mit den behördlichen Betretungsrechten, wie sie § 29 GewO (s. Rn 336) und vergleichbare Vorschriften vorsehen. Im Interesse eines wirksamen Schutzes hat das Bundesverfassungsgericht den Schutzbereich des Art. 13 GG auf Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume erstreckt[532]; dennoch werden an die Zulässigkeit von Eingriffen und Beschränkungen im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG je nach der Nähe der Örtlichkeiten zur räumlichen Privatsphäre unterschiedlich hohe Anforderungen gestellt. Behördliche Befugnisse zum Betreten von Betriebsräumen fallen daher zwar in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG, sind aber nach der Rechtsprechung dann kein Fall des Art. 13 Abs. 7 GG[533], wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, das Betreten einem erlaubten Zweck dient und für dessen Erreichung erforderlich ist, das Gesetz Zweck, Gegenstand und Umfang des Betretens erkennen lässt und das Betreten auf Zeiten beschränkt wird, in denen die Räume normalerweise für die betriebliche Nutzung zur Verfügung stehen[534]. Die Betretungsrechte bedürfen jedoch einer gesetzlichen Grundlage und sind aus verfassungsrechtlichen Gründen eng auszulegen[535].
Insoweit hat das BVerfG in seiner Kammerentscheidung zu § 17 Abs. 2 HwO den Grundrechtsschutz verstärkt. Auf Grundlage von § 17 Abs. 2 HwO dürfen die Handwerkskammern die Geschäftsräume nur zur Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen betreten. „Einzutragende“ Gewerbetreibende sind ausschließlich diejenigen, deren Eintragung in die Handwerksrolle auch tatsächlich in Betracht kommt, weil sie sämtliche Eintragungsvoraussetzungen erfüllen können. Steht also fest, dass eine Eintragung nicht in Betracht kommt, weil der Gewerbetreibende beispielsweise die persönlichen Voraussetzungen nicht erfüllt und auch keinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach §§ 8, 9 HwO gestellt hat, so besteht auch kein Betretungsrecht nach dem „zu dem in Absatz 1 bezeichneten Zweck“[536].
b) Kommunale Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG)
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Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Regelungen gewährleisten das Recht der Gemeinden, sämtliche Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Nach dem Grundsatz der Allzuständigkeit besteht eine Vermutung für die Aufgabenzuständigkeit der Gemeinde[537]. Im Rahmen der Erfüllung dieser Aufgaben darf sich die Gemeinde daher auch wirtschaftlich und mit Gewinnerzielungsabsicht[538] betätigen (dazu unten Rn 688 ff). Nach überwiegender und zutreffender Ansicht[539] kann sie sich dabei aber gegenüber dem Staat nicht auf die Wirtschaftsgrundrechte der Art. 12 GG und Art. 14 GG berufen (zum Grundrechtsschutz öffentlicher und gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen s. Rn 685 ff). Umgekehrt ist vielmehr die Gemeinde Adressat der Grundrechte, auch von wirtschaftlichen Konkurrenten (s Rn 710 zur von Art. 12 GG umfassten Wettbewerbsfreiheit). Art. 28 Abs. 2 GG begründet aber auch eine Verpflichtung zur Aufrechterhaltung und Wahrnehmung kommunaler Aufgaben[540]. Aus Art. 28 Abs. 2 GG lässt sich aber entgegen der Auffassung des BVerwG kein Verbot der Aufgabe bisheriger Aufgaben ableiten (zum Marktgewerbe Rn 386 f)[541].
Teilweise wird aus der Garantie der Befassung mit den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft auf eine entsprechende Beschränkung der wirtschaftlichen Tätigkeit auf den örtlichen Zuständigkeitsbereich geschlossen[542]. Eine gebietsüberschreitende kommunale Wirtschaftstätigkeit ist jedenfalls dann zulässig, wenn die Tätigkeit örtlich radiziert ist, sie also in den Worten des Bundesverfassungsgerichts in der örtlichen Gemeinschaft wurzelt oder auf sie einen spezifischen Bezug hat[543]. Außerdem müssen die berechtigten Interessen der von der Gebietsüberschreitung betroffenen Gemeinde gewahrt bleiben[544]. Soweit dafür eine gesetzliche Grundlage gefordert wird, sind solche Expansionsklauseln mittlerweile in das Gemeindewirtschaftsrecht mehrerer Länder aufgenommen worden[545] (s. auch Rn 706).
c) Infrastrukturgewährleistungen
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Im Zusammenhang mit der Privatisierung früherer staatlicher Monopole im Eisenbahn- und Telekommunikationssektor wurden in den Art. 87e, f GG Grundentscheidungen aufgenommen. Über den Auftrag zur Privatisierung hinaus bedeutet dies auch die Zuweisung materieller Verwaltungskompetenzen, von denen der Bund durch die Einrichtung der Bundesnetzagentur Gebrauch gemacht hat (s. näher Rn 188). Vor allem aber wurde die Gewährleistungsverantwortung des Staates verfassungsrechtlich verankert. So hat er nach Art. 87f Abs. 1 flächendeckend angemessene und ausreichende Telekommunikationsdienstleistungen zur Verfügung zu stellen; da dieser Auftrag nicht nur Eingang in die Regulierungsziele des § 2 TKG, sondern auch der telekommunikationsrechtlichen Einzelregelungen, etwa im Bereich der Frequenzvergabe, gefunden hat, spielt Art. 87f GG in der Rechtsanwendung vor allem normintern bei der Auslegung der telekommunikationsrechtlichen Vorschriften eine Rolle. Die Gewährleistungsverantwortung legitimiert aber auch die besonderen Anforderungen des TKG an die Eignung und Sachkunde potentieller Anbieter[546].
§ 2 Der unions- und verfassungsrechtliche Ordnungsrahmen › V. Gesetzgebungskompetenzen
1. Kompetenzen der EU
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Auch die EU kann nur gesetzgeberisch tätig werden, soweit ihr das Primärrecht eine entsprechende Gesetzgebungsbefugnis einräumt; es gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 EUV): Entsprechend betont auch Art. 288 Abs. 1 AEUV, dass die Gesetzgebungsorgane der Union (nur) „für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union“ tätig werden, Die wichtigste, zugleich sehr weit verstandene Kompetenz ist die Rechtsangleichungskompetenz zur Verwirklichung des Binnenmarkts (Art. 114 AEUV; ausf ▸ Klausurenkurs Fall Nr 1)[547].
Für den Binnenmarkt mit Waren ist diese Kompetenz lex specialis, auch zu Art. 193 AEUV (Umweltschutz)[548]; Art. 114 AEUV ist allerdings kein Kompetenztitel für die Verwirklichung der Personenfreizügigkeit (vgl Art. 114 Abs. 2 AEUV); Rechtsvorschriften zu Dienstleistungen können daher nur auf Art. 53 Abs. 1 AEUV iVm Art. 62 AEUV gestützt werden. Dort ist nur das Instrument der Richtlinie vorgesehen. Im Bereich des Art. 114 AEUV kommen sowohl Richtlinien wie Verordnungen in Betracht; die Kommission muss die Wahl der Rechtsform VO also ausdrücklich begründen. Allerdings spielte diese Grenze in der Praxis bisher keine Rolle. Die Einführung strengerer nationaler Bestimmungen auf Basis des Art. 114 Abs. 5 unterliegt, anders als die Beibehaltung einschränkender Voraussetzungen, bestimmten Vorgaben, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit „nationale Alleingänge“ zulässig sind[549].
2. Bundeskompetenzen: Das Recht der Wirtschaft seit der Föderalismusreform
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Der Bund hat in weitem Umfang die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft, Art. 74 Abs. 1 Nr 11 GG. Der Begriff des „Rechts der Wirtschaft“ ist weit auszulegen[550]. Einige zentrale Bereiche sind im Klammerzusatz beispielhaft genannt. Nicht zum Recht der Wirtschaft gezählt werden solche Bereiche, die unter andere Kompetenztitel des Art. 74 GG fallen (zB Art. 74 Abs. 1 Nr 1 GG für Rechtsanwälte, Art. 74 Abs. 1 Nr 19 GG für Heilberufe) oder einen näheren Bezug zu Landeskompetenzen aufweisen; Letzteres betrifft vor allem die Abgrenzung vom Recht der Gefahrenabwehr (s. auch Rn 167 ff)[551]. Die Bundeskompetenz für das Recht der Wirtschaft wurde bei der Novellierung des Art. 74 Abs. 1 Nr 11 GG im Rahmen der Föderalismusreform eingeschränkt.
Das „Recht der Wirtschaft“ erstreckt sich auf alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung regelnden Normen, insbes natürlich