Harald Bathelt

Wirtschaftsgeographie


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Ressourcen schöpfen. Dabei handelt es sich um Quasi-Renten. Eine Quasi-Rente ist definiert als Differenzbetrag der Gewinne zwischen der erstbesten und der zweitbesten Nutzung einer Ressource (Mahoney und Pandian 1992). Quasi-Renten können aus einmaligen oder spezifischen Ressourcen sowohl materieller als auch immaterieller Art gewonnen werden.

      Ein relationaler Ressourcenbegriff bezieht sich auf die Vielfältigkeit möglicher Nutzungen einer Ressource, wobei die spezifische Verwendung nicht nur von der Ressource selbst, sondern gleichzeitig von weiteren Rahmenbedingungen abhängt:

      (1) Unternehmensspezifische Kompetenzen. Ein Unternehmen hat jeweils einen spezifischen Wissensstand, Fähigkeiten und Erfahrungen, die dazu führen, dass bestimmte Verwendungen einer Ressource identifiziert werden. Erst diese Kompetenzen ermöglichen es, Ressourcen auf bestimmte Weise in den Produktionsprozess einzubinden und so zu einer Verwendung zu gelangen. Das Wissen und die Kompetenzen des Unternehmens können dabei wiederum selbst als Ressourcen aufgefasst werden (Amin und Cohendet 2004).

      (2) Mentales Modell. Die Kompetenzen eines Unternehmens sind Ausdruck und Bestandteil eines übergeordneten Interpretationsrahmens bzw. mentalen Modells (dominant logic) (Prahalad und Bettis 1986). Dieser Interpretationsrahmen gibt dem Einsatz der vorhandenen Kompetenzen eine Orientierung und ermöglicht ein gemeinsames Verständnis über die Wissensinhalte. Die Interpretationen, die Mitarbeiter den unternehmensinternen und -übergreifenden Informationsflüssen verleihen, haben dabei Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Sie sind abhängig von den evolutionär geformten Routinen, mit denen neue Informationen verarbeitet, interpretiert und in Aktionen umgesetzt werden. Nelson und Winter (1982) erkennen in den organisatorischen Routinen die eigentlichen Fähigkeiten eines Unternehmens. Nur in dem Maße, in dem neue Interpretationsschemata entwickelt und verbreitet werden, kann bestehendes Wissen umgewidmet und zur Bildung neuen Wissens sowie zur innovativen Nutzung bestehender Ressourcen genutzt werden (Becker 2004).

      (3) Marktgelegenheiten. Schließlich hängt die Realisierung einer innovativen Verwendung auch von den Marktgelegenheiten ab (productive opportunity) (Penrose 1959), unter denen spezifische Kompetenzen kombiniert und abgestimmt werden, um erfolgreich zu sein. Diese Gelegenheiten sind von der Wettbewerbssituation, der Nachfragestruktur und dem Umfeld vor- und nachgelagerter Unternehmen abhängig, die in der Lage sind, innovative Ressourcenverwendungen vorzubereiten und weiterzuverarbeiten.

      Diese Sicht verdeutlicht, dass die Ausstattung mit materiellen Ressourcen keineswegs ausreicht, um die Produkte, Strategien, kollektiven Fähigkeiten und den Entwicklungspfad eines Unternehmens zu erklären. Entscheidend ist vielmehr die geeignete Kombination von Ressourcen, Kompetenzen, mentalen Modellen, Marktgelegenheiten sowie institutionellen Kontexten, um Ressourcen produktiv und innovativ zu verwenden und somit die Wettbewerbsstellung zu stärken.

      Die Bedürfnisbefriedigung wird durch den Austausch von Gütern (bzw. von Produktionsfaktoren) letztlich über die Beziehungen zwischen Konsumenten und Produzenten geregelt, die ein Angebot und eine Nachfrage definieren (z. B. Demmler 1990, Kap. 2 und 6; Lipsey et al. 1993, Kap. 4). Aufgrund des Interessengegensatzes zwischen den Anbietern, die ihre Güter zu möglichst hohen Preisen verkaufen möchten, und Nachfragern, die Güter umgekehrt möglichst preiswert erwerben möchten, muss für jeden Tausch ein Kompromiss gefunden werden, um eine Gütertransaktion durchzuführen. Das Instrument, das diesen Kompromiss zwischen Angebot und Nachfrage herstellt, ist der Markt. In der neoklassischen Ökonomie gilt das Interesse hierbei nicht den einzelnen beobachtbaren und lokalisierten Märkten wie z. B. dem Gemüse-, Tulpen- oder Pferdemarkt, sondern dem Markt als abstraktem Koordinationsprinzip (Jevons 1871, Buch IV; Marshall 1990 [1920], Buch V).

      Der entscheidende Ausgleichsmechanismus des Interessenkonflikts von Angebot und Nachfrage ist der Preis. Die Nachfrage ist allgemein so strukturiert, dass mit sinkendem Preis (p) die nachgefragte Menge (x) zunimmt. Demgegenüber ist die angebotene Menge umso größer, je höher der Preis ist. Dieser strukturelle Interessengegensatz zwischen Angebot und Nachfrage wird auf dem Markt über den Preis zum Ausgleich gebracht. Dies lässt sich in einem Preis-Mengen-Diagramm zeigen, in das eine fallende Nachfrage- (N) und die zugehörige steigende Angebotsfunktion (A) eingezeichnet sind (→ Abb. 3.7). Es zeigt sich, dass nur in einem einzigen Punkt, d. h. bei einer einzigen Preis-Mengen-Konstellation, Angebot und Nachfrage in Einklang gebracht werden können. Diese Konstellation wird als Gleichgewicht bezeichnet. Im Preis-Mengen-Diagramm lässt sich anschaulich verdeutlichen, wie sich der Gleichgewichtspreis und die Gleichgewichtsmenge verändern, wenn sich die Angebots- und Nachfragebedingungen verändern:

      (1) Sinkende Herstellungskosten bewirken beispielsweise, dass sich die Angebotsfunktion nach unten verschiebt (→ Abb. 3.7 a). Dies führt dazu, dass ein neues Gleichgewicht entsteht. Gegenüber der Ausgangssituation hat sich der Preis verringert, aber die Absatzmenge ist angewachsen. Ob sich dadurch die Umsatzsituation der Hersteller verbessert, hängt von der sogenannten Preiselastizität der Nachfrage ab, d. h. davon, ob die positiven Umsatzeffekte durch den Mengenzuwachs größer sind als die entgegen­gerichteten Auswirkungen durch den Preis­rückgang.

      (2) Wenn sich, ausgehend von einem Marktgleichgewicht, die Nachfrage erhöht (→ Abb. 3.7 b), so hat dies ebenfalls Auswirkungen auf Preis und Menge (McGuigan und Moyer 1993, Kap. 11). Ein Anstieg der Nachfrage kann z. B. dadurch ausgelöst werden, dass höhere Einkommen zur Verfügung stehen. In diesem Fall verschiebt sich die Nachfragefunktion nach rechts. Das in dieser Situation resultierende neue Marktgleichgewicht ist durch einen höheren Preis und eine höhere Menge gekennzeichnet.

      (3) Eine wiederum andere Art der Marktanpassung findet statt, wenn der Staat eine neue indirekte Steuer einführt oder die bestehende Mehrwertsteuer erhöht (→ Abb. 3.7 c). Dies führt dazu, dass die Angebotskurve nun einen steileren Verlauf hat, sich folglich gegenüber der ursprünglichen Angebotskurve nach links dreht. Die sich einstellende neue Gleichgewichtssituation ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Preis bei einem gleichzeitigen Mengenrückgang erhöht.

Abb_03-07

      Abb. 3.7 Marktwirtschaftliche Preisbildung

      Trotz der Plausibilität der dargestellten Gleichgewichtsmechanismen unterliegt die Möglichkeit eines stabilen Gleichgewichts einer Reihe sehr restriktiver Annahmen. Entsprechend dem Jevons Gesetz von der Unterschiedslosigkeit der Preise, formuliert von dem britischen Nationalökonomen William Stanley Jevons (1871), kann nur in einem vollkommenen Markt wie oben dargestellt ein einziger stabiler Gleichgewichtspreis entstehen. Ein Markt gilt dann als vollkommen, wenn

       die Güter homogen und somit für die Nachfrage völlig gleichwertig sind;

       Anbieter und Nachfrager gewinn- bzw. nutzenmaximierende Motive verfolgen, über vollständige und somit identische Informationen verfügen und völlig rational entscheiden;

       weder zeitlich, räumlich, persönlich oder sachlich variierende Präferenzen bestehen.

      Damit ein Verkauf aller angebotenen Güter erfolgt (vollständige Markträumung), wird in der klassischen Markttheorie angenommen, dass Angebot und Nachfrage stets aufeinander abgestimmt sind. So impliziert das Say’sche Theorem, dass in einer geschlossenen Volkswirtschaft eine allgemeine Überproduktion über die Nachfrage hinaus unmöglich sei, da jedes Angebot in demselben Umfang kaufkräftige Nachfrage schaffe, die durch Faktoreinkommen und Gewinne dem Wert der Güter entspreche (Demmler 1990). Ohne nach den Ursachen der Nachfrage zu fragen, geht das Theorem davon aus, dass sich jedes Angebot bei variablem Preis seine entsprechende Nachfrage selbst schafft. In einem marktwirtschaftlichen System und unter den Bedingungen eines vollkommenen Markts führt der Preis folglich zu einem Interessenausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Über den Preis erhalten die Produzenten Informationen darüber, welche Menge sie auf dem Markt anbieten müssen bzw. können.

      Entspräche dieses perfekte Marktmodell der Realität, so würde ein universeller Markt existieren, der in geographischer Perspektive keine Unterschiede erkennen ließe und auch keine besonderen Fragen aufwerfen würde. Wenngleich Ökonomen wie Jevons (1871) davon