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Entscheidung „Ehebruch in der früheren Ehewohnung“ (OLG Saarbrücken, Urteil vom 05.10.2004, 9 WF 111 /04):
Leitsätze: „1. Für die Annahme einer Unzumutbarkeit i. S. des § 1565 II BGB muss die Fortsetzung aus den in der Person des Partners liegenden Gründen über die Erkenntnis des Scheiterns der Ehe hinaus eine besondere psychische Belastung für den Antragsteller darstellen; an die Feststellung der nach einem objektiven Maßstab zu beurteilenden Unzumutbarkeit der Härte sind nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift strenge Anforderungen zu stellen.
2. Unterhält ein Ehegatte ein Verhältnis zu einem neuen Partner, welcher mittlerweile mit dem Ehegatten im vormals ehelichen Hausanwesen zusammenwohnt, kann dieser Treuebruch für den anderen Ehegatten eine unzumutbare Härte im Sinne von § 1565 II BGB darstellen.“
■ Ehebruch mit Schwangerschaft der Ehefrau von einem anderen Mann (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16.06.2014, Az. 8 WF 106/14)
Entscheidung „Ehebruch mit Schwangerschaftsfolge“ (OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.04.2000, 20 WF 32/00):
Anmerkung der Autorin: Erwartet die Ehefrau aus einem ehebrecherischen Verhältnis ein Kind, ist die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Ehe nach Ansicht des OLG für den Ehemann gegeben, ohne dass weitere belastende Umstände vorliegen müssen. Ein anderes sei mit dem Sinn und Zweck des § 1599 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht vereinbar. Gemäß § 1599 Abs. 2 S. 1 BGB gelte nämlich die Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens geboren wird und ein Dritter spätestens ein Jahr nach Rechtskraft des Scheidungsurteils die Vaterschaft anerkennt. Dieser Vorteil, nämlich der Wegfall der Vaterschaftsvermutung, dürfe dem Ehemann nicht entzogen werden, weil die Schwangerschaft für ihn nicht mit weiteren belastenden Umständen verbunden ist.
Die Schwangere selbst kann sich hingegen nicht auf diesen Umstand berufen (vgl. OLG Naumburg, NJW 2005, 1812).
■ Vorschlag zum Geschlechtsverkehr zu dritt durch einen Ehegatten nach Aufdeckung des Ehebruchs (vgl. OLG Köln, Urteil vom 23.06.1995, 25 WF 103/95: Die Fortsetzung der Ehe ist „angesichts der Schmach und Erniedrigung unzumutbar“.)
■ Prostitution des Ehepartners – auch nach der Trennung – (vgl. OLG Bremen, Urteil vom 26.09.1995, 5 WF 66/95)
■ Dauernde Verweigerung des Geschlechtsverkehrs (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1979, 511)
■ Geschlechtsverkehr mit der Stieftochter (OLG Oldenburg, FamRZ 1992, 682)
■ Ein an HIV erkrankter Ehegatte, dem seine Erkrankung bekannt ist, täuscht den anderen Ehegatten über die Erkrankung (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 15.03.2006, Az.4 UF 112/05)
■ Eine über Monate oder Jahre hinweg andauernde sexuelle Beziehung zum neuen Partner, die bereits vor der Trennung aufgenommen worden war (OLG Karlsruhe, FamRZ 1978, 592).
■ Verschweigen einer anstehenden Haftstrafe (AG Ludwigsburg, NJW-RR 2007, 4).
■ Mehrmalige Vergewaltigungen in der Ehe, nicht aber bei einer einmaligen Vergewaltigung in der Ehe im Affekt (OLG Stuttgart, FamRZ 2002, 239)
Härtegründe verneint
In den folgenden Fällen hat die Rechtsprechung Härtegründe verneint:
■ homosexuelle Neigung des Ehemannes (vgl. auch OLG Nürnberg, Urteil vom 28.12.2006, 10 WF 1526/06)
Entscheidung „Homosexuelle Beziehung des getrenntlebenden Ehegatten“ (OLG Köln, Urteil vom 13.03.1996, 27 WF 17/96):
Aus den Gründen: „An die Feststellung der unzumutbaren Härte sind strenge Anforderungen zu stellen. Es muss sich um eine Ausnahmesituation gegenüber der bloß gescheiterten Ehe handeln. Entscheidendes Kriterium für die Zumutbarkeitsprüfung ist, ob dem Antragsteller in seiner konkreten Lage angesonnen werden kann, nach dem Zweckgedanken des § 1565 Abs. 1 BGB den Ablauf des Trennungsjahres abzuwarten. Die Zuwendung zu einem anderen Partner und das Zusammenleben mit diesem lässt zwar in der Regel den Schluss zu, dass die Ehe der Ehepartner gescheitert und eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten ist. Die Zuwendung eines Ehegatten zu einem anderen Partner kann demnach Zerrüttungsgrund sein. Sie ist aber als solche nicht zugleich Ausnahmetatbestand mit der Folge der Unzumutbarkeit für den anderen Ehegatten.
Gleichgeschlechtliche Beziehungen unterliegen aus den vom Amtsgericht genannten Gründen – größere Akzeptanz in der Bevölkerung infolge der Liberalisierung der Sitten- und Moralvorstellungen seit Ende der 60er Jahre auch auf dem Gebiet sexueller Beziehungen – grundsätzlich den gleichen Regeln wie heterosexuelle Beziehungen. Dem Argument, in der Aufnahme homosexueller Beziehungen sei zusätzlich auch die Missachtung des anderen Ehepartners als Geschlechtspartner zu sehen, fehlt es an Überzeugungskraft. Selbst wenn das Argument zuträfe, wäre die Voraussetzung der unzumutbaren Härte dadurch i. Ü. nicht erfüllt.“
Eine Härtefallscheidung vor Ablauf des Trennungsjahres kommt nicht allein deshalb in Betracht, weil die Ehefrau eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau eingegangen ist (vgl. OLG München, Urteil vom 03.02.1995, 16 WF 534/95)
■ Psychische Erkrankung
Entscheidung „Suiziddrohung eines psychisch Kranken“ (OLG Schleswig, Beschluss vom 21.12.2005, 15 UF 85/05):
Aus den Gründen: „Nach § 1568 BGB soll die Ehe nicht geschieden werden, obwohl sie gescheitert ist, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner, der sie ablehnt, auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe auch unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers ausnahmsweise geboten erscheint. Die Suiziddrohung eines psychisch Kranken ist kein außergewöhnlicher Umstand, solange der Kranke seine seelischen Reaktionen noch steuern kann. Ist das Steuerungsvermögen erheblich beeinträchtigt, darf die Ehe nicht geschieden werden, bis die ausreichende medizinische Betreuung des Kranken gesichert ist. Unerheblich ist dabei, ob der suizidgefährdete Ehegatte das Scheitern der Ehe verursacht hat.“
Entscheidung „Demenz“ (OLG Hamm, Beschluss vom 16.08.2013, 3 UF 43/13):
Anmerkung der Autorin: Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten eines an Demenz erkrankten Ehegatten durch dessen gesetzlichen Betreuer für einen wirksamen Ehescheidungsantrag gemäß den §§ 125 Abs. 2 S. 2, 287 Abs. 1 FamFG, 1564 S. 1 BGB.
Leitsätze: „Eine einseitige, dem Familiengericht den Ausspruch der Ehescheidung ermöglichende Zerrüttung der Ehe lässt sich gemäß den §§ 1565, 1566, 1567 BGB jedenfalls feststellen, wenn die Ehegatten unstreitig seit mehr als einem Jahr räumlich getrennt voneinander leben und die Anhörung des an Demenz erkrankten Antragstellers nach § 128 FamFG sowie das übrige Ergebnis der Beweisaufnahme den Rückschluss zulassen, dass dieser zum Zeitpunkt der Trennung bzw. zu einem danach liegenden Zeitpunkt noch den hinreichend sicheren natürlichen Willen zur Trennung und Ehescheidung sowie die Ablehnung der Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft erklärt hat.
Darauf, dass bei dem an Demenz erkrankten Antragsteller zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung hingegen kein natürlicher Trennungs- und Scheidungswillen mehr festgestellt werden kann, kommt es nicht für den Ausspruch der Ehescheidung an. Ist nämlich der antragstellende Ehegatte wegen einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage, das Wesen einer Ehe und einer Ehescheidung erfassen zu können, ist bei ihm ein Zustand äußerster Eheferne erreicht, bei dem die Ehe der mehr als ein Jahr getrennt lebenden Ehegatten scheidbar ist.“
■ Treuebruch allein ist noch kein Härtegrund: