Christine Nöstlinger

Pudding Pauli deckt auf


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gab ihr keine Antwort.

      „Keine Antwort ist auch eine Antwort“, sagte die Pauli-Mutter.

      „Dann wünsche ich jedenfalls viel Glück, bei was auch immer!“

      Sie stand auf, erklärte, dass sie das Bad für die nächste halbe Stunde beanspruche, und dampfte aus der Küche ab.

      „Jetzt ist ja wohl alles klar“, sagte der Pauli zur Rosi. „Er hat bezahlt, damit er den Hund zurückkriegt.“

      „Wem hat er das Geld bezahlt?“ Der Rosi war überhaupt nichts klar.

      „Na, dem, der den Hund entführt hat“, sagte der Pauli. „Und ich traue mich wetten, dass es bei der Frau Merny genauso gewesen ist und bei der Frau Mader auch so sein wird.“

      Die Rosi meinte, wenn das so wäre, wären der Herr Pollak und die Frau Merny zur Polizei gegangen. Erpresser muss man anzeigen.

      Doch der Pauli erklärte ihr, dass jemand, der Angst um seinen geliebten Hund hat, das möglicherweise bleiben lässt. Und lieber das Geld zahlt, als die Polizei einzuschalten. Falls er sich das leisten kann.

      Die Rosi war beeindruckt, aber nicht überzeugt. „Und wie kriegen wir raus, ob du recht hast?“, fragte sie.

      „Wir knöpfen uns die Merny vor“, sagte der Pauli. „Wenn der Pollak meiner Mama nichts erzählt hat, erzählt er uns garantiert auch nichts. Also musst du dein Glück bei der Merny versuchen!“

      „Wieso ich?“, protestierte die Rosi.

      „Weil sie näher bei dir als bei mir wohnt“, sagte der Pauli.

      Das war zwar so ziemlich das allerdümmste Argument, das die Rosi je gehört hatte, aber sie murmelte trotzdem: „Okay, ich versuche es halt.“ Wahrscheinlich hatten sie die vierzehn Blinis, die in ihrem Magen lagerten, träge gemacht und aller Widerstandskraft beraubt. Aber einfach an der Tür der Frau Merny zu klingeln, um sie sich „vorzuknöpfen“, fand die Rosi zu aufdringlich. Dazu kannte sie die alte Frau nicht gut genug.

      „Ich müsste sie rein zufällig treffen“, sagte sie zum Pauli. „Wo kann man denn eine alte Frau am Samstagvormittag treffen?“

      Der Pauli hatte keine Ahnung, wo man eine alte Frau am Samstagvormittag treffen könnte.

      „Schon komisch!“ Die Rosi räumte das Geschirr in die Spülmaschine.

      „Ich weiß nicht mal, was meine Omas den ganzen Tag lang so tun.“

      „In fünfzig Jahren wirst es wissen!“ Der Pauli schrubbte die Blini-Pfanne sauber. „Sei nicht so zickig, klingle einfach an ihrer Tür und sag ihr, was Sache ist.“

      „Jetzt gleich?“, fragte die Rosi.

      „Falls dir nicht noch eine Ausrede einfällt, dann würde ich darum bitten“, sagte der Pauli. Und die Rosi seufzte und machte sich brav auf den Weg.

      In welchem Haus die Frau Merny wohnt, wusste die Rosi. Es ist ein Haus ohne Gegensprechanlage. Das Haustor ist untertags nicht versperrt. Die Rosi ging von Wohnungstür zu Wohnungstür und suchte nach einem Türschild, auf dem „Merny“ stand. Im Parterre. Im ersten Stock. Im zweiten Stock. Im dritten Stock fand sie es. Richtiges Herzklopfen hatte sie, als sie die Klingel am Türstock drückte. Hinter der Tür fing ein Hund mit Fistelstimme zu kläffen an und eine Frauenstimme fragte: „Was ist denn? Was willst du denn?“

      Woraus die Rosi schloss, dass sie von der Frau Merny durch den Türspion beäugt wurde. Sonst hätte die nicht „du“ zu ihr gesagt.

      „Ich bin die Rosi Rieder und wohne gleich nebenan, zwei Häuser weiter“, sagte die Rosi zum Türspion rauf. „Es ist wegen dem Karli von der Frau Mader. Dem Dackel. Weil der verschwunden ist. Und mein Freund und ich wollen ihr helfen.“

      Ziemlich blöde kam der Rosi ihre Stotterei vor. Aber die Tür öffnete sich einen Spalt und die Frau Merny, mit der kläffenden Peggy in den Armen, musterte sie von oben bis unten und wieder retour.

      „Weil doch Ihre Peggy auch wieder da ist“, stotterte die Rosi weiter drauflos. Da ging die Wohnungstür ganz auf und die Frau Merny sagte: „Na, dann komm halt rein, Kleine!“

      Ein paar Minuten vor elf Uhr wankte die Rosi aus der Wohnung der Frau Merny. Wer vierzehn Blinis im Magen hat und zwei Stück Malakofftorte hinterherstopfen muss, fühlt sich eben nicht besonders fit. Nichts wie schnellstens heim und ein Stunderl auf dem Sofa liegen und verdauen wollte sie!

      Doch vor dem Haustor der Frau Merny wartete der Pauli und rief: „Na endlich! Ich steh mir schon die Haxen in den Bauch und frier mir die Nase ab! Also, was hast erfahren?“

      Natürlich hätte die Rosi dem Pauli in aller Kürze Bericht erstatten und hernach heim auf das ersehnte Sofa wanken können. Aber sie fand, wenn ihr der Pauli die unangenehmen Aufgaben aufhalste, dann war es nur gerecht, ihn ein bisschen zappeln zu lassen.

      Also sagte sie: „Rausgekriegt habe ich allerhand, aber das erzähle ich dir später, ich hab zwei Stück fette Malakofftorte essen müssen, ich muss heim und abliegen!“

      „Darf ich mitkommen?“, fragte der Pauli.

      Die Rosi nickte und dachte: So gefällt er mir. Schön hübsch höflich und nett, mein Mini-Macho!

      Auf dem Weg zu Rosis Wohnung bat der Pauli gut zehnmal: „So red doch schon!“

      Doch die Rosi schwieg beharrlich, bis sie im Wohnzimmer auf dem Sofa lag. Dann fragte sie: „Soll ich dir der Merny ihre Kindheit auch erzählen? Und ihre drei Ehen samt zwei Scheidungen? Und von welchem Fressi die Peggy Durchfall kriegt? Oder nur das Wesentliche?“

      Der Pauli war für Letzteres. Und die Rosi erzählte ihm – kurz gefasst – Folgendes: Vier Tage suchte die Frau Merny die Gegend nach ihrer Peggy, die vom Hundehaken vor der Apotheke entführt worden war, erfolglos ab. Am Morgen des fünften Tages klebte an ihrer Wohnungstür ein schwarzes Kuvert. Drin war ein Brief, in dem stand, dass sie 300 Euro in eine Zeitung legen und die Zeitung falten und Punkt achtzehn Uhr in den Abfallkübel an der Straßenbahn-Haltestelle vor dem Mini-Maxi-Supermarkt in der Jagdstraße stecken soll. Dann wird sie am nächsten Tag ihre Peggy wiederhaben. Aber wenn sie die Polizei einschaltet, ist ihre Peggy tot! Die Frau Merny tat brav, was in dem Brief verlangt wurde, und am nächsten Morgen war die Peggy wieder am Hundehaken vor der Apotheke festgemacht. Von ihrem Halsband baumelte eine Schnur mit einem Kärtchen dran, auf dem standen die Telefonnummer und die Adresse der Frau Merny. Und der Apotheker rief die Frau Merny an und die holte die Peggy ab.

      „Hat sie dir den Brief gezeigt?“, fragte der Pauli.

      „Nein, den Brief hat sie verbrannt“, sagte die Rosi. „Dass sie das tun muss, ist auch in dem Brief gestanden. Und unterschrieben war er mit ‚Der große Hexenmeister‘. Es war übrigens ein gedruckter Brief mit sehr großen Buchstaben. Also garantiert auf einem PC gemacht.“

      Der Pauli schwieg ziemlich lange. Die Rosi verdaute vor sich hin und wartete. Endlich sagte der Pauli: „Einer, der nur dreihundert Euro haben will und sich ‚großer Hexenmeister‘ nennt, der ist doch kein Erwachsener, oder?“

      „Pudding, da dürftest du richtig liegen“, murmelte die Rosi und rülpste.

      „Aber egal, wie alt der Kerl ist“, sagte der Pauli, „er wohnt jedenfalls direkt hier bei uns, sonst wären ja nicht alle drei Hunde aus unserer Straße.“

      „Sowieso!“ Die Rosi rülpste wieder. Diesmal zweimal. „Aber wieso reden wir eigentlich immer von einem ‚er‘? Es könnte genauso gut auch eine Frau sein, also ein Mädchen.“

      „Da wett ich mit dir um drei Wochen Taschengeld, dass da kein Mädchen dahintersteckt“, sagte der Pauli.

      „Du hast ja keine Ahnung“, sagte die Rosi. „Mädchen können sehr satanisch sein.“

      Der Pauli schüttelte den Kopf. Mädchen, meinte er, könnten zwar sehr satanisch sein, aber nur zu Menschen, nicht zu kleinen Hunderln.

      Die Rosi rülpste dreimal und schloss