Werner Suter

Ökologie der Wirbeltiere


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Arten, deren Winter- und Brutkleider sich nicht auffällig unterscheiden.

      3. Eine Teilmauser nach der Brutperiode und eine Vollmauser vor der Brutperiode; vor allem bei Singvögeln, die weite Distanzen ins Winterquartier ziehen und dort die Vollmauser durchmachen.

      4. Zwei jährliche Vollmausern, eine vor und eine nach der Brutperiode. Diese Strategie ist auf wenige Arten beschränkt.

      Diese Strategien können komplizierter ausfallen, wenn etwa Zugvögel eine begonnene Mauser während des Zugs unterbrechen (suspended moult) und erst nach Ankunft im Winterquartier weiterfahren oder wenn das Großgefieder so langsam erneuert wird, dass die einzelnen Mauserperioden nicht mehr gegeneinander abgrenzbar sind. Verschiedene Vogelarten wechseln zudem bestimmte Federgruppen mehr als 2-mal jährlich. Solches kann beim einzelnen Vogel schnell zu einem komplizierten Muster unterschiedlich erneuerter Federn führen.

      Während der Ersatz der Körperfedern relativ unproblematisch ist, kann die Mauser der Schwung- und Steuerfedern während einiger Zeit die Flugfähigkeit beeinträchtigen. Ist das aufgrund der Lebensweise inakzeptabel, so bieten sich zwei Lösungen an: Entweder verläuft die Mauser radikal, dafür aber sehr schnell, oder sie verläuft sehr schonend, dafür aber sehr langsam.

      1. Sehr schnelle Mauser erfordert den weitgehend gleichzeitigen Ersatz aller Schwungfedern. Dies resultiert zwar in einem vollständigen Verlust der Flugfähigkeit, der aber nur kurz dauert. Eine solche Lösung praktizieren Arten, die sich vor Prädatoren in Sicherheit bringen können, etwa indem sie sich in sehr dichter Bodenvegetation (Rallen) oder auf offenem Wasser aufhalten, wo sie bei Gefahr wegtauchen oder sich in die Ufervegetation zurückziehen (Wasservögel wie Enten und Lappentaucher oder gewisse Meeresvögel). Bei ihnen dauert die Flugunfähigkeit je nach Körpergröße zwischen wenigen und über 50 Tagen. Verschiedene Enten und andere Wasservögel fliegen oft weite Distanzen zu günstigen Gewässern, die genügend Schutz und Nahrung bieten, um dort zu mausern (Mauserzug; Kap. 6.4).

      2. Vor allem große Arten und solche, die viel segeln, verteilen den Wechsel der Schwungfedern auf zwei oder mehr Jahre. Jedes Jahr wird ein Teil der Schwungfedern erneuert, dann folgt eine Mauserpause. Im nächsten Jahr geht die Mauser dort weiter, wo sie zuvor gestoppt wurde. Gleichzeitig beginnt sie aber am Anfangspunkt des Vorjahres erneut. Es laufen also gleichzeitig zwei bis drei oder sogar vier Mauserwellen über den Flügel, was zu einem unregelmäßigen Muster von alten (ausgebleichten) und neuen (frischen) Federn führt. Diese Art zu mausern heißt Staffelmauser und kommt unter anderen bei Adlern, Geiern, Störchen, Pelikanen (Abb. 1.10) und Albatrossen vor.

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      Abb. 1.8 Größere Möwen haben eine längere Abfolge von Immaturkleidern, bis sie das Adultgefieder erreichen. Im Bild zwei Kamtschatkamöwen (Larus schistisagus), links ein 1-jähriger, rechts ein adulter (mindestens 4-jähriger) Vogel.

      Eine Vollmauser durchzuführen, ist für einen Vogel aufwendig. Die zu ersetzende Federmasse entspricht je nach Art etwa 4–12 % der Körpermasse, und da die Energieeffizienz bei der Federbildung erstaunlich gering ist (bei den meisten Singvögeln unter 10 %), resultiert ein zusätzlicher Energiebedarf von 10–110 % (Murphy 1996). Beim australischen Weißbürzel-Honigfresser (Ptilotula penicillata) wurden eine Energieeffizienz von 6,9 % und ein zusätzlicher Energieverbrauch von 82 % im Vergleich zur Zeit vor Mauserbeginn ermittelt, wobei die Spitzen beim Energieverbrauch nicht genau mit den Perioden des stärksten Federwachstums übereinstimmten (Hoye & Buttemer 2011). Offenbar kommt die mauserbedingte Zusatzenergie nicht nur durch das Federwachstum, sondern auch durch andere Faktoren wie etwa die verringerte Wärmedämmung des Gefieders zustande. Die Nahrungsversorgung und damit der Körperzustand kann bei vielen Vögeln das individuelle timing der Mauser beeinflussen (Newton 2011). Dies konnte kürzlich sogar experimentell an Wildvögeln gezeigt werden: Zusatzfütterung bewirkte bei Sumpfammern (Melospiza georgiana), dass sie mit der spätwinterlichen Teilmauser früher begannen (Danner et al. 2015).

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      Abb. 1.9 Flügel eines jungen Gelbsteißbülbüls (Pycnonotus xanthopygos) in der ersten Vollmauser. Die alten Federn sind etwa ein halbes Jahr alt und ausgebleicht, die erneuerten und wachsenden Federn hingegen dunkel und ganzrandig. Während Bülbüls als adulte Vögel dem Normalfall der Singvögel mit einer jährlichen Vollmauser folgen, gehören sie im ersten Lebensjahr zu einer Minderheit von Arten, die bereits aus dem Jugendgefieder eine Voll- und nicht nur eine Teilmauser durchführt.

      Bei solchen Kostenfolgen müssen die meisten Vögel die Mauser zeitlich von anderen energieintensiven Aktivitäten wie der Fortpflanzung oder den Wanderungen trennen. Zudem könnten sie diese Aktivitäten auch nicht mit reduzierten Federfunktionen ausüben, ohne Fitnesseinbußen erwarten zu müssen. Möglicherweise wären die energetischen Konsequenzen einer Mauserlücke im Flügel in manchen Fällen sogar höher als die Kosten der Federneubildung. In den gemäßigten Klimazonen findet die Vollmauser deshalb in der Regel zwischen Brut- und Zugzeit statt, das heißt im Sommer. Wo die Zeit für die ganze Mauser nicht ausreicht, ist die Unterbrechung der Mauser während des Zugs eine Lösung. Oder die Mauser findet überhaupt erst nach Ankunft im Winterquartier statt, wenn dort das Nahrungsangebot hoch ist (Barta et al. 2008).

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      Abb. 1.10 Staffelmauser beim Rosapelikan (Pelecanus onocrotalus). Man erkennt mehrere Mauserwellen, die von den dunkelsten Schwungfedern (neue Federn) zu den helleren braunen Schwingen (älteren, ausgebleichten Federn) führen.

      In weniger saisonalen Klimazonen, besonders in den Tropen, verläuft die Mauser hingegen langsamer und zeitlich ausgedehnter, sodass sie stärker mit anderen Aktivitäten wie der Fortpflanzung überlappt. Bei gegen 30 000 Vögeln, die im Amazonasgebiet diesbezüglich untersucht wurden, standen 12,7 % der mit der Fortpflanzung beschäftigten Individuen gleichzeitig in der Mauser. Die Anteile variierten zwischen den Verwandtschaftsgruppen. Vor allem Singvögel zeigten auch hier eine klare zeitliche Trennung zwischen Brutgeschäft und Mauser ( Johnson E. I. et al. 2012). Ein Spezialfall sind die meisten Arten der Nashornvögel (Bucerotidae). Die Weibchen brüten in Baumhöhlen, deren Eingänge sie von innen her fast ganz zumauern. Während ihrer «Gefangenschaft» werden die Weibchen von den Männchen gefüttert und können deshalb aufgrund des geringen aktivitätsbedingten Energiebedarfs eine Schwingen- und Schwanzmauser durchführen (Kemp A. 1995; Abb. 1.11).

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      Abb. 1.11 Doppelhornvogel (Buceros bicornis), Paar.

      Stärkere Überlappung zwischen Fortpflanzung und Mauser ergibt sich auch bei Arten, deren Federn relativ lange für das Wachstum benötigen. Die Entwicklungsdauer der Schwungfedern korreliert positiv mit der Federgröße respektive jener des Vogels (Rohwer et al. 2009). Dies bedeutet, dass große Vögel, besonders jene mit Staffelmauser, auch in saisonalen Klimazonen während der Fortpflanzungszeit mit der Schwingenmauser fortfahren müssen; im Winter wird die Mauser aber unterbrochen.

      Weiterführende Literatur

      Zur Definition der Art gibt es eine umfangreiche Literatur. Einige neuere Werke präsentieren die Ideen rund um die Artkonzepte in verschiedenen Kontexten (Klassifikation, geschichtlich und philosophisch):

      • Kunz, W. 2012. Do Species Exist? Principles of Taxonomic Classification. Wiley-Blackwell, Weinheim.

      • Wilkins, J.S. 2009. Species. A History of the Idea. University of California Press, Berkeley.

      • Richards, R.A. 2010. The Species Problem. A Philosophical Analysis. Cambridge University Press, Cambridge.

      Ein lesenswerter Text, wie sich die verschiedenen Artkonzepte in der praktischen Anwendung, nämlich