedeutung gedrängt hat. Die Psychotherapie bleibt jedoch eine Basiswissenschaft und wird in allen klinischen Bereichen angewandt. Sie muss eigentlich als biologische Behandlung angesehen werden, die – durch psychische Stabilisierung – Veränderungen der Gehirnstruktur zur Folge hat und daher gleichfalls wichtig ist, wie die Therapie mit Psychopharmaka. Schließlich entspricht jede psychische Funktion auch biologischen Prozessen des Gehirns, beispielsweise die Weiterleitung elektrischer Impulse durch Neurotransmitter. Für alle psychischen Regungen gibt es zwei Betrachtungsebenen: eine psychische, etwa Trauer, Depression, Erinnerungen, und eine biologische, wie die biochemische Aktivität in bestimmten Hirnregionen. Die Kombination von Medikamenten und Psychotherapie stellt daher unter Beachtung der beiden Ebenen einen erfolgversprechenden Weg in der Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen dar. Zusätzliche Forschungsarbeit zur Klärung, bei welchen psychischen Störungen Psychotherapie – entweder allein oder in Kombination mit Medikamenten – wirksam ist, wird in Zukunft notwendig sein. Je mehr Wissen über die Funktionsweise des Gehirns vorliegt, umso eher können zielgerichtete psychotherapeutische Interventionen und Verfahren entwickelt werden (siehe auch Kapitel IV).
3.1Definition
Unter Psychotherapie versteht man einen bewussten und geplanten interaktiven Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen oder Leidenszuständen (nach Hans Strotzka 1975). Die Behandlung erfolgt mit psychologischen Mitteln und Formen der Kommunikation, mit der Zielsetzung der Symptombeseitigung und der Veränderung der Persönlichkeitsstruktur. Die persönliche Entwicklung und Gesundheit des Behandelten sollen gefördert werden. Der Prozess findet zwischen zwei (oder mehr) Personen statt, wobei der Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin aufgrund seiner/ihrer Ausbildung spezielle Interventionen (verbale und/oder averbale Techniken) systematisch und auf Basis einer Theorie des Verhaltens oder der Genese von psychischen Störungen anwendet. Diese Art der Interaktion bedarf einer tragfähigen und vertrauensvollen Beziehung und sollte sich grundsätzlich von einer alltäglichen zwischenmenschlichen Begegnung unterscheiden.
Die Ausübung der Psychotherapie ist an gesetzliche Grundlagen der einzelnen Staaten der Europäischen Union gebunden. Während beispielsweise in Deutschland hauptsächlich nur MedizinerInnen und PsychologInnen die Berufsberechtigung zuerkannt wird, ist in Österreich seit 1990 der Zugang zur Psychotherapieausbildung auch anderen Berufsgruppen möglich. Berufsvoraussetzungen besitzen Personen mit psychosozialen Quellenberufen, wie KrankenpflegerInnen, SozialarbeiterInnen, Sonder- und HeilpädagogInnen, LehrerInnen etc. Das Psychotherapiegesetz regelt die Art der Ausübung, die Ausbildung und die Berufspflichten und -rechte. Die Ausbildung findet in zwei Teilen statt: Das Propädeutikum beinhaltet u. a. die Fächer Psychiatrie, Psychosomatik sowie psychotherapeutisches Grundlagenwissen, während erst im nachfolgenden Fachspezifikum die Selbsterfahrung („Lehrtherapie“), die Vermittlung von Theorie und die Supervision von staatlich anerkannten Psychotherapieschulen angeboten werden. Die jahrelange Ausbildung führt zur Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ oder „Psychotherapeutin“ mit Eintragung in die PsychotherapeutInnenliste des Gesundheitsministeriums. ÄrztInnen ist zwar durch das Ärztegesetz die Ausübung der Psychotherapie erlaubt, der Titel „Psychotherapeut“ setzt jedoch eine Ausbildung voraus. Für PsychiaterInnen ist das Erlernen der Psychotherapie mittlerweile fixer Bestandteil der Ausbildung (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie bzw. Psychotherapeutische Medizin). Seit einigen Jahren besteht auch die Möglichkeit eines universitären Studiums der Psychotherapiewissenschaften, das eine gleichwertige Ausbildung bietet und einen akademischen Grad verleiht.
3.2Wirkungsweise, Rahmenbedingungen, Indikationen der Psychotherapie
Die Frage, welche Faktoren einer wirksamen Psychotherapie zugrunde liegen, ist Gegenstand der Psychotherapieforschung. Die meisten psychotherapeutischen Schulen versuchen den Leidenszustand, die Beschwerden, Probleme oder Symptome zu erklären und durch Stärkung von Einsicht, Selbstreflexivität, Förderung der Kommunikationsfähigkeit, Veränderung des Verhaltens, Wahrnehmens und Verbalisierung von Gefühlen sowie durch Erkennen von Konflikten zu beeinflussen. Ein wesentlicher Aspekt ist sicherlich die therapeutische Beziehung, die sowohl als unspezifischer als auch spezifischer Wirkfaktor aufgefasst werden kann. Sie inkludiert neben einem vertrauensvollen und von Wertschätzung geprägten Arbeitsbündnis auch eine spezifische Beziehung, die Sigmund Freud „Übertragungsbeziehung“ nannte. Die Analyse der Übertragung und Gegenübertragung (Gefühle des Therapeuten) ist Bestandteil psychodynamischer Therapieformen. Die Klärung und Deutung von Übertragung und Gegenübertragung stellen einen wesentlichen Wirkfaktor dar. Nach Grawe (1994) finden sich fünf allgemeine Wirkfaktoren jeder Psychotherapie, nämlich Klärung, Bewältigung, Problemaktualisierung, Ressourcenaktivierung und die therapeutische Beziehung.
Darstellung einer Patientin während der Lichttherapie
Die praktische Durchführung einer Psychotherapie richtet sich nach den Gegebenheiten der sozialen Situation, Verfügbarkeit, Motivation des Patienten und Art und Schwere der psychischen Störung. Psychotherapeutische Behandlung ist im ambulanten oder stationären Bereich möglich, bietet sich als Einzel- oder Gruppenarbeit an und kann störungsspezifisch als Kurzzeittherapie oder für den Betroffenen tiefgreifender und nachhaltig als Langzeittherapie konzipiert sein. Die Wahl der psychotherapeutischen Methode ist auf die Art der psychischen Störung abzustimmen, obgleich die Praxis gezeigt hat, dass die Erfahrung des Therapeuten mit dem Krankheitsbild eine größere Rolle zu spielen scheint, als die erlernte Therapiemethode. Zu den mit psychotherapeutischen Verfahren zu behandelnden psychischen Störungen zählte man lange Zeit ausschließlich Psychoneurosen, Psychosomatosen, Konversionssymptome und funktionelle Syndrome. Nach ICD-10 sind damit Angsterkrankungen, Zwangsstörungen, Somatisierungsstörungen, Anpassungsstörungen, dissoziative Störungen, sexuelle Störungen und Persönlichkeitsstörungen gemeint. Diese enge Indikation wurde in den letzten Jahren deutlich erweitert. So stellen psychotherapeutische Verfahren auch bei allen anderen psychischen Erkrankungen, wie affektiven Störungen, schizophrenen Erkrankungen, Abhängigkeitssyndromen und organisch psychischen Störungen, eine wichtige Therapieoption dar, die einen Großteil der Behandlung ausmacht.
3.3Psychotherapeutische