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Abb. 1: Adaptive Radiation bei den Darwin-Finken auf den Galapagos-Inseln. Die unterschiedlichen Schnabelformen sind Anpassungen an verschiedene Nahrungsweisen. Alle Arten gehen auf eine einzige Stammart zurück (aus Darwin 1845, mit Bewilligung von van Wyhe J. (ed.) The Complete Work of Charles Darwin Online, www.darwin-online.org.uk).
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Binäre (binomiale) Nomenklatur und Artbeschreibung
Carl von Linné (lateinisch Linnaeus; 1707 – 1778), ein schwedischer Arzt und Naturwissenschaftler, entwickelte das System der binären Nomenklatur der Pflanzen und Tiere. Der zweiteilige Name setzt sich zusammen aus dem Namen der Gattung, der stets als Nomen mit einem Großbuchstaben beginnt, und einem kleingeschriebenen Epitheton (häufig ein Adjektiv), welches in Kombination mit der Gattung die Art charakterisiert. Jede solche Kombination von zwei Namen darf nur einmal – also nur für eine Art – vergeben werden. Diese Namen entstammen gewöhnlich der lateinischen oder griechischen Sprache. Nichtlateinische Namen werden lateinisiert. So setzt sich beispielsweise der wissenschaftliche Name der Amsel aus den lateinischen Bezeichnungen turdus (Gattung Echte Drosseln) und merula zusammen und lautet vollständig Turdus merula Linnaeus, 1758. Die zur gleichen Gattung gehörende Singdrossel heisst Turdus philomelos Brehm, 1831. In der wissenschaftlichen Literatur wird der zweiteilige Artname in kursiver Schrift dargestellt, oft gefolgt vom Autorzitat, d.h. dem Namen (oder Namenskürzel) der Person, welche die erste gültige wissenschaftliche Beschreibung der Art verfasst hat. Darauf folgt noch das Jahr der Veröffentlichung dieser Beschreibung. In der Systematik werden die Gattungen in die nächsthöhere Stufe der Familie zusammengefasst und verschiedene Familien wiederum in die nächsthöhere Stufe der Ordnung. Eine Klasse umfasst verschiedene Ordnungen.
Zur Beschreibung und Benennung von Arten wurden spezielle, weltweit geltende Nomenklaturcodes entwickelt, die sich zwischen Pflanzen (www.ibot.sav.sk/icbn) und Tieren (www.iczn.org) geringfügig unterscheiden. Durch diese Regeln sollten wiederholte Beschreibungen der gleichen Art sowie der Gebrauch desselben Namens für mehr als eine Art vermieden werden. Ein wichtiger Bestandteil einer Artbeschreibung ist das Festlegen eines Referenzexemplars oder -musters (Holotyp oder Holotypus). Das Typus-Exemplar muss in einem Museum aufbewahrt werden, damit es zu Vergleichszwecken zugänglich ist.
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Adaptive Radiation bedeutet die Auffächerung einer wenig spezialisierten Art in viele stärker spezialisierte Arten. Dies erlaubt beispielsweise die Nutzung eines breiteren Spektrums von Nahrungsressourcen. Bekannte Beispiele für die Radiation von Tiergruppen sind wiederum die Darwin-Finken mit ihren unterschiedlichen Schnabelformen (Abb. 1, S. 22) sowie die Kleidervögel auf Hawaii, die Buntbarsche in den großen Seen von Afrika und die marinen Kegelschnecken (Conidae). Diese Schnecken sind hochspezialisierte, nachtaktive Prädatoren, die zum Nahrungserwerb eine Art Harpune benutzen, welche sich aus einem Zahn der Radula (Raspelzunge) entwickelt hat. Durch den nadelspitzen, hohlen Zahn injiziert sie ein Gift ins Beutetier. Es gibt rund 600 rezente Arten von Kegelschnecken. Viele fressen Borstenwürmer; andere sind aber auf Mollusken spezialisiert, wiederum andere jagen ausschließlich Fische oder erbeuten Krabben, denen sie im Sand vergraben auflauern. Alle töten ihre Beute aber mit Gift.
Weiterführende Literatur
Darwin C. (1859) (Übersetzung 1981) Über die Entstehung der Arten. Reclam, Stuttgart.
Steinke D. & Brede N. (2006) DNA-Barcoding: Taxonomie des 21. Jahrhunderts. Biologie unserer Zeit 36: 40 – 46.
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Biodiversität verändert sich
Zusammenfassung
Im Laufe der Erdgeschichte entwickelten sich aus einzelligen mehrzellige Organismen und später komplexe Lebewesen. Zahlreiche ursprünglich aus dem Meer stammende Organismengruppen besiedelten das Festland. Generell nahm die gesamte Artenvielfalt auf der Erde mit der Zeit zu, wurde aber durch mehrere Massenaussterbeereignisse zwischenzeitlich wieder reduziert. Momentan erleben wir das größte Massenaussterben, welches je in der Erdgeschichte stattgefunden hat. Im Gegensatz zu den früheren Aussterbeereignissen ist dieses Mal eine einzige Art der Verursacher, nämlich der Mensch. In diesem Kapitel wird auch gezeigt, wie schwierig eine präzise Ermittlung der Zahl der tatsächlich auf der Erde existierenden Arten ist. Zurzeit sind rund 1,8 Millionen Arten bekannt. Viele Gruppen sind bisher aber äußerst lückenhaft erfasst worden. Die Gesamtzahl der Mikroorganismen, Pilze, Pflanzen und Tiere auf der Erde wird auf 10 – 20 Millionen Arten geschätzt.
Artenvielfalt im Laufe der Erdgeschichte
Der zeitliche Ablauf der Evolution kann anhand von Fossilien rekonstruiert werden. Entsprechend der vertikalen Aufeinanderfolge fossilführender Gesteinsschichten lassen sich Gesellschaften vorzeitlicher Lebewesen in eine zeitliche Reihenfolge bringen und mithilfe radiometrischer Methoden kann das Alter der Gesteine bestimmt werden. Das Vorkommen und Alter gewisser Fossilien geben zudem Hinweise, wann im Verlauf der Stammesgeschichte bestimmte Innovationen und Aufsplitterungsereignisse auftraten. Bestimmte gemeinsame Merkmale in Gruppen von Lebewesen legen nahe, dass sie ursprünglich von einer Art (oder einem Genpool) abstammen. Mit verschiedenen Ansätzen (vergleichende Anatomie, Morphologie, molekulare Techniken) können Verwandtschaftsverhältnisse sowohl zwischen Arten als auch zwischen taxonomischen Gruppen untersucht werden. Mithilfe molekularer |25◄ ►26| Schätzungen (molecular clock) lassen sich die Zeitpunkte gewisser Ereignisse auch berechnen.
Das Alter der Erde wird auf 4,5 Milliarden Jahre geschätzt. Die frühesten Fossilien von lebenden Organismen – einfache Bakterien – stammen aus ca. 3,5 Milliarden altem Gestein. In den nächsten 3 Milliarden Jahren entfaltete sich das Leben vorwiegend im Wasser. Die ersten Eukaryoten entstanden vermutlich vor 2 Milliarden Jahren. Aus Einzellern entwickelten sich Zellkolonien und schließlich mehrzellige Organismen.
Die Landbesiedelung, d.h. die Anpassungen von aquatischen Lebewesen an eine terrestrische Lebensweise, fand wiederholt und unabhängig voneinander in verschiedenen Gruppen wie Einzellern, Pilzen, Pflanzen, Schnecken und Wirbeltieren statt (Little 1990). Durch fossile Belege relativ gut dokumentiert ist die Landbesiedelung der Pflanzen vor ca. 460 – 480 Millionen Jahren (im Devon; Tabelle 2). Die Urfarne traten vor etwa 400 Millionen Jahren auf, erreichten schnell eine große Vielfalt, starben aber später wieder aus. Andere Farnarten übernahmen ihre Nischen. Die Gymnospermen (Nacktsamer) wurden erstmals in Gesteinen des Devons gefunden und wiesen während des Mesozoikums eine größere Vielfalt auf als heute. Die Gymnospermen erlebten in den letzten 100 Millionen Jahren einen Rückgang, als die Angiospermen (Bedecktsamer) eine große Artenvielfalt entwickelten. Heute gibt es etwa 800 Gymnospermen-Arten, aber rund 240 000 Angiospermen-Arten. Durch fossile Belege gut abgesichert ist die Landbesiedelung der Wirbeltiere (Tetrapoden) während des Devons, d.h. der evolutionäre Übergang von Fischen zu den Vorformen der heutigen Amphibien (Tabelle 2, S. 28 – 29).
Bei der Betrachtung der Evolution verschiedener Organismengruppen muss auch berücksichtigt werden, dass die Landmasse (die späteren Kontinente) im Verlauf der Erdgeschichte sich in der Lage auf der Erdkugel, in der Größe (durch Schwankungen im Meeresspiegel) sowie im Ausmaß der Isolation einzelner Teile verändert hat (Abb. 2). Im Zeitraum, als die Landbesiedelung von zahlreichen Gruppen stattfand, gab es eine einzige Landmasse (Pangaea). Später, als die Dinosaurier verbreitet waren, trennte sich Pangaea durch plattentektonische Kräfte in Laurasien