Jörg Reinhardt

Grundkurs Arbeitsrecht für die Soziale Arbeit


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arbeitsvertraglicher Vereinbarungen abdecken. Zu nennen sind insbesondere

      •das Arbeitsvertragsrecht, das vor allem in §§ 611a ff. BGB geregelt ist. Daneben können sich auch aus weiteren speziellen Gesetzen Bestimmungen über den Abschluss und den Inhalt von Arbeitsverträgen ergeben, etwa aus §§ 105 ff. der Gewerbeordnung (GewO). Hinsichtlich der Formanforderungen sind bspw. das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sowie das Nachweisgesetz (NachwG) zu beachten; im Rahmen der Vertragserfüllung kommen die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG), des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) oder im Fall der Beschäftigung behinderter Menschen auch das SGB IX zum Tragen. Bei der Beendigung des Vertrags können sich insbesondere aus dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Besonderheiten ergeben.

      •Sonderregelungen für bestimmte Arbeitnehmergruppen finden sich bspw. für kaufmännische Angestellte im Handelsgesetzbuch (HGB) oder für Auszubildende im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und dem Altenpflegegesetz (AltPflG).

      •die Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes. Sie sind etwa im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), im Mutterschutzgesetz (MuSchG), dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), dem SGB IX (in Bezug auf schwerbehinderte Arbeitnehmer) oder im Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zu finden.

      •das kollektive Arbeitsrecht (zum Begriff Kap. 5). Es ist vor allem im Tarifvertragsgesetz (TVG) und dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), aber auch in weiteren Gesetzen geregelt.

      •die Regelungen über das Verfahren vor den Arbeitsgerichten (Kap. 7) finden sich v.a. im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) und ergänzend in der Zivilprozessordnung (ZPO).

      Rechtsverordnungen wirken – wie Gesetze – unmittelbar und zwingend für alle. Sie werden von der Bundes- oder Landesregierung oder einzelnen Ministerien auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage erlassen (Art. 80 Abs. 1 GG). Rechtsverordnungen finden sich insbesondere auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit, etwa die Arbeitsstättenverordnung (ArbstättV) oder die Kinderarbeitsschutzverordnung (KindArbSchV).

      Tarifverträge sind sog. Kollektivvereinbarungen, d. h. Verträge zwischen Tarifpartnern. Sie werden von den Gewerkschaften mit den Arbeitgeberverbänden für große Tarifgebiete als sog. „Flächentarifverträge“ (z. B. ganze Bundesländer) oder mit einzelnen Arbeitgebern als sog. „Firmen“- bzw. „Haustarifvertrag“ abgeschlossen. Da die Tarifverträge oftmals gesetzliche Bestimmungen verdrängen (§ 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 des TVG sowie Kap. 1.1.11) und sich unmittelbar auf die Ausgestaltung der individuellen Arbeitsverhältnisse auswirken, besitzen sie eine große praktische Relevanz.

      Gerade im Bereich der Sozialen Arbeit spielen Tarifverträge eine sehr große Rolle: Viele SozialarbeiterInnen und SozialpädagogInnen, aber auch ErzieherInnen, PädagogInnen oder PsychologInnen sind in Landesbehörden (z. B. den Versorgungs- oder Integrationsämtern) tätig oder bei den sozialen Diensten, Jugend- oder Gesundheitsämtern der Kommunen (Kreisfreie Städte, Landkreise, Gemeinden etc.) angestellt. Für sie gelten die Tarifverträge der Länder (TV-L) bzw. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). In der Praxis sind nur die kleinen und kleinsten Träger (z. B. ein örtlicher Kita-Träger in der Form eines eingetragenen Vereins) tarifvertraglich ungebunden.

      Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (Kap. 6.2) erlaubt den kirchlichen Trägern, eigene arbeitsrechtliche Regelungen für die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer zu schaffen. Bei diesen sog.. „Arbeitsvertragsrichtlinien“ (AVR, Kap. 6.2) handelt es sich rechtlich gesehen allerdings nicht um Tarifverträge, sondern um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 ff. BGB (Kap. 2.1.3).

      Zu den Kollektivvereinbarungen gehören auch die Betriebsvereinbarungen. Diese sind quasi ein „Parallelinstitut“ zum Tarifvertrag, gelten aber nicht für eine ganze Branche, sondern nur auf der Ebene einzelner Betriebe, Unternehmen oder Konzerne (in letzteren Fällen spricht man von Gesamt- bzw. Konzernbetriebsvereinbarungen). Wegen ihrer unmittelbaren und zwingenden Wirkung (§ 77 Abs. 4 BetrVG) werden Betriebsvereinbarungen auch gelegentlich als „das Betriebsgesetz“ bezeichnet: Betriebsvereinbarungen können Rechte und Pflichten für die Arbeitnehmer eines Betriebs begründen, die nicht im Rahmen von einzelnen Arbeitsverträgen oder einseitigen Arbeitgeberweisungen zu Ungunsten der Arbeitnehmer abbedungen werden können.

      Vertragspartner solcher Vereinbarungen sind aufgrund ihrer Betriebsbezogenheit immer nur ein einzelner Arbeitgeber und der jeweilige Betriebsrat (bzw. der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat).

      Die gesetzliche Grundlage für Betriebsvereinbarungen findet sich in § 77 BetrVG; sie sind nach § 77 Abs. 2 BetrVG zwingend schriftlich abzuschließen.

      Betriebsvereinbarungen kommen immer dort in Betracht, wo im Betriebsverfassungsgesetz Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates vorgesehen sind.

      Beispiel

      Heimträger A hat mit dem Betriebsrat schriftlich vereinbart, dass künftig jeder Beschäftigte, der an Heiligabend arbeiten muss, dafür an Silvester freinehmen kann und umgekehrt. Hier ist eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Gleiches wäre der Fall, wenn der Träger einer Erziehungsberatungsstelle im Einvernehmen mit dem Betriebsrat die Regelarbeitszeit für Silvester und den Heiligen Abend auf jeweils vier Stunden festlegt. Auch die Einführung der gleitenden Arbeitszeit, einer elektronischen Arbeitszeiterfassung oder die zeitliche Lage der einzelnen Schichten im Schichtdienst können durch Betriebsvereinbarung festgelegt werden.

      Je nach Art der Mitbestimmung (Kap. 5.3.1) können Betriebsvereinbarungen durch den Betriebsrat (ggf. über eine Einigungsstelle – hierzu §§ 76 und 87 Abs. 2 BetrVG) u.U. gegen den Willen des Arbeitgebers durchgesetzt, jedenfalls aber freiwillig vereinbart werden (z. B. § 88 BetrVG).

      Betriebsvereinbarungen enden automatisch, wenn sie von den Betriebsparteien nur befristet abgeschlossen oder einvernehmlich aufgehoben bzw. abgeändert wurden. Zudem können sie einseitig durch Arbeitgeber oder Betriebsrat gekündigt werden. Ist eine Betriebsvereinbarung abgelaufen, so gelten die darin enthaltenen Regelungen in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung (v.a. solche gemäß § 87 BetrVG) so lange weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (sog. „Nachwirkung“, § 77 Abs. 6 BetrVG).

      Besonders bedeutsam für die im konkreten Einzelfall maßgeblichen Regularien ist natürlich der jeweilige, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossene Arbeitsvertrag. Durch dessen Abschluss entsteht das Arbeitsverhältnis. Die für dieses geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen (§§ 611a ff. BGB) sind allerdings nur sehr knapp: Das BGB enthält nur Mindeststandards, die zwingend zu beachten sind. Wegen der grundgesetzlich verbürgten Vertragsfreiheit steht es den Parteien des Arbeitsverhältnisses frei, alle weiteren Details nach ihren individuellen Anforderungen, Bedürfnissen und Wünschen auszugestalten. Da das Arbeitsrecht aber auch dem Schutz der Interessen von Arbeitnehmern dient, gibt es eine Reihe von Vorschriften, die der Vertragsfreiheit aus Gründen des Sozial- und des Individualschutzes Grenzen setzen.

      Beispiel

      Im Arbeitsvertrag wird eine längere Kündigungsfrist festgelegt, als in § 622 BGB vorgesehen. Das ist zulässig. Eine kürzere als die gesetzliche Kündigungsfrist wäre dagegen nicht mit dem Schutzzweck des Arbeitsrechts vereinbar (§ 622