der Wirbeltiere, widerspiegelt aber die Übereinstimmung zwischen morphologischen und molekularen Daten. Wo Differenzen und damit Unsicherheiten über den Verzweigungspunkt (Knoten, node) bestehen, sind sie als Polytomien angegeben, das heißt als Knoten, die durch mehr als zwei Verzweigungen gebildet werden (Abbildung verändert nach Meyer & Zardoya 2003; verändert gemäß Heimberg et al. 2010 und Oisi et al. 2013).
Tab. 1.1 Morphologische Unterschiede zwischen Vögeln und Säugern und daraus resultierende (verhaltens-) ökologische Konsequenzen. Die ersten drei Kriterien werden generell als die wichtigsten differenzierenden Merkmale betrachtet. Neben den aufgeführten Kriterien bestehen weitere anatomische Unterschiede, zum Beispiel beim Knochenbau oder bei der Anordnung des Blutkreislaufs, der die Sauerstoffaufnahme beeinflusst.
1.3 Sinnesleistungen
Auch wenn es in diesem Buch um die Ökologie der Vögel und Säugetiere und nicht um Körperbau und -funktionen geht, ist es dennoch sinnvoll, sich im Rahmen der Ökologie auch über die von den Vögeln und Säugetieren erbrachten Sinnesleistungen Rechenschaft abzulegen. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass bei Vögeln vor allem Gesichtssinn und Gehör (Licht und Schallwellen als Signale), bei Säugern neben dem Gehör primär Geruchs- und Geschmackssinn (chemische Signale) gut ausgebildet sind. Manche Verhaltensweisen benötigen aber weitere Sinnesleistungen und sind nur erklärbar, wenn man die zugrunde liegenden Mechanismen der Wahrnehmung kennt. Man läuft schnell Gefahr zu vergessen, dass Vögel oder Säugetiere – bei aller Ähnlichkeit zu uns Menschen – auch Signale empfangen können, die uns Menschen ohne technische Hilfsmittel verborgen bleiben (Stevens M. 2013). Zum einen ist das wahrnehmbare Frequenzspektrum von Licht und Schallwellen bei Tieren oft weiter als beim Menschen. Zum anderen nehmen Vögel und Säugetiere auch gänzlich andere Formen von Signalen wahr, die wir selbst mangels genügend empfindlicher Rezeptoren nicht empfangen können. Dies gilt in großem Maße für das Orientierungsvermögen, bei dem das Erkennen elektromagnetischer Felder eine wichtige Rolle spielt; die dafür benötigten Sinnesorgane sind noch wenig bekannt (Weiteres in Kap. 6.3 und 6.8). Auch der Tastsinn von Vögeln, die im Schlamm verborgene Invertebraten und Beute aufspüren können, die sich in einiger Entfernung von der Schnabelspitze befinden, gehört dazu (Cunningham et al. 2010). Einige vorwiegend aquatisch lebende Säugetiere besitzen Elektrorezeptoren, mit denen sie elektrische Signale niedriger Spannung erkennen können, wie sie zum Beispiel bei der Muskelkontraktion von Beutetieren abgegeben werden (Stevens M. 2013; Abb. 1.2). Die folgende kurze Darstellung illustriert spezifische Sinnesleistungen von Vögeln und Säugetieren anhand weniger Beispiele zu den drei klassischen Sinnen, Riechen, Sehen und Hören. Für eine umfassendere Übersicht siehe etwa Stevens M. (2013).
Abb. 1.2 Das australische Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus) sucht im schlammigen Grund von trüben Gewässern Nahrung und hält beim Schwimmen die Augen geschlossen. Die Beute findet es mithilfe seiner über 50 000 Elektrorezeptoren, die auf dem Schnabel sitzen und aus Hautdrüsen entstanden sind (Czech-Damal et al. 2013).
Chemische Signale
Die guten olfaktorischen Leistungen der Säugetiere sind wohlbekannt. Dass aber auch Vögel über den Geruch wichtige Informationen aufnehmen können, ist erst über neuere Forschung erhellt worden. Die Orientierung über Geruchsgradienten kommt in Kapitel 6.8 zur Sprache. Aber auch in anderen Zusammenhängen können Vögel chemische Signale nutzen. So finden insektenfressende Vögel Raupen, weil deren Laubfraß volatile Stoffe aus den Blättern freisetzt, oder erkennen Hausgimpel (Haemorhous mexicanus) umgekehrt die Präsenz von ihren Prädatoren am Geruch (Amo et al. 2013, 2015). Auch beim Sozialverhalten verschiedener Vögel findet Kommunikation über olfaktorische Signale statt (Bonadonna & Mardon 2013).
Licht und Sehvermögen
Die Fähigkeit, Licht im ultravioletten Bereich (UV) wahrzunehmen, ist bei Tieren weit verbreitet. Viele Säugetiere scheinen sie zwar im Laufe der Evolution verloren zu haben, doch findet man entsprechende Rezeptoren in der Netzhaut von verschiedenen nachtaktiven Arten (Vaughan et al. 2015), vor allem bei Fledermäusen (Zhao et al. 2009). Auch Vögel besitzen solche Rezeptoren und benutzen UV-Licht in verschiedenen Situationen, etwa bei der Nahrungssuche (Yang et al. 2016), besonders aber bei der Partnerwahl. Viele Arten, unter ihnen zum Beispiel Papageien, besitzen Federpartien, die ultraviolettes Licht entweder reflektieren oder es absorbieren und mit größerer Wellenlänge wieder abstrahlen (Fluoreszenz). Bei Königs- und Kaiserpinguinen (Aptenodytes patagonicus, A. forsteri) wurden UV-reflektierende Stellen am Schnabel entdeckt (Jouventin et al. 2005). Solche leuchtenden Flecken sind Teil der Ornamentierung, mit denen Individuen (vorwiegend Männchen) um die Gunst von Geschlechtspartnern werben (Kap. 4.8). Zur Fähigkeit der Vögel, das Polarisationsmuster von Licht zu nutzen, siehe Kapitel 6.8.
Schall und Hörvermögen
Auch bei Schallwellen vermögen manche Vögel und Säugetiere solche oberhalb (Ultraschall) oder unterhalb (Infraschall) des durch Menschen wahrnehmbaren Frequenzbereichs zu hören. Kommunikation im Ultraschallspektrum ist etwa bei kleinen Nagetieren, Fledermäusen und Walartigen verbreitet, während Elefanten (Loxodonta sp.) und gewisse Wale die weittragenden Infraschallwellen nutzen können (Stevens M. 2013). Die meisten Fledermäuse und Zahnwale (Abb. 1.3) sind zudem zu Echoortung (echolocation, biosonar) fähig. Diese Technik ist in einfacherer Form auch von einigen anderen Säugetieren und von in Höhlenkomplexen brütenden Vögeln (hauptsächlich kleinen Seglern) entwickelt worden. Echoortung ist ein aktiver Sinn, indem Schall sehr hoher Frequenz ausgestoßen und mit dem zurückgeworfenen Echo verglichen wird, was räumliche Orientierung oder das Auffinden von Beute ermöglicht (Fenton 2013; Klemas 2013; Madsen & Surlykke 2013).
1.4 Mauser der Vögel
Vögel und die meisten Säugetiere machen, auch wenn sie ausgewachsen sind, im Laufe des Jahres periodische morphologische Veränderungen durch. Diese können so bedeutende Organe wie den Verdauungsapparat betreffen, dessen Masse je nach Nahrung und allfälliger anderweitiger Belastung (etwa bei ziehenden Vögeln: Kap. 6.7) erhöht und verkleinert werden kann (Piersma & van Gils 2011). Auch der Auf- und Abbau von Fettvorräten (Kap. 2.7 und 4.1) führt bei vielen Arten zu periodischen Veränderungen der Körpermasse. Solche sind in der Regel bei Arten, die in saisonalen Klimazonen leben, ausgeprägter als bei tropischen Arten.
Für den Betrachter sind oft die Veränderungen am auffälligsten, die mit dem jahreszeitlichen Wechsel des Haar- oder Federkleids einhergehen. Die gegenwärtigen Funktionen von Federn und Haaren stehen nicht notwendigerweise in Zusammenhang mit der Evolution der Endothermie (Kap. 2.1), auch wenn ihr Beitrag zur Isolation respektive Thermoregulation des Körpers eine der wichtigsten Funktionen ist (Ruben & Jones 2000). Eine weitere Funktion sowohl von Federn als auch Haaren ist optischer Natur, indem Färbungsmuster Signale aussenden oder auch das Gegenteil bewirken sollen, nämlich ihre Träger zu tarnen. Bekannt ist der Wechsel von Braun im Sommer zu Weiß im Winter bei kleineren, bodenlebenden Arten schneereicher Gebiete, sowohl von Vögeln als auch von Säugetieren (Abb. 1.4).
Abb. 1.3 Fledermäuse und Zahnwale (hier Zügeldelfine, Stenella frontalis) haben die Fähigkeit zur Echoortung