Hans-Peter Dr. Vogt

Klimachaos


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dass Greta Thunberg aus Schweden stammt, denn wohl in jedem anderen Land der Welt, außer vielleicht in Schweden und Dänemark, wäre diese Greta verhöhnt, verhaftet, und kaltgestellt worden. Nun. Es gibt natürlich noch ein paar Ausnahmen, wie seinerzeit Ghandi in Indien oder Nelson Mandela in Südafrika, und wenn man so will, sogar Mao Tse Tung in China, aber das ist ein anderes Kapitel. Ein düsteres. Wer jetzt denkt, ich wolle Greta Thunberg einem Ghandi oder einem Nelso Mandela gleichstellen, der denkt zu weit, aber wenn man ernsthaft darüber nachdenkt, so scheint das gar nicht soweit hergeholt zu sein. Unabhängig davon ist die Welt derzeit einer Bedrohung ausgesetzt, wie es schlimmer kaum sein könnte. Noch sind nicht alle Folgen sichtbar, oder gar im Denken der Menschen angekommen. In der Wissenschaft sind die wesentlichen Fakten unbestritten. Es wäre schön, wenn das Buch noch ein paar Menschen mehr zum Umdenken und vor allem zum Handeln ermutigen würde.

       Teil 1.

      Die Jahre 2002 bis 2098. Seuchen, Umweltsünden, Klimakollaps, der Vargas Clan und der Point of no Return.

       Teil 1/ Kapitel 1. Claudio / die Prägung. Kleinenbroich, Schmallenberg und Kiel 2058-2070

       1.

      Am Sonntag klagten die Zwillinge über Appetitlosigkeit und Übelkeit. Am Abend hatten sie leichtes Fieber, das sich in der Nacht erhöhte. Am Montag früh meldete Mama die Zwillinge krank.Als Claudio von der Schule kam, war der Hausarzt gerade da. Die Geschwister litten unter keuchendem Husten und Atemnot. Der Arzt diagnostizierte eine Grippe und Mama fuhr eilig in die Apotheke, um Antibiotika zu besorgen. Die Zwillinge fieberten in der Nacht. Sie hatten Albträume und sie wachten mehrfach auf, weil sie unter heftigen Gliederschmerzen litten. Als Claudio am Dienstag nach Hause kam, wurden die Zwillinge gerade in einen Krankenwagen gerollt, der sie ins Kreiskrankenhaus bringen würde. Am Mittwoch klagten auch Claudio und Mama über Übelkeit, und während des Tages stellte sich Fieber ein. Papa kam am Abend und er legte sich gleich ins Bett. Auch ihn hatte es erwischt. Der Hausarzt kam am Donnerstag mit Mundschutz und sterilen Handschuhen und er entnahm Blutproben. Am Abend kamen mehrere Krankenwagen. Claudio, Mama, Papa und etliche Kinder aus dem Kindergarten und der Grundschule wurden abgeholt. Sie wurden alle ins Krankenhaus nach Mönchengladbach gebracht.

      Dort hatte man eine ganze Station abgeriegelt. Es gab Kontrollen. Es gab Schleusen. Es gab Ärzte und Pfleger in Schutzanzügen aus Plastik. Zu diesem Zeitpunkt wusste man bereits, dass es sich nicht um eine harmlose Grippe handelte, sondern um KIS, eine hochansteckende Viruskrankheit. Inzwischen wusste man auch, wie sie ausgebrochen war.Meike, Rosi und ein paar andere Kinder hatten im Hof des Kindergartens eine Katze gefunden. Sie war zahm, sie ließ sich streicheln und sie war seltsam matt. Die Kinder erzählten zunächst nichts, weil sie wussten, dass die Kindergärtnerinnen nicht duldeten, dass man fremde und unbekannte Tiere anfasst. Inzwischen hatte man den Kadaver gefunden und obduziert. Die Diagnose war eindeutig, und inzwischen hatte sich die Seuche ausgebreitet. Mehrere Tiere in Kleinenbroich waren krank und immer mehr Kinder und Erwachsene wurden jetzt eingeliefert, auch der Hausarzt.In Kleinenbroich fuhren wieder die Männer in den weißen Schutzanzügen herum, wie schon einmal, einige Jahre zuvor. Damals hatte das Claudios Wahrnehmung bleibend beeinflusst. Häuser wurden isoliert und mit Folien abgedichtet. Überall kam Chlor und Desinfektionsmittel zum Einsatz. Tierbestände wurden prophylaktisch gekeult und in die nächste Verbrennungsanstalt geschafft. Der ganze Ort wurde abgeriegelt. Niemand durfte mehr zur Arbeit. Lieferwagen wurden geschickt, um die Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Das Trinkwasser musste abgekocht werden. Schon längst hatte die Seuche auf andere Orte übergegriffen. Papas Büro in Neuss musste geschlossen werden und die Mitarbeiter wurden in Zwangsurlaub geschickt.

       2.

      Auch Kevin war ins Krankenhaus gekommen. Er lag neben seinem Freund Claudio und anderen Kindern. Sie waren an Sauerstoff-, und Infusionsschläuche gebunden. Atmung, Kreislauf und Blutdruck wurden von Geräten überwacht. Das Personal trug Masken und wirkte wie von einem andern Stern. Der knapp achtjährige Claudio schlief viel, und wenn er wach war, dämmerte, schwitzte und hustete er vor sich hin. Trotz der Schmerzmittel fühlte Claudio einen dumpfen Schmerz. Das Sprechen fiel ihm schwer. Irgendwann bekam er mit, dass Kevin aus dem Zimmer gerollt wurde. Später sollte er erfahren, dass der Freund an akutem Nierenversagen gestorben war. Auch die Zwillinge sollten diese Pandemie nicht überleben. Papa starb genauso, wie viele weitere Patienten, die in den ersten Tagen in Mönchengladbach eingeliefert worden waren. Claudio und Mama überlebten, und es wurden umfangreiche Tests gemacht. Später sollte Claudio lernen, dass eine genetische Mutation ihm das Leben gerettet hatte. Eine eigentlich harmlose Abweichung, die Mama auf Claudio vererbt hatte.

      Er hatte schon früher von dieser Krankheit gehört, die ihn befallen hatte. Ähnliches hatte es in Deutschland immer wieder gegeben, mit verheerenden Folgen. Er kannte Vorsichtsmaßnahmen im Kindergarten und in der Grundschule, die von den Kindern als lästig empfunden wurden, wie ständiges Händewaschen mit Desinfektionsmitteln, aber so eine Krankheit kommt erst richtig ins Bewusstsein, wenn man Zeuge davon wird, oder wenn man selbst betroffen ist, vor allem dann, wenn man erst acht Jahre alt ist. Die Krankheit war auch nicht neu. Man bezeichnete sie als “Kollabierendes-Immun-System” oder kurz KIS, und sie war damals im Jahr 2040 ausgebrochen. Als der Virus erstmals in Indien, Bangladesh und im Süden Chinas auftrat, nahm man das gar nicht als globale Bedrohung wahr, sondern nur als eine neue Art von Grippe, die sich bald erledigen würde, wie das fast immer so ist. Bald wurde jedoch klar, dass es sich um eine Seuche handelte, ähnlich der Pest, der Pocken, von SARS, Ebola oder der Vogelgrippe, nur viel schlimmer. Schon in wenigen Tagen überschritt diese anfangs noch unbenannte Krankheit die Grenzen Asiens, und schwappte nach Australien, Japan, Afrika, Europa und Amerika. Die Viren griffen massiv und auf verschiedenen Ebenen an.

      Später hatte man herausgefunden, das die Krankheit von Parasiten übertragen wurde, ähnlich wie die Hirnhautentzündung. Nur waren diesmal die Wirte nicht nur bei Spinnentieren zu finden, sondern auch bei Hausmilben, Läusen, Fruchtfliegen und Stechmücken. Diesmal waren nicht nur Menschen betroffen, sondern auch in großer Anzahl Hunde, Katzen, Affen, Ratten, Mäuse, Igel, Waldtiere und Vögel. Die Krankheit zeichnete sich zunächst durch Mattigkeit, Herzrasen, Schweißausbrüche und Fieberanfälle aus und führte dann zum Zusammenbruch verschiedener lebenswichtiger Systeme. Betroffen wurden die Nieren, die Leber und schließlich das zentrale Nervensystem. Wenn einmal das Stadium wilder und unkontrollierter Zuckungen erreicht war, war des Endstadium bereits eingeleitet. Die Infektion wurde aber schon in einem viel früheren Stadium der Krankheit an anderen Wirte weitergegeben, als sie noch gar nicht sichtbar war. Die Erreger wurden Millionenfach im Urin, Kot, Speichel und Schweiß ausgeschieden. Sie gelangten über Fluggäste und Blutkonserven nach Europa und in die USA. Sie wurde von Zugvögeln und Wildtieren verbreitet, die alle voller Milben sind.

      Zum zweiten mal seit Ausbruch von AIDS waren die Virulogen völlig hilflos, nur dass KIS um vieles ansteckender und gefährlicher war. Allein in den Jahren 2040 bis 2060 starben über zweimilliarden Menschen und noch mehr Tiere, die man schließlich aufsammeln musste, um sie kontrolliert zu verbrennen. In der Wissenschaft nennt man das eine Zooonose, also eine Krankheit, die von Tieren auf den Menschen übertragen wird. So genau wusste man nicht, wie die Krankheit entstanden war, aber man hatte die Überträger der Krankheit schnell ausfindig gemacht, und die saßen überall. Auf Blättern, in Bettlaken, in Teppichen, im Fell der Tiere und schließlich in den Tieren selbst.Weil man zunächst keinen Impfstoff fand, versuchte man die Wirte zu bekämpfen. Man setzte Prämien auf gefangene Ratten und Mäuse aus. Hunde, Katzen und zahme Vögel wurden in speziellen Tinkturen gebadet. Die Katzen hatten sich vehement gegen diese Kuren gewehrt und es hatte so manche Schrammen und Bisse gegeben, so dass viele dieser Hauskatzen auf Anweisung der Seuchenämter eingeschläfert werden mussten. Wilde Katzen wurden kurzerhand mit Futter angelockt und vergiftet, manchmal sogar gegen heftigen Widerstand von Tierschützern.

      Die WHO riet eindringlich zur Sauberkeit. Man bat darum, einmal getragene Kleidung regelmäßig auszukochen. Teppiche und Bettlaken unterzog man einer Desinfektion. Waschbecken, Toiletten und Duschen in öffentlichen Gebäuden wurden mit Desinfektionsmitteln geradezu