Christine Nöstlinger

Pudding Pauli deckt auf


Скачать книгу

soll, wenn man den Karli gefunden hat. Ich soll ihr das auf dem Computer machen.“

      Die Frau Mader gab dem Pauli einen Zettel. „So hätte ich mir das vorgestellt“, sagte sie schniefend. „Geht das?“

      Der Pauli las vor: „Dackel, neun Jahre alt, hört auf den Namen Karli, am 10. 11. von der Trafik Ecke Jagdstraße-Steinstraße entlaufen. Sachdienliche Hinweise erbeten an Marie Mader, Telefon 236 19 60.“

      „Ich möcht auch noch dazuschreiben, dass ich einen Finderlohn bezahle“, sagte die Frau Mader. „Wie viel muss man da geben? Weil sehr viel Geld hab ich leider nicht.“ Und dann schnupperte sie und sagte: „Ich glaub, da verbrennt euch irgendetwas!“

      „Grundgütiger!“ Die Rosi drehte sich zum Herd und zog die Pfanne, in der sich kohlrabenschwarze Fadenwürmer in rauchendem Schmalz ringelten, zur Seite.

      „Jetzt ist euch wegen mir das Essen angebrannt“, jammerte die Frau Mader. „Was hätte es denn werden sollen?“

      „Grenadiermarsch“, sagte der Pauli. „Aber das macht nichts. Ich schreib Ihnen jetzt die Plakate und drucke fünfzig Stück aus. Und das Ankleben übernehmen die Rosi und ich auch.“

      „Dann mach ich wenigstens, wenn ihr nichts dagegen habt, den Grenadiermarsch für euch. Wo habt ihr denn Zwiebel?“, fragte die Frau Mader.

      Der Pauli brachte ihr das Körberl mit den Zwiebel-Häupteln und die Frau Mader machte sich ans Werk.

      Eine halbe Stunde später saßen sie zu dritt beim Küchentisch und mampften Grenadiermarsch, Gurken- und Paradeissalat. Und die Rosi tröstete die Frau Mader.

      „Der Karli, der kommt ganz bestimmt zurück“, sagte sie.

      „Die Peggy von der Frau Merny und der Hund vom Herrn Pollak sind doch auch gefunden worden.“

      „Wann war denn das?“, fragte der Pauli.

      Die Rosi überlegte. „Die Peggy von der Frau Merny hat sich vorige Woche für ein paar Tage vertschüsst und der Hund vom Herrn Pollak zwei Wochen davor, glaube ich.“

      „Nein“, widersprach die Frau Mader. „Das war nur eine Woche vorher, wie der Hubsi vom Pollak entlaufen ist.“

      „Schon merkwürdig“, sagte der Pauli mit vollem Mund, „binnen drei Wochen drei Hunde aus derselben Straße! Das ist eine äußerst interessante Häufung von Zufällen!“

      Die Rosi spießte das letzte Fleckerl von ihrem Teller auf die Gabel, betrachtete es, als habe sie noch nie im Leben ein Fleckerl gesehen, und sagte warnend: „Pudding, lass es sein, auch gehäufte Zufälle gibt es zufällig!“

      Das ist nämlich so: Pauli Pistulka ist fest davon überzeugt, Straftaten zu wittern und Straftäter zumindest so gut wie die Polizei ausfindig machen zu können. Das liegt ihm, behauptet er, im Blut. Und später mal, nach der Schule, wird er Kriminalkommissar oder Privatdetektiv.

      „An zufällig gehäufte Zufälle glauben nur die fantasielosen Leute!“, sagte der Pauli, stapelte die leer gegessenen Teller und trug sie zur Spülmaschine.

      Und wieder eine halbe Stunde später zogen die Rosi und der Pauli los und pickten an jedes dritte Haustor in der Gegend eine „Verlust-Anzeige“. Wie viel Geld die Frau Mader dem Finder vom Karli als Belohnung zahlen wollte, stand allerdings nicht auf den Zetteln, weil die Rosi gemeint hatte, „Hohe Belohnung!“ mache sich viel besser.

      Den Häuserblock, in dem der Pauli wohnt, hatten sie hinter sich, da sagte der Pauli: „Rosi, du kennst doch den alten Karli. Der ist halb lahm, dem muss man schon gut zureden, dass er sich überhaupt vom Fleck rührt. Der reißt sich doch nicht von einem Hundehaken los!“

      Dass der Pauli damit nicht ganz unrecht hatte, musste die Rosi zugeben. Und als sie dann bei der Trafik waren und den Hundehaken vor der Tür inspizierten, musste sie dem Pauli leider wieder recht geben! Das war ein Haken mit einem festen Schnappschloss, von dem konnte sich nicht mal der stärkste Hund losreißen.

      „Vielleicht ist die Leine abgerissen, weil sie schon ganz morsch war“, sagte die Rosi.

      „Red keinen Plunder, Rosi! Die Leine war total in Ordnung. Die war sogar neu.“ Der Pauli schüttelte den Kopf. „Da war eindeutig ein Hundedieb am Werk. Also könnten wir uns diese Zettel-Kleberei eigentlich sparen.“

      „Pudding, wer stiehlt denn schon einen alten, fetten Dackel mit Asthma, aber ohne Stammbaum?“ Die Rosi wollte einfach nicht an einen Hundedieb glauben. Weil sie keine Lust hatte, mit dem Pauli in der nächsten Zeit hinter einem Hundedieb herzujagen. „Das werden wir rauskriegen!“ Die Augen vom Pauli funkelten vor Tatendrang blitzblau.

      „Wenn es unbedingt sein muss“, murmelte die Rosi und hoffte inständig, dass der Karli doch noch schnell gefunden wird. Die Rosi liebt den Pauli nämlich. Und tut fast immer, was er will, auch wenn es ihr nicht gefällt. Und Paulis Vorliebe für Kriminalfälle aller Art ist wahrlich ihre Sache nicht.

      „Aber die Zettel picken wir trotzdem weiter!“, beharrte sie.

      „Weil das haben wir der Frau Mader versprochen.“

      „Ist sowieso besser“, meinte der Pauli. „So wiegt sich der Dieb noch in Sicherheit und weiß nicht, dass wir bereits einen Verdacht gegen ihn haben!“

      „Genau!“, seufzte die Rosi gottergeben und klatschte die nächste „Verlust-Anzeige“ an die nächste Haustür.

      Nachdem das allerletzte Plakat endlich an einer Haustür klebte, liefen die Rosi und der Pauli hurtig heim, denn die Rosi musste ja noch die zwei Geometrie-Hausübungen machen. Und zwar im Blitztempo, bevor Paulis Mama vom Büro daheim war. Paulis Mama kontrolliert nämlich immer die Mathe-Hausübungen ihres Sohnes. Weil der, seit er ins Gymnasium geht, in Mathematik zwischen genügend und nicht genügend steht. Und es ist ihr, sagt sie oft, „ein wahres, echtes Rätsel“, dass er daheim immer alles richtig macht, aber in der Schule dann, an der Tafel, angeblich ein Total- versager sein soll! Das muss, vermutet sie, an seinem Mathelehrer liegen. Der mag wahrscheinlich ihren Sohn nicht, und der spürt das, denn er ist viel sensibler, als er auf den ersten Blick wirkt, und er wird dadurch unsicher und macht Fehler über Fehler. Gute Mamas sind eben so.

      Fast hätte die Rosi bei den Geometrie-Hausübungen auch Fehler über Fehler gemacht, denn der Pauli löcherte sie unentwegt mit Fragen zur Peggy der Frau Merny und dem Hubsi vom Herrn Pollak. Wie lange denn die beiden Hunde verschwunden waren, wollte er wissen. Und wie sie wieder zurückgekommen sind? Einfach von selber? Oder hat sie wer gebracht? Und wo denn genau diese Frau Merny und dieser Herr Pollak wohnen? Und ob das kleine oder große Hunde, junge oder alte, sanfte oder bissige sind?

      „Was weiß denn ich!“, sagte die Rosi genervt. „Ich habe das alles nur von meiner Mama gehört. Die Frau Merny wohnt bei uns in der Straße, so auf halber Strecke zwischen dir und mir. Und der Herr Pollak wohnt gleich um die Ecke von deinem Haus, den und seinen Hund musst du doch viel besser kennen als ich! Und die Peggy ist ein zittriger Rehrattler, und dieser Hubsi ist irgend so ein Mischling, ein kleiner, zotteliger. Mehr weiß ich echt nicht!“

      „Dann krieg es heraus!“, verlangte der Pauli. „Das ist wichtig für unseren Fall!“

      „Sehr wohl, Herr Kommissar! Bis morgen habe ich mich kundig gemacht!“, versprach die Rosi und verzichtete darauf, den Pauli zu fragen, was die Peggy der Frau Merny und der Hubsi vom Herrn Pollak mit dem Karli der Frau Mader zu schaffen haben.

      Und sie schluckte auch tapfer runter, dass der Pauli eigentlich selber rauskriegen könnte, was er so dringend wissen will!

      2. Kapitel,

       in welchem der Pauli keine Blinis bekommt, die Rosi Malakofftorte mampfen muss und Lösegeld ins Spiel kommt.

image

      Lautes Hühnergegacker weckte die Rosi am Samstag in aller Herrgottsfrühe. Das grausige Gekreisch war seit